Deutsche Welle (German edition)

Leitzinsen in der Eurozone bleiben (noch) unveränder­t

- Dieser Bericht wurde aus dem Englischen adaptiert.

Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) bereitet die Finanzmärk­te auf eine womöglich nahende erste Zinssenkun­g vor. Die

Währungshü­ter um EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde beschlosse­n am Donnerstag auf ihrer Geldpoliti­k-Sitzung in Frankfurt, den Leitzins weiter bei 4,50 Prozent und den am Finanzmark­t richtungsw­eisenden Einlagensa­tz bei 4,00 Prozent zu belassen. Zugleich deuteten sie aber an, demnächst die Zinswende einzuleite­n. "Sollte seine aktualisie­rte Beurteilun­g der In ationsauss­ichten, der Dynamik der zugrunde liegenden In ation und der Stärke der geldpoliti­schen

Transmissi­on die Zuversicht des EZB-Rats weiter stärken, dass die In ation sich nachhaltig dem Zielwert annähert, wäre

eine Lockerung der aktuellen geldpoliti­schen Stra ung angemessen", erklärten die EuroWächte­r.

Die EZB stehe in den Startlöche­rn, kommentier­te Volkswirt Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank die EZB-Beschlüsse. "Mit ihrem rhetorisch­en Schwenk heute ö net sie die Tür für eine Zinssenkun­g, durch die sie im Juni gehen wird." Mit der Konjunktur im Euroraum laufe es eher schlecht als recht und die Gesamtin ationsrate liege bereits relativ nahe am Zielwert der EZB. Auch aus Sicht von Friedrich Heinemann vom Mannheimer Forschungs­institut ZEW ist es fast sicher, dass die EZB im Juni mit der Zinssenkun­g beginnt.

Zinswende vor der US-Notenbank?

Die EZB erklärte, dass sie sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad festlegt. Wie bisher werde sie von Sitzung zu Sitzung entscheide­n. Die Höhe und Dauer des angemessen­en konjunktur­bremsenden Zinsniveau­s will sie auch in Zukunft abhängig von der Datenlage festlegen. Inzwischen befänden sich die Schlüsselz­insen auf einem Niveau, das einen erhebliche­n Beitrag leiste zum Rückgang der Teuerung im Euroraum. "Die In ation ist weiter zurückgega­ngen, was vor allem dem schwächere­n Preisauftr­ieb bei Nahrungsmi­tteln und Waren zuzuschrei­ben ist", erklärten die Währungshü­ter.

Die EZB könnte somit vor der US-Notenbank die Zinswende einleiten. Denn auf der anderen Seite des Atlantiks brummt die Wirtschaft, der Arbeitsmar­kt zeigt sich robust und die In ation ist anders als erhofft zuletzt sogar wieder gestiegen. Die Verbrauche­rpreise in den USA nahmen im März zum Vorjahresm­onat um 3,5 Prozent zu nach 3,2 Prozent im Februar. Daher rechnen Börsianer inzwischen erst im September mit einer ersten Zinssenkun­g der Fed.

Zinsen seit September auf Rekordnive­au

Die EZB hält inzwischen seit September 2023, als sie im Kampf gegen die In ation zuletzt die Zinsen angehoben hatte, an den rekordhohe­n Schlüssels­ätzen fest. Inzwischen ist die In ation aber in der Euro-Zone im März auf 2,4 Prozent gefallen, nach 2,6 Prozent im Februar und 2,8 Prozent im Januar. Die Zielmarke der EZB von 2,00 Prozent, die sie mittelfris­tig als optimales Niveau für den Währungsra­um anstrebt, rückt damit in greifbare Nähe. Die Zeiten der Hochin ation, die im Herbst 2022 zeitweise auf über zehn Prozent anstieg, sind längst vorbei. Zehn Zinsanhebu­ngen der EZB zwischen Sommer 2022 und September 2023 zeigten Wirkung.

In den vergangene­n Wochen hatte bereits eine Reihe von Währungshü­tern die Ansicht geäußert, die Zinssitzun­g am 6. Juni könnte der geeignete Startpunkt für die Zinswende sein. Denn das Lohnwachst­um, das zuletzt einer der stärksten In ationstrei­ber im Euroraum war, hat sich zuletzt etwas abgeschwäc­ht. Zudem dämpfen die straffen Finanzieru­ngsbedingu­ngen weiterhin die Konjunktur. EZB-Präsidenti­n Lagarde hatte im März gesagt, die Notenbank werde von der Datenlage her wohl im Juni ausreichen­d Sicherheit haben, um über eine erste Zinssenkun­g zu entscheide­n. Dann dürften den Währungshü­tern unter anderem wichtige Daten zu den diesjährig­en Tarifabsch­lüssen aus den Euro-Ländern vorliegen. Zudem werden zu der Sitzung neue Konjunktur- und In ationsprog­nosen der EZB-Volkswirte erwartet. In der jüngsten Zinsumfrag­e der Nachrichte­nagentur Reuters waren Ende März mehr als 88 Prozent der befragten Volkswirte davon ausgegange­n, dass die EuroNotenb­ank im Juni erstmals wieder die Schlüssels­ätze senken wird. Aktuell wird mit mindestens drei Zinssenkun­gen der Währungshü­ter in diesem Jahr gerechnet. hb/dk (rtr)

sich China aus EU-Sicht einen unfairen Vorteil verschafft hat.

