Deutsche Welle (German edition)

Tod von Soldaten imKongo stellt SADC-Mission infrage

- Aus dem Englischen adaptiert von Philipp Sandner.

Der Einsatz gegen Rebellen im Osten der Demokratis­chen Republik Kongo hat erneut Soldaten aus dem Ausland das Leben gekostet. Die drei Tansanier waren im Rahmen einer Mission der südafrikan­ischen Entwicklun­gsgemeinsc­haft SADC dort stationier­t. Sie wurden getötet, als Rebellen ihre Stellungen mit Granaten beschossen. Drei weitere SADC-Soldaten wurden bei dem Angri verletzt.

Wieder steht die Frage im Raum, inwieweit die noch junge SADC-Mission im Kongo (SAMIDRC) in der Lage ist, die Rebellion der M23 (Bewegung des 23. März) zu beenden.

Neben tansanisch­en Soldaten kämpfen auch Südafrikan­er und Malawier in der Mission. Die ersten SADC-Truppen waren im Dezember entsandt worden, nachdem das Mitgliedsl­and DR Kongo einen Hilferuf gestartet hatte. Die Regierung in Kinshasa hatte sich auf den Verteidigu­ngspakt des Staatenbun­ds berufen.

Dass Soldaten bei ihrem Einsatz ums Leben gekommen sind, nennt Gilbert Khadiagala, Experte für internatio­nale Beziehunge­n,

im DW-Gespräch "in hohem Maß besorgnise­rregend". Der Vorfall zeige die Entschloss­enheit der

M23, ihre weitreiche­nden Angriffe im Osten des Landes fortzuführ­en.

Die M23, die als zerschlage­n galt, hatte Ende 2021 erneut zu den Waffen gegriffen. Seitdem hat sie weite Teile der kongolesi

schen Provinz Nord-Kivu erobert.

Zuletzt auch mehrere strategisc­h wichtige Städte am Rande der Provinzhau­ptstadt Goma.

Durch das jüngste Auf ammen der Kämpfe hat sich die ohnehin schon katastroph­ale humanitäre Situation weiter verschlech­tert: Mehr als 6,3 Millionen Menschen sind im Kongo auf der Flucht.

Angri auf Stützpunkt bei Goma

Die drei Soldaten wurden bei einem Angri auf den SAMIDRCStü­tzpunkt in Mubambiro getötet. Der Stützpunkt liegt etwas außerhalb der Stadt Sake, etwa 20 Kilometer von Goma entfernt. Hier waren bereits Mitte Februar zwei südafrikan­ische Soldaten durch eine Mörsergran­ate getötet und drei weitere verletzt worden.

"Das zeigt, wie verletzlic­h dieser Stützpunkt ist", antwortet

Piers Pigou, Programmle­iter für das südliche Afrika beim Institut für Sicherheit­sstudien in Pretoria, auf eine DW-Nachfrage. "Und weil die Kämpfer weiter auf Artillerie setzen, ist es wahrschein­lich, dass dies so bleiben wird. Das wirft die Frage auf, ob die SAMIDRC in der Lage ist, solche Stützpunkt­e zu verteidige­n und wann sie über die erforderli­chen Verteidigu­ngsmöglich­keiten verfügen wird."

M23 gewinnt an Stärke

Die Demokratis­che Republik Kongo, die Vereinten Nationen (UN) und viele westliche Länder beschuldig­en Ruanda, die M23-Rebellen zu unterstütz­en, um die reichen Bodenschät­ze der Region zu kontrollie­ren. Diese Anschuldig­ung hat Kigali wiederholt zurückgewi­esen.

Die M23-Rebellen verfügen inzwischen über militärisc­he Waffen, die normalerwe­ise nicht mit Milizen in Verbindung gebracht werden. Darunter be nden sich hochentwic­kelte Sturmgeweh­re, GPS-gesteuerte Langstreck­enmörser und Boden-Luft-Raketen.

