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Pleite in Heidenheim­stellt beimFC Bayern vieles infrage

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"Wir haben aufgehört, die Dinge mit der gleichen Konzentrat­ion und dem gleichen Fleiß zu machen, wie in der ersten Halbzeit", analysiert­e Bayern Münchens Trainer Thomas Tuchel nach der unerwartet­en und bitteren Niederlage seiner Mannschaft bei Bundesliga-Aufsteiger und Außenseite­r 1. FC Heidenheim. Das Städtchen nördlich von Ulm hat weniger Einwohner als in München ins Stadion passen. Dementspre­chend war ein Sieg gegen den ambitionie­rten Underdog beim Rekordmeis­ter fest eingeplant.

Doch die Münchener gaben in Heidenheim eine eigentlich komfortabl­e 2:0-Führung innerhalb weniger Minuten aus der Hand und verloren das Spiel am Ende sogar mit 2:3. Nach dem 0:2 zu Hause gegen Borussia Dortmund am Osterwoche­nende war es die zweite Pleite in der Bundesliga in Folge, die sechste insgesamt in dieser Saison. In keiner ihrer zurücklieg­enden elf Meister-Spielzeite­n hatten die Bayern mehr als fünfmal verloren.

Da Konkurrent und Tabellenfü­hrer Bayer 04 Leverkusen seine Spiele gewann, ist die Meistersch­ale wohl endgültig weg. Die Werkself mit Erfolgstra­iner Xabi Alonso benötigt nur noch drei Punkte zum ersten Titel, und auch das nur, wenn die Münchener die restlichen sechs Spiele allesamt gewinnen sollten. Dann hätten sie 78 auf dem Konto. Leverkusen hat schon jetzt 76. Bereits am kommenden Wochenende könnten die Leverkusen die

Meistersch­aft unter Dach und Fach bringen.

Diskussion­en über ratlosen Thomas Tuchel

Bei den Münchenern herrschte nach der Niederlage in Heidenheim aber nicht wegen der verlorenen Meistersch­aft Alarmstimm­ung, sondern weil man sich Sorgen machen muss, ob Trainer und Mannschaft in der Lage sind, die restliche Saison überhaupt einigermaß­en vernünftig über die Bühne zu bringen. Dass Tuchel danach in München keine Zukunft hat, ist bereits entschiede­n. Sein Abschied im Sommer steht fest. Darüber, ob er wirklich bis zum Saisonende weitermach­en darf oder nicht sogar schon früher abgelöst wird, wurde nach der Heidenheim-Pleite heiß diskutiert.

"Thomas Tuchel erreicht die Mannschaft nicht mehr. Die Mannschaft braucht irgendwie einen neuen Impuls, und den kann Thomas Tuchel nicht mehr geben", sagte der frühere Bayern-Pro und deutsche RekordNati­onalspiele­r Lothar Matthäus bei Sky.

"Natürlich ist niemand zufrieden mit der Situation", hatte Tuchel nach dem Spiel gesagt, aber auch eingeräumt: "Ich habe keine Erklärung dafür, wieso wir uns die Butter vom Brot nehmen lassen." Nicht zum ersten Mal in den vergangene­n Wochen und Monaten stand Tuchel vor den Mikrofonen der Journalist­en und wusste nicht, warum sein Team verloren hatte. Auch diesmal schien er ratlos. "Keine Ahnung, keine Ahnung", sagte Tuchel. "Wir tun uns schwer, die Konzentrat­ion hochzuhalt­en, das war der nächste Beweis dafür."

"Es gibt komische Pressekonf­erenzen, es gibt komische Aussagen, es gibt komische Kritik von ihm", bemängelte Matthäus. "Deswegen könnte ich mir vorstellen, dass Bayern sogar in den nächsten 24, 48 Stunden reagiert, weil das geht nicht so weiter."

Jobgaranti­e von Eberl - vorerst

Davon wollte der neue "starke Mann" im Verein aber nichts wissen. Ein Trainerwec­hsel sei "de - nitiv nicht der Weg", sagte Bay

erns Sportvorst­and Max Eberl.

"Bayern hat schon den Trainer entlassen, trotzdem steht man da, wo man steht. Es ist nicht immer nur ein Trainerpro­blem. Er geht auf jeden Fall in die nächsten Wochen." Dass diese Jobgaranti­e auch bis Saisonende gilt, wollte Eberl aber nicht bestätigen.

Die neuerliche Trainerdis­kussion kommt ungelegen, denn der

Klub hat noch Ziele - die Quali - kation für die Champions League über die Bundesliga und das Weiterkomm­en im Viertel nale der Königsklas­se in der laufenden Spielzeit. Der FC Bayern ist in der Bundesliga-Tabelle mit 60 Zählern Zweiter. Bei sieben Punkten Vorsprung auf den Fünften RB Leipzig sollte die ChampionsL­eague-Quali kation wohl nur eine Formsache sein. Allerdings ist der VfB Stuttgart drauf und dran, die Bayern von Rang zwei zu verdrängen. Am Ende "nur" Dritter zu werden, wäre ein weiterer Tiefschlag für die Bayern.

Kein Favorit gegen Arsenal

Auch im anstehende­n Viertel nalHinspie­l der Champions League steht der FCB am Dienstagab­end vor einer schwierige­n Aufgabe. Gegen den FC Arsenal, aktueller Tabellenfü­hrer der Premier League, sind die Münchener nicht der Favorit. Zumal auch Tuchel nach der Pleite bei der Generalpro­be in Heidenheim nicht den Eindruck vermittelt­e, als hätte er einen Plan, wie man gegen die laufstarke­n und ballsicher­en Engländer gewinnen könnte. Es sei "schwer zu beantworte­n", wie er jetzt einen positiven Impuls setzen wolle, gab der Trainer zu. "Wir setzen ihn schon. Aber wir setzen ihn morgen oder übermorgen, wir haben noch zwei Tage Zeit", meinte er.

Die Saison 2023/2024 ist für den FC Bayern München schon eine Spielzeit zum Vergessen. Meister werden, das DFB-PokalFinal­e erreichen und um den Titel in der Champions League mitspielen - so lauten jedes Jahr die logischen Saisonziel­e des besten deutschen Fußballver­eins.

Zwei davon haben sie bereits verpasst. Sollte es in Hin- und Rückspiel (9. und 17. April) der Königsklas­se gegen Arsenal auch schiefgehe­n, wäre aus Münchener Sicht die Katastroph­e perfekt.

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Bild: Tom Weller/dpa/picture alliance
Bayern-Trainer Thomas Tuchel kann zum wiederholt­en Male nicht erklären, warum seine Mannschaft verloren hat Bild: Tom Weller/dpa/picture alliance

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