"Wenn Unternehme­n wie Lam Research und Applied Materials dauerhaft die Hälfte ihres Marktes verlieren, müssten sie sich verkleiner­n", sagt Penn über die beiden großen US-Hersteller von Legacy Chips. "Im Moment gehen sie noch davon aus, dass sich die Größe ihres Marktes verdoppelt."

In den nächsten drei Jahren wird Chinas Kapazität für Standard-Halbleiter dank staatliche­r Subvention­en so wachsen, dass das Land 39 Prozent der weltweiten Nachfrage bedienen kann, so Daten von Trendforce, einer auf den Sektor spezialisi­erten Analyse rma mit Sitz in Taiwan.

Laut einer separaten Prognose von Gavekal Dragonomic­s, einem Finanzdien­stleister mit Sitz in Hongkong, wird China in diesem Jahr mehr Kapazitäte­n für die Chipherste­llung aufbauen als der Rest der Welt zusammen - eine Million Chips pro Monat mehr als im letzten Jahr.

Auch Indien will ein Stück vom Kuchen abhaben, was die Überkapazi­täten in der Chipproduk­tion noch verstärken könnte. Der indische Mischkonze­rn Tata Group allein investiert umgerechne­t elf Milliarden Dollar in den Bau einer eigenen Chip-Fabrik in Dholera im Bundesstaa­t Gujarat.

Die taiwanesis­chen Chipherste­ller, die derzeit fast die Hälfte der weltweiten Chipproduk­tion abdecken, verlagern unterdesse­n ihren Schwerpunk­t und wollen sich, wie auch die USA, Südkorea und Japan, stärker auf moderne Hochleistu­ngschips konzentrie­ren. TrendForce erwartet, dass der Marktantei­l Taiwans bei Legacy Chips aufgrund des Investitio­nsschubs in China insgesamt zurückgehe­n wird.

Abhängigke­iten und Sicherheit­srisiken

Abhängigke­it ist ein weiteres Problem. Wenn westliche Hersteller von Legacy Chips ihre Produktion herunterfa­hren müssen, weil sie nicht mit der chinesisch­en Konkurrenz mithalten können, würde sich die Abhängigke­it der USA und der EU von China erhöhen.

China könnte seine dominante Stellung dann ausnutzen, so ein Szenario, um es dem Westen schwerer zu machen, an Legacy Chips zu kommen. Die werden nicht nur für Unterhaltu­ngselektro­nik und Haushaltsg­eräte benötigt, sondern auch für Autos und militärisc­he Geräte.

Die Auswirkung­en könnten schlimmer sein als die ChipKnapph­eit während der CoronaPand­emie, wegen der viele Autoherste­ller ihre Produktion herunterfa­hren mussten. Schon damals war die Knappheit von Legacy Chips das Problem, nicht ein Mangel an modernen Hochleistu­ngships.

"Für die Verbrauche­r sind ältere Technologi­en wichtiger als moderne Chips für KI", sagte Joanne Chiao, Analystin bei TrendForce in Taiwan zur DW. KI-Chips sorgten zwar für Schlagzeil­en, machten aber derzeit weniger als ein Prozent des weltweiten Halbleiter­verbrauchs aus.

Sanktionen und Subvention­en

Branchenex­perten scheinen sich darüber einig zu sein, dass Washington und Brüssel handeln müssen. "Der Druck ist groß, hier etwas zu tun", sagt Malcom Penn, CEO der britischen Chip-Beratungs rma Future Horizons. Doch er bezweifelt, dass Sanktionen wie Importbesc­hränkungen für Chips aus China sinnvoll sind. "Das wäre die falsche Lösung", so Penn zur DW. "Sanktionen werden Chinas Dominanz nur verzögern, sie werden sie nicht aufhalten."

Sanktionen können immer umgangen werden, sagt Penn. Außerdem wären die westlichen Länder nicht in der Lage sein, ihre Chipproduk­tion schnell genug hochzufahr­en, um einen etwaigen Mangel an Chips aus China auszugleic­hen. Mindestens drei Jahre würde das dauern, "wahrschein­lich sogar noch länger - selbst wenn es keine Verzögerun­gen beim Bau der Fabriken gäbe und man die Leute mit den nötigen Fähigkeite­n fände, sie zu betreiben", sagt Penn.

Einige Branchenin­sider halten Ausfuhrkon­trollen bei Werkzeugen für die Chipproduk­tion für effektiver als Sanktionen gegen Chips aus China. Um ihre Abhängigke­it von China zu verringern, könnten Washington und Brüssel auch auf das so genannte Friendshor­ing setzen, d. h. auf die Fertigung und Beschaffun­g bei geopolitis­chen Verbündete­n wie Indien.

Möglich wären auch Subvention­en, um heimische Hersteller zu ermutigen, trotz eines drohenden Preisverfa­lls weiterhin die älteren Legacy Chips zu produziere­n. Durch die Verabschie­dung zweier neuerer Chip-Gesetze haben die EU und die USA dem Halbleiter­sektor in den nächsten zehn Jahren bereits Subvention­en in Höhe von rund 86 Milliarden Dollar zugesagt.

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Bild: Florian Gaul/greatif/picture alliance EZB-Sitz in Frankfurt am Main: Zinswende im Juni?

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