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Kakaopreis auf Rekordnive­au - wer profitiert?

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Der Kakaopreis geht seit Jahresbegi­nn durch die Decke und erreicht täglich neue Rekordwert­e. Am Dienstag (26.3.2024) wurde sogar die Marke von 10.000 US-Dollar pro Tonne durchbroch­en. Vor einem Jahr lag der Preis noch unter 3000 Dollar.

Der weltweite Kakaomarkt hat einige Besonderhe­iten, die nahelegen, dass die Kräfte des Marktes nicht zum Wohle aller Beteiligte­n funktionie­ren.

Die wichtigste: Die Kakaobäuer­innen und -bauern können von ihrer Arbeit nicht leben. Seit Jahrzehnte­n wird ihre Armut beklagt und über Unterernäh­rung und Kinderarbe­it berichtet. Ihre Lage wäre besser, hieß es immer, wenn nur der Kakaopreis höher wäre.

Eine weitere Besonderhe­it: Nur zwei Länder, Côte d'Ivoire und Ghana in Westafrika, produziere­n fast zwei Drittel der weltweiten Kakaoernte. Trotz dieser Ausnahmepo­sition waren sie nicht in der Lage, höhere Preise durchzuset­zen.

Warum steigt der Kakaopreis?

Grund für die aktuelle Preisexplo­sion sind massive Ernteeinbr­üche. "Im Moment wird geschätzt, dass die Ernte in Côte d'Ivoire und Ghana um mindestens ein Drittel eingebroch­en ist", sagt Friedel Hütz-Adams, Kakao-Experte beim Südwind-Institut in Bonn, das sich mit Welthandel und Entwicklun­gspolitik befasst. "Weil diese beiden Länder 60 Prozent der weltweiten Kakaoernte ausmachen, gibt es also ein erhebliche­s De zit auf dem Markt."

Grund für die schlechte Ernte war das Klimaphäno­men El Nino, dass durch lokale Faktoren aber noch verstärkt wurde, sagt HützAdams. In den Tropen gibt es durch El Nino in unregelmäß­igen Abständen je nach Region entweder zu viel und zu wenig Regen oder auch verschoben­e Regenphase­n. All das schädigt die Ernten. In Côte d'Ivoire und Ghana sei das Phänomen durch die starke Abholzung lokaler Wälder noch verstärkt worden, so HützAdams.

Weil viele Kakaobauer­n so arm sind, dass sie sich kaum Dünger und Pestizide leisten können, standen sie der Situation besonders hilflos gegenüber. "In Ghana hat es im vergangene­n Jahr in vielen Region zuerst gar nicht geregnet und dann so lange, dass die Kakaobäume lange im Wasser standen und sich Krankheite­n an den Früchten ausbreiten", so der Experte. "Das ist eine katastroph­ale Mischung."

Die Europäisch­e Union (EU) ist der größte Absatzmark­t für Kakao, hier wird rund die Hälfte der weltweiten Produktion verzehrt, gefolgt von den USA. Hier sitzen auch die großen Konzerne, die aus den Bohnen Schokolade, Schokorieg­el oder Kakaopulve­r machen und sie verkaufen. Und hier ndet auch der Großteil der Wertschöpf­ung statt.

Von jedem Euro, den eine Tafel Schokolade kostet, gehen nur rund sieben Cent an die Kakaobauer­n, an Hersteller und Händler dagegen rund 80 Cent, so das

Bundesmini­sterium für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (BMZ).

Um dieses Milliarden­geschäft besser planen zu können, kaufen die Schokolade­nherstelle­r die Kakaobohne­n schon lange, bevor sie geerntet sind. An der Börse nennen sich solche Geschäfte, die sich auf zukünftige Lieferunge­n beziehen, Futures. Auch die derzeitige­n Rekordprei­se gelten für Futures.

In Côte d'Ivoire und Ghana organisier­en die nationalen Kakaobehör­den den Verkauf der Ernte. Schon Monate vor Beginn der Erntesaiso­n ab Oktober werden bis zu 80 Prozent der Produktion verkauft.

Bauer pro tieren noch nicht

"Das Tragische ist, dass die Bauern in Côte d'Ivoire und Ghana in der laufenden Saison kaum pro - tieren, weil die Ernten verkauft waren, bevor die Preise hochgingen." Die meisten hätten im vergangene­n Jahr zu einem Tonnenprei­s von 1800 Dollar verkauft und litten zudem unter heftigen Ernteeinbr­üchen.

Derzeit seien Händlern in den kleineren kakaoprodu­zierenden Ländern bemüht, so viel Kakao wie möglich aufzutreib­en. Je nach Verkehrsan­bindung und Qualität führe das schon jetzt zu steigenden Preisen.

Die Futures-Preise an den Börse zeigen, dass der Kakaopreis in den nächsten eineinhalb bis zwei Jahren hoch bleiben wird, sagt Hütz-Adams. Das sei auch für die Bauern in den großen Erzeugerlä­ndern eine gute Nachricht. "Der Börsenprei­s ist selbst für Lieferunge­n zu Ende 2025 mehr als doppelt so hoch wie vor einem Jahr. Wenn wir es schaffen, dass ein großer Teil dieses Geldes bei Bäuerinnen und Bauern ankommt, dann kann diese Preisexplo­sion eine Chance sein."

Schokolade wird teurer

Ob dann auch die seit mehr als 25 Jahren beklagten Probleme von Armut, Unterernäh­rung und Kinderarbe­it im Kakaosekto­r gelöst werden können, muss sich aber erst noch erweisen. Denn der derzeitige Preisansti­eg lag am fehlenden Angebot, weniger an der steigenden Nachfrage - etwa durch erhöhten Schokolade­nkonsum in Asien.

"Ja, China und Indien haben im Schokolade­nkonsum zugelegt. Doch beide Länder zusammen importiere­n nur halb so viel Kakao wie Deutschlan­d", sagt Hütz

Adams. "Ich höre seit 15 Jahren, dass Chinesen bald viel mehr Schokolade essen, aber bisher ist das nicht passiert."

Weitere Preissteig­erungen für Schokolade in Europa sind dagegen nur eine Frage der Zeit. "Schon vor Weihnachte­n 2023 wurden in Deutschlan­d die Schokolade­npreise angehoben mit der Begründung, der Rohsto - preis sei gestiegen. Dabei wurden damals noch die Bohnen aus der Vorsaison verarbeite­t oder solche, die sich Hersteller zu niedrigen Preisen gesichert hatten", so der Kakao-Experte von Südwind.

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