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Aprilscher­ze in Zeiten von Fake News

- Adaption aus dem Englischen: Sabine Oelze

Wie ist der Aprilscher­z eigentlich entstanden? Schon darum ranken sich Mythen. Hartnäckig hält sich die Legende, dass dies mit der Kalenderum­stellung im Jahr 1582 zusammenhä­ngen könnte. Damals, 20 Jahre nach dem Konzil von Trient, wurde der julianisch­e Kalender abgescha t unddurch den gregoriani­schen ersetzt. Papst Gregor XIII. wollte es so: Das neue Jahr sollte am 1. Januar beginnen. Doch wer den Umstellung­stermin verpasst hatte, hielt weiterhin den 1. April für den ersten Tag des neuen Jahres. Und wurde so zur Zielscheib­e des Spotts - der Aprilscher­z war geboren.

Aber auch andere Theorien halten sich hartnäckig. Bis heute machen Aprilscher­ze die Runde, meist lustige Schwindele­ien, die mit einem "April, April" enden. Auch die Medien wagten sich vor, wie etwa die BBC am 1. April 1957, als sie in ihrem Vorzeigepr­ogramm Panorama einen dreiminüti­gen Film ausstrahlt­e, der eine Familie in der Südschweiz zeigte, die angeblich Spaghetti von einem Spaghettib­aum erntete. Da Spaghetti im Vereinigte­n Königreich zu dieser Zeit ein relativ unbekannte­s Produkt waren, wandten sich viele Zuschauer an die BBC und baten um Rat, wie sie ihre eigenen Spaghettib­äume anbauen könnten.

Wenn Aprilscher­ze missversta­nden werden

Heutzutage gehen viele Nachrichte­n in den soziale Medien viral.

Das birgt die Gefahr, dass Witze für bare Münze genommen werden können und sogar weltweit für Schlagzeil­en sorgen, was wie

derum den Medien schadet, die immer häu ger zu Unrecht verdächtig­t werden, Fake News zu verbreiten. Oder umgekehrt, dass ihre Aprilscher­ze mit der Realität verwechsel­t werden.

So veröffentl­ichte die Internetpl­attform "Futurism.com 2017" einen Artikel mit der Überschrif­t "Pluto wurde of ziell als Planet eingestuft" und fügte obendrein die Statusände­rung der Internatio­nalen Astronomis­chen Union hinzu. Obwohl es sich um einen Aprilscher­z handelte, wurde diese "Nachricht" von anderen Websites ohne jeglichen Faktenchec­k übernommen. Als der Wörterbuch­verlag Collins "Fake News" zum Wort des Jahres 2017 deklariert­e, veranlasst­e das diverse

Zeitungen weltweit, von der Tradition der Veröffentl­ichung von Aprilscher­zen abzusehen.

Redaktione­n verabschie­den die Aprilscher­ztradtion

Magnus Karlsson, Chefredakt­eur der schwedisch­en Tageszeitu­ng Smalandspo­sten, erklärte auf der Website des Blatts, er wolle nicht, dass die Marke der Zeitung "mit einer potenziell viralen und falschen Geschichte beschädigt wird". "Wir arbeiten mit echten Nachrichte­n, auch am 1. April", schrieb er. In der Zwischenze­it haben viele namhafte "Scherzkeks­e", darunter auch Google, auf die Aprilscher­ztradition ver

zichtet. Seit dem Pandemieja­hr 2020 kamen mit der Entdeckung des Corona-Virus nämlich bereits sehr viele Fehlinform­ationen in Umlauf.

Trotzdem verkneifen wir es uns jetzt nicht, ein paar Streiche aufzuzähle­n, die am 1. April für Schlagzeil­en gesorgt haben:

1977: Kennen Sie den Weg nach San Serri e?

Der Guardian berichtete am 1. April über den 10. Unabhängig­keitstag der tropischen Insel San Serriffe, einem Paradies in Form eines Strichpunk­ts in der Nähe der Seychellen. Dem siebenseit­igen Bericht lag eine Karte des Archipels bei, auf der Orte, Häfen und Gegenden verzeichne­t waren, deren Namen allesamt Wortspiele aus Schriftart­en und Schriftbil­dern waren.

1993: Um der Fortp anzung willen

Der Westdeutsc­he Rundfunk meldet einen Erlass der Stadt Köln, wonach Jogger nur noch mit einer Höchstgesc­hwindigkei­t von 10 Kilometern pro Stunde durch die Parks der Stadt laufen dürfen. Ein höheres Tempo wäre für die Eichhörnch­en in der Paarungsze­it nicht förderlich.

2009: Aufregung um gefälschte Pandas

In der Taipei Times hieß es: "Die Beziehunge­n zwischen Taiwan und China haben gestern einen schweren Rückschlag erlitten, als sich herausstel­lte, dass die Pandas des Taipeh-Zoos nicht das sind, was sie zu sein scheinen."

2016: Keine Nacktheit bitte

National Geographic, bekannt für seine Naturdokum­entationen, kündigte 2016 via Twitter an, dass sie keine Fotos von nackten Tieren mehr veröffentl­ichen werden.

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Bild: Jonathan Brady/empics/picture alliance
Aprilscher­z oder real: Wer sieht den "Invisible Man" im Madame Tussaud's in London? Bild: Jonathan Brady/empics/picture alliance

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