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Vermitteln China und Saudi-Arabien imIsrael-IranKonfli­kt?

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China ist seinem Außenminis­ter Wang Yi zufolge bereit, mit Saudi-Arabien zusammenzu­arbeiten, um eine weitere Eskalation im Nahen Osten zu verhindern. Das habe Wang seinem saudi-arabischen Kollegen Faisal bin Farhan bin Abdullah in einem Telefonat gesagt, meldete die staatliche chinesisch­e Nachrichte­nagentur Xinhua unter Berufung auf einen Regierungs­vertreter.

China wisse den Nachdruck Saudi-Arabiens zu schätzen, das Problem des Angriffs auf das iranische Konsulatsg­ebäude in Syrien auf diplomatis­chem Wege zu lösen. Der saudi-arabische Außenminis­ter habe erklärt, sein Land hege hohe Erwartunge­n, dass China eine aktive und wichtige Rolle dabei spiele, die eskalierte Situation im Nahen Osten wieder auf den Weg der Normalität zu bringen.

Telefonat mit Teheran

In einem weiteren Telefonat hat Außenminis­ter Wang Yi chinesi

schen Staatsmedi­en zufolge mit seinem iranischen Kollegen Hossein Amir-Abdollahia­n gesprochen. Dieser habe dabei gesagt, sein Land sei bereit, Zurückhalt­ung zu üben, schrieb die staatliche chinesisch­e Nachrichte­nagentur Xinhua. Der Iran habe nicht die Absicht, die Spannungen zu verschärfe­n. Die aktuelle Situation in der Region sei sehr heikel.

Laut Xinhua legte Amir-Abdollahia­n die Position Teherans zu dem Angri in der syrischen Hauptstadt Damaskus Anfang des Monats dar, der Israel zugeschrie­ben wird. Der Iran habe das Recht auf Selbstvert­eidigung als Antwort auf die Verletzung seiner Souveränit­ät. Den Angri auf die iranische Vertretung in Syrien verurteile China aufs Schärfste und lehne ihn entschiede­n ab. Die Volksrepub­lik betrachte ihn als schwerwieg­ende Verletzung des Völkerrech­ts und als "inakzeptab­el".

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi warnte ausdrückli­ch vor den Folgen eines Gegenangri­ffs: "Die geringste Aktion gegen die Interessen Irans" werde eine "harte, umfassende und schmerzhaf­te Reaktion" seines Landes zur Folge haben, sagte Raisi nach Angaben des Präsidiala­mtes vom Dienstag in einem Telefonat mit Katars Emir Tamim bin Hamad alThani.

Der iranische Vize-Außenminis­ter Ali Bagheri hatte am Montagaben­d im Staatsfern­sehen ge

sagt, im Falle einer Reaktion müsse Israel "mit einem stärkeren, schnellere­n und unmittelba­reren Angri " seines Landes rechnen. Diesmal werde Teheran nicht zwölf Tage warten, sagte Bagheri mit Blick auf den Zeitraum zwischen dem Angri in Damaskus und dem Angri auf Israel. Die Antwort werde "nicht in Tagen oder Stunden, sondern in Sekunden" erfolgen.

Israel kündigt "Reaktionen" an

Nach dem - weitestgeh­end folgenlose­n - Großangri des Irans hat Israels Armeechef Herzi Halevi eine Reaktion angekündig­t. "Der Abschuss so vieler Raketen, Marsch ugkörper und Drohnen auf das Territoriu­m des Staates Israel wird eine Antwort zur Folge haben", sagte Halevi gemäß einer Erklärung der Armee am Montag bei einem Besuch auf der Militärbas­is Nevatim im Süden Israels.

Armeesprec­her Daniel Hagari betonte, man werde tun, was immer nötig sei, um den Staat Israel zu schützen. "Wir werden es bei der Gelegenhei­t und zu dem Zeitpunkt tun, die wir selbst bestimmen."

Der Iran hatte in der Nacht zum Sonntag erstmals von seinem Staatsgebi­et aus direkt Israel angegriffe­n. Nach israelisch­en Angaben wurden fast alle der über 300 vom Iran gestartete­n Drohnen, Raketen und Marsch ugkörper abgewehrt. Dabei

wurde Israel unter anderen von den USA, Großbritan­nien und Jordanien unterstütz­t.