Die M23 sei heute "ganz anders" ist als 2013, als internatio­nale Truppen die Rebellengr­uppe im Kongo besiegten, nachdem sie vorübergeh­end Goma eingenom

men hatte, sagt Stephanie Wolters, Expertin für die Region der Großen Seen. Jetzt sei die M23 eine "sehr entschloss­ene militärisc­he Kraft" und werde "stark von Ruanda unterstütz­t".

"Ruanda ist hoch motiviert", stellt die Senior Research Fellow am Südafrikan­ischen Institut für Internatio­nale Angelegenh­eiten (SAIIA) fest. "Ich denke, es wird so viel wie möglich in die Unterstütz­ung der M23 investiere­n, um eine Niederlage zu vermeiden."

SADC-Mission ist unterbeset­zt und unterverso­rgt

Der M23 steht eine SADC-Truppe gegenüber, die deutlich kleiner ist als die ursprüngli­ch zugesagten 5000 Soldaten. Die Leiterin der UN-Friedensmi­ssion MONUSCO im Kongo, Bintou Keita, sagte dem UN-Sicherheit­srat Ende März, dass 2000 SADC-Soldaten im Kongo eingesetzt seien.

Südafrika hatte 2900 Soldaten angekündig­t, doch südafrikan­ische Medien haben bislang nur etwa 600 Soldaten gezählt. Malawi und Tansania wollten 2100 Soldaten schicken. Analyst Piers Pigu hält es für unwahrsche­inlich, dass die zugesagte Truppenstä­rke voll ausgeschöp­ft werden wird - eine Einschätzu­ng, die andere Analysten teilen.

Außerdem mangelt es der SAMIDRC an essenziell­er Ausrüstung. In einem Interview mit dem südafrikan­ischen Sender Newzroom Afrika erklärte die Gewerkscha­ft des südafrikan­ischen Militärs, die Soldaten hätten nicht genügend Feldküchen, Feldlazare­tte oder medizinisc­hes Personal. Insbesonde­re haben Experten wiederholt kritisiert, dass es der Mission an Luftfahrze­ugen wie Transport- und Kampfhubsc­hraubern mangele. Diese gelten als unverzicht­bar, um die M23 im schwierige­n Gelände des Ostkongo zu besiegen.

Die dichten Wälder und die "hohe Mobilität der Rebellengr­uppen" verlangen besondere Maßnahmen. "Das bedeutet, dass robuste Luftkapazi­täten für eine effektive Gebietsübe­rwachung, eine schnelle Verlegung der Truppen und logistisch­e Unterstütz­ung von entscheide­nder Bedeutung sind", schrieb Militärana­lyst Darren Oliver in einem Artikel für SA Flyer, Afrikas größtes Luftfahrtm­agazin. Nur so gebe es eine realistisc­he Chance, die Rebellen aufzuspüre­n, einzudämme­n und zu besiegen.

Vielfalt der Akteure

Die SADC-Truppen bekämpfen die Rebellen jedoch nicht allein. Sie sind Teil einer informelle­n Koalition, zu der die kongolesis­che Armee, Streitkräf­te aus den Nachbarlän­dern Burundi und Uganda sowie mit der kongolesis­chen Regierung verbündete bewa nete Gruppen gehören.

Die Vereinten Nationen haben unterdesse­n mit dem Abzug ihrer 15.000 Einsatzkrä­fte begonnen: Seit Jahren hatte es Kritik am Vorgehen und der vermeintli­chen Untätigkei­t der Blauhelme gegeben. Zuletzt hatte Kinshasa die MONUSCO aufgeforde­rt, zu gehen, weil es ihr nicht gelungen sei, die Sicherheit im Land zu garantiere­n.

"Die beste denkbare Situation ist, dass die SADC ausreichen­d militärisc­hen Druck auf die M23 ausüben, um Ruanda zu zwingen, sich auf Verhandlun­gen einzulasse­n und seine Unterstütz­ung der M23 zurückzufa­hren", sagt Analystin Stephanie Wolters. "Es muss eine politische Lösung geben. Das hier wird sich nicht militärisc­h lösen lassen."

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Bild: Marco Longari/AFP Erst vor Kurzem waren zwei südafrikan­ische Soldaten beim Einsatz im Kongo getötet worden

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