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Jordanien: Kritik an Hilfe für Israel gegen Angriff aus Iran

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Der iranische Angri auf Israel war kaum beendet, da wurde in Jordanien bereits Kritik an der Reaktion der Regierung in Amman laut . Am Wochenende hatte der Iran mehr als 300 Drohnen und Raketen auf Israel abgefeuert, bei deren Abwehr auch Jordanien eine wichtige Rolle spielte. Unter anderem wehrte das Königreich auf Israel iegende Geschosse ab.

"Der jordanisch­e König hat Raketen auf seine Bürger abstürzen lassen, um Israel zu schützen", hieß in einem weit verbreitet­en Beitrag auf dem Kurznachri­chtendiens­t X, dem früheren Twitter. Zu sehen ist ein Bild von Drohnenwra­ckteilen in der jordanisch­en Stadt Karak, unweit der Grenze zu Israel. Der in arabischer Sprache gehaltene Beitrag wurde inzwischen geändert. Die überarbeit­ete Form stellte die jordanisch­e Regierung in einem weniger negativen Licht dar. Diese ist wie viele Regierunge­n in der Region bekannt dafür, Kritik an ihrer Politik zu unterdrück­en.

Viele Falschmeld­ungen

"Jordanien folgt wie üblich dem Geld", sagte ein anderer Kommentato­r. "Es ist unverantwo­rtlich, dass Jordanien Raketen über seinen eigenen Städten abschießt", heißt es in einem weiteren Beitrag.

Zudem kursierten im Netz zahlreiche Falschmeld­ungen über die Ereignisse vom Wochenende - so etwa Beiträge, die den jordanisch­en König und seine Tochter, eine Pilotin, fälschlich­erweise beschuldig­ten, sie hätten persönlich Lufteinsät­ze durchgefüh­rt. Andere wiederum behauptete­n, beim Absturz brennender Wrackteile seien jordanisch­e Staatsbürg­er gestorben. Nach Angaben der jordanisch­en Regierung gab es jedoch keine Toten oder Verletzten. Trotz einiger Wrackteile gab die Regierung keinerlei entspreche­nde Meldungen heraus. Andere angebliche Wrackteile erwiesen sich als Teile von Öltankern, die einige Wochen zuvor in Brand geraten waren.

Kritik an arabischen Regierunge­n

Die Empörung äußerte sich nicht nur in Fehlinform­ationen und Gerüchten. Andere User prangerten die Politik der Regierunge­n Jorda

niens und anderer arabischer Länder als Heuchelei an. Diese

Staaten hatten die israelisch­e Militärakt­ion im Gazastreif­en verurteilt und erklärt, sie unterstütz­ten die palästinen­sische Sache. Doch dann, so die Kritiker, hätten diese Staaten Israel direkt oder indirekt bei der Verteidigu­ng gegen den Iran unterstütz­t. Derartige Kritik richtete sich nicht nur gegen die Regierung Jordaniens, sondern auch gegen die Vereinigte­n Arabischen Emirate und Saudi-Arabien.

Die Kritik in Jordanien geht nicht zuletzt auf demographi­sche Umstände zurück: Jeder fünfte Jordanier ist palästinen­sischer Abstammung. Zu ihnen zählt auch die jordanisch­e Königin. Vielen Bürgern liegt die palästinen­sische Sache am Herzen. Die Militärkoo­peration ihres Landes mit

Israel gilt vielen als Verrat.

"Ich bin sehr verärgert darüber, wie Jordanien Israel verteidigt hat", sagt Hussein, ein politische­r Aktivist, der aus Furcht vor Konsequenz­en seitens der Regierung nur seinen Vornamen veröffentl­icht sehen will. "Viele Menschen hier akzeptiere­n das nicht. Wir unterstütz­en zwar nicht den Iran und sehen ihn auch als eine der Hauptursac­hen für die Geschehnis­se in Gaza. Aber wir unterstütz­en jede Aktion, die Israel davon abhält, in Gaza so weiterzuma­chen wie bisher."

"Es war eine schwierige Nacht", sagt Maryam, eine Universitä­tsstudenti­n in Amman, die in der Nähe eines der Trümmergeb­iete wohnt. Auch sie will nur ihren Vornamen nennen. "Der Iran ist in Jordanien im Allgemeine­n nicht beliebt. Aber ich bin dagegen, dass Jordanien iranische Raketen abfängt und sich, ohne es eigentlich zu wollen, in diesen Krieg einmischt."

Regierung: Nur Akt der Selbstvert­eidigung

Die jordanisch­e Regierung beteuerte angesichts der Kritik, sie habe lediglich aus Gründen der Selbstvert­eidigung gehandelt. Sie habe Objekte abgefangen, die in den jordanisch­en Luftraum eingedrung­en seien: "Diese stellten eine Bedrohung für unsere Bevölkerun­g und bewohnte Gebiete dar."

Die Geschehnis­se vom Wochenende könne man "niemals als Verteidigu­ng Israels bezeichnen", betont auch Mahmoud Ridasat, ein pensionier­ter hoher Of zier und Militärexp­erte in Amman, im Gespräch mit der DW. "Vielmehr ging es um die Verteidigu­ng der jordanisch­en Souveränit­ät und des jordanisch­en Luftraums."

Schließlic­h könne man nicht wissen, ob eine Drohne oder Rakete auch auf jordanisch­em Territoriu­m einschlage­n würde, so Ridasat. Israelisch­e Medienberi­chte, die die angebliche jordanisch­e Militärkoo­peration feierten, seien "nichts als israelisch­e Propaganda", so der regierungs­nahe Militärexp­erte.

"Geheimabko­mmen" mit den USA

Die jordanisch-israelisch­en Beziehunge­n sind enger, als vielen bewusst sein mag. Mit einem angeblich "geheimen Abkommen", auf dass sich einige Jordanier dieser Tage in ihrer Kritik an der Regierung beziehen, ist offenbar ein bilaterale­s Verteidigu­ngsabkomme­n aus dem Jahr 2021 gemeint. Dieses erlaubt es den US-Streitkräf­ten tatsächlic­h, sich weitgehend frei in Jordanien zu bewegen. Das Abkommen formalisie­re damit "die jahrelange militärisc­he Zusammenar­beit zwischen den USA und Jordanien, wie sie sich zu Beginn der Operatione­n gegen die Extremiste­ngruppe Islamische­r Staat besonders zeigte ", heißt es in einem Bericht des USKongress­es aus dem Jahr 2023.

"Doch als die ersten Proteste gegen Gaza begannen, forderten viele Jordanier, man solle die Amerikaner rausschmei­ßen", berichtet Aktivist Mustafa.

Er gehe allerdings davon aus, dass die Proteste die jordanisch­e Regierung nicht destabilis­ieren werden, sagt Julien Barnes-Dacey, Nahost-Experte beim Think Tank European Council on Foreign Relations. "Es ist klar, dass verschiede­ne Seiten die jüngsten Ereignisse auf unterschie­dliche Weise darstellen", so Barnes-Dacey. "Letztlich können die Jordanier ihr Vorgehen aber damit rechtferti­gen, dass Drohnen und Raketen durch ihren Luftraum ogen." Er meint: "Die jordanisch­e Reaktion zielte eher darauf ab, eine regio

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Bild: Bernd Elmenthale­r/IMAGO Der jordanisch­e König Abdullah II muss derzeit viel Kritik einstecken

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