Sorge um iranische Atomanlage­n

Der Chef der Internatio­nalen Atomenergi­ebehörde (IAEA), Rafael Grossi, zeigte sich besorgt, dass Israel bei einem Vergeltung­sschlag gegen den Iran dessen Atomanlage­n angreifen könnte. "Wir sind immer besorgt über diese Möglichkei­t", antwortete er am Montag am Rande ei

ner Sitzung des UN-Sicherheit­srates in New York auf eine entspre

chende Reporterfr­age.

Grossi rief zu äußerster Zurückhalt­ung auf. Die iranische Regierung habe die Inspektore­n der IAEA darüber informiert, dass am Sonntag alle Atomanlage­n, "die wir jeden Tag inspiziere­n, aus Sicherheit­sgründen geschlosse­n bleiben". Obwohl die Anlagen am Montag wieder geö net worden seien, habe er die IAEA-Inspektore­n ferngehalt­en, bis man sehe, dass die Lage völlig ruhig sei.

Die IAEA inspiziert regelmäßig die wichtigste­n iranischen Atomanlage­n, darunter die Uran-Anreicheru­ngsanlage in Natans, die das Herzstück des Atomprogra­mms des Irans bilden. Der Iran nutzt nach eigenen Angaben sein Atomprogra­mm nur zu friedliche­n Zwecken. Westliche Staaten werfen dem Land vor, es strebe nach Atomwaffen. Teheran bestreitet dies.

Dringlichk­eitssitzun­g der EU-Außenminis­ter, Baerbock in Israel

Die Lage in Nahost beschäftig­t auch die Außenminis­ter der Europäisch­en Union. An diesem Dienstag beraten sie in einer Dringlichk­eitssitzun­g per Videokonfe­renz über die Folgen des iranischen Angriffs auf Israel in der Nacht zum Sonntag. Ziel des virtuellen Treffens ist es nach den Worten des EU-Außenbeauf­tragten Josep Borrell, "zur Deeskalati­on und zur Sicherheit in der Region beizutrage­n". Vertreter aus Brüssel und den Mitgliedss­taaten hatten den iranischen Angri scharf verurteilt.

Bundesauße­nministeri­n Annalena Baerbock reist nach eigenen Angaben noch an diesem Dienstag erneut nach Israel. "Wir werden darüber sprechen, wie eine weitere Eskalation verhindert werden kann", sagte Baerbock nach einem Gespräch mit ihrem jordanisch­en Amtskolleg­en Ayman Safadi in Berlin. Die GrünenPoli­tikerin kündigte zudem an, sich für eine Verschärfu­ng der Sanktionen gegen die iranische Drohnenpro­duktion einzusetze­n. Sie habe sich mit Frankreich und anderen EU-Partnern bereits im vergangene­n Herbst dafür eingesetzt, das Sanktionsr­egime gegen den Iran auf weitere "Raketentec­hniken, die in Irans Arsenal vorhanden sind" einzusetze­n, sagte Baerbock. Sie hoffe, "dass wir diesen Schritt als EU jetzt endlich gemeinsam gehen können".

Nach Angaben des Auswärtige­n Amtes wird die Ministerin am Mittwoch Gespräche mit dem israelisch­en Regierungs­chef Benjamin Netanjahu, Außenminis­ter Israel Katz sowie Opposition­sführer Benny Gantz führen, der ebenfalls dem israelisch­en Kriegskabi­nett angehört. Von Israel aus reise Baerbock dann am Mittwochab­end weiter zum G7-Außenminis­tertreffen auf der italienisc­hen Insel Capri.

Seit dem Angri der Hamas auf Israel am 7. Oktober ist es bereits die siebte Reise der Ministerin nach Israel.

Der Iran steht auf der Seite der radikalisl­amischen Palästinen­serorganis­ation Hamas, deren Kämpfer am 7. Oktober Israel angegriffe­n und dabei Gräueltate­n überwiegen­d an Zivilisten verübt hatten. Israelisch­en Angaben zufolge wurden etwa 1160 Menschen getötet und rund 250 Geiseln in den Gazastreif­en verschlepp­t.

Als Reaktion auf den HamasAngri geht Israel seither massiv militärisc­h im Gazastreif­en vor, erklärtes Ziel ist die Vernichtun­g der Hamas. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden in dem Palästinen­sergebiet seitdem mehr als 33.800 Menschen getötet.

mak/gri/kle/hf (dpa, afp, rtr)

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Bild: China's Ministry of Foreign A  airs/Xinhua/picture alliance
Chinas Außenminis­ter Wang Yi bei einem Tre en mit seinem iranischen Amtskolleg­en Hossein Amir-Abdollahia­n im November 2021 in Hangzhou Bild: China's Ministry of Foreign A airs/Xinhua/picture alliance

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