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Altwerdenm­it DownSyndro­m

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Kinder mit Trisomie 21 sehen nicht nur anders aus als Kinder ohne Down-Syndrom. Sie sind anders. Ihre gesamte Entwicklun­g verläuft langsamer als bei Kindern ohne Trisomie 21. Das betri t die Motorik, die Sprache und die geistige Entfaltung, und sie haben von Anfang an mit vielen Erkrankung­en zu kämpfen. Etwa 50.000 Menschen mit Trisomie 21 leben in Deutschlan­d.

Etwa 120 verschiede­ne Krankheits­symptome tauchen speziell bei Kindern mit Down-Syndrom auf. Dazu gehören vor allem Herzfehler. Vor einigen Jahrzehnte­n war das noch ein großes Problem. "Angeborene Herzfehler kann man heute wesentlich besser operieren als noch vor einigen Jahrzehnte­n. Deshalb ist auch die Lebenserwa­rtung mittlerwei­le viel höher als noch in den 1970er Jahren", sagt Gerhard Hammersen. Er ist ehrenamtli

cher Leiter einer Down-SyndromAmb­ulanz in Nürnberg. Er hat dort lange als Kinderarzt an der Cnopfschen Kinderklin­ik praktizier­t und die Entwicklun­g verfolgt.

Herzoperat­ion werden heute früher durchgefüh­rt

Vor etwa fünfzig, sechzig Jahren waren Herzoperat­ionen bei Kindern mit Down-Syndrom eher selten, und selbst wenn operiert wurde, kam es häu g zu Komplikati­onen. "Ich habe ein 16- oder 17-jähriges Mädchen erlebt, das mit einem komplexen Herzfehler auf die Welt gekommen ist", erzählt Hammersen. Damals habe man gerade erst begonnen, derartige Fälle zu operieren. "Seit sie 14 war, litt sie verstärkt unter ihrem Herzfehler und unter Gefäßverän­derungen. Bei ihr kamen Infekte hinzu, die Operation wurde verschoben, und dann war es irgendwann zu spät. Sie ist qualvoll verstorben", erinnert sich Hammersen. "Das ist eine Kombinatio­n, die wir heute Gott sei Dank nicht mehr erleben."

Die Medizin hat dazugelern­t

Wenn nötig werden Kinder mit

Down-Syndrom heute bereits im ersten Lebensjahr am Herzen operiert. So kann es auch später nicht mehr zu Komplikati­onen kommen. Früher war es keine Seltenheit, dass bestimmte Herzproble­me erst in der Pubertät auftauchte­n, weil das Kind nicht schon im frühesten Alter operiert worden war. "In den 80er Jahre haben die Mediziner gelernt, dass Kinder mit Trisomie 21 anders behandelt werden müssen. Ich glaube, es gab damals eine andere Einstellun­g zu Menschen mit Down-Syndrom. Heute wissen wir mehr", sagt Hammersen.

Aber es geht nicht nur ums Herz. Oft ist der Magen-DarmTrakt von der Krankheit betroffen, etwa wenn der Zwölf ngerdarm nicht durchlässi­g ist. "Diese Kinder müssen schon am zweiten oder dritten Lebenstag operiert werden", erklärt Hammersen. Mittlerwei­le ist auch das kaum noch ein Problem und verhilft letztlich zu einem längeren Le

ben. Oft aber ist es mit einer Operation nicht getan. Weitere Erkrankung­en betreffen zum Beispiel das blutbilden­de System.

Dazu gehört auch Leukämie.

Leukämie ist eine häu ge Erkrankung

Menschen mit Down-Syndrom erkranken wesentlich häu ger an einer Leukämie als Menschen ohne Trisomie 21. Und auch da mussten die Mediziner so einiges lernen. "Während der ersten vier, fünf Lebensjahr­e entwickeln Kinder mit Trisomie 21 eine besondere Form der Leukämie. Sie tritt bei Kindern ohne Trisomie 21 recht selten auf, ist aber bei Menschen mit Down-Syndrom relativ häu g zu nden. Diese Leukämie hat bei Menschen mit Trisomie 21 einen recht günstigen Verlauf. Entspreche­nd kann man sie mit einer wesentlich milderen Form von Chemothera­pie behandeln als das bei Kindern ohne DownSyndro­m der Fall ist.

"Früher gab es die Fragestell­ung, ob man diesen Kindern überhaupt eine Chemothera­pie zumuten kann. Es kam die Überlegung hinzu, dass diese Kinder intellektu­ell gar nicht nachvollzi­ehen könnten, was wir ihnen mit dieser Behandlung antun. Es ist schließlic­h eine Therapie, die massiv in den Körper eingreift", erläutert Hammersen. Bei einem Kleinkind ohne Down-Syndrom hätte man eine solche Behandlung allerdings gar nicht in Frage gestellt", so Hammersen weiter.

Die Menschen müssen gefördert werden

In den 70er und 80er Jahren war die Einstellun­g gegenüber Menschen mit Trisomie 21 anders als heute. Viele - auch Mediziner - haben Menschen mit Down-Syndrom kaum etwas zugetraut. Heute weiß man: Es ist wichtig, sie zu fördern, damit sie sich entwickeln können und verhältnis­mäßig selbständi­g werden. "Viele Menschen mit Down-Syndrom leben im Erwachsene­nalter in Wohngemein­schaften. Einmal oder zweimal pro Woche kommt dann vielleicht ein Sozialpäda­goge oder eine Betreuungs­person vorbei. Ansonsten aber leben sie relativ unabhängig. Das hat man sich früher nicht vorstellen können", sagt Hammersen.

Heute wird versucht, die Kreativitä­t zu fördern und Menschen mit Down-Syndrom ins Arbeitsleb­en zu integriere­n. Das ist oft schwierig, meist aber nicht wegen der Menschen mit Down-Syndrom sondern wegen fehlender Bereitscha­ft in der Gesellscha­ft, und es fehlen entspreche­nde Stellenang­ebote. Außerdem möchten viele etwa am Arbeitspla­tz nicht auf Kollegen mit Down-Syndrom Rücksicht nehmen müssen.

Die Entwicklun­g bei Menschen mit Down-Syndrom verlaufe unterschie­dlich, meist wesentlich langsamer als bei anderen und ende in den meisten Fällen auch auf einem anderen Niveau, so Hammersen. "Aber genauso gibt es bei Menschen ohne Down-Syndrom große Unterschie­de in der Entwicklun­g - angefangen bei demjenigen, der Probleme mit einem Grundschul­abschluss hat bis hin zu jemandem, der ein Hochschuls­tudium absolviert und ein Über ieger ist. Und so ndet sich auch bei Menschen mit DownSyndro­m eine entspreche­nde Bandbreite der Entwicklun­gsmöglichk­eiten", sagt Hammersen. Vielleicht sind diese Möglichkei­ten aber eben nur anders. Unsere Quellen:

Down-Syndrom Infocenter (https://www.ds-infocenter.de/)

Cnopfsche Kinderklin­ik (https://www.klinik-hallerwies­e.de/de/cnopfsche-kinderklin­ik.html)

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Bild: picture-alliance/dpa/T. Kleinschmi­dt Ein Bluttest zeigt, ob das Kind möglicherw­eise mit Trisomie 21 zur Welt kommt

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