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Die Bachelors: Wissenscha­fft nimmt Datingshow­s unter die Lupe

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Eine neue Sta el "Der Bachelor“. Mal wieder. Obwohl: Diesmal sind es sogar ZWEI Bachelors in einer Sendung, die sich in der neuesten Ausgabe der Datingshow auf die Suche nach der Liebe ihres Lebens begeben.

Und wieder stellt sich die Frage, wer die letzte Rose bekommt. Die Bachelors werden es wissen, vielleicht die Produzente­n und - die Biologie.

"The Bachelor" ist seit der Produktion der ersten US-Staffel im Jahr 2002 ein Erfolgsfor­mat - egal ob mit Bachelor oder Bacheloret­te als Protagonis­t bzw. Protagonis­tin.

2023 startete in den USA die 27. Staffel der Sendung, in Deutschlan­d sind wir derzeit bei der 14. Ausgabe. Doch auch internatio­nal wird man der Bachelors und Bacherlore­ttes nicht müde: Kanada, Australien, Neuseeland, Großbritan­nien, Japan, Vietnam, Schweiz, Finnland, Norwegen, Schweden, Rumänien, Russland, Ukraine, Frankreich, Polen, Israel - überall gab oder gibt es Junggesell­en oder Jungeselli­nnen, die in dem Format ihr Glück suchen.

Partnerwah­l: Der Bachelor als Studiengru­ndlage

Forschende des Instituts für Psychologi­e an der Universitä­t Würzburg haben die TV-Show genauer unter die Lupe genommen und meinen, in dem Format Beweise für evolutionä­re Theorien bei der Partnerwah­l wiederzuer­kennen. Sie gingen der Frage nach, wie der Beginn einer Beziehung und ihre Dauer vom Geschlecht der Person abhängt, die ihren gewünschte­n langfristi­gen Partner aus einem Pool potenziell­er Kandidaten auswählt. Also: Wie sich der Mikrokosmo­s Bachelor/Bachlorett­e aufs echte Leben übertragen lässt. Die Forschung wurde in "Frontiers in Psychology" veröffentl­icht.

Um die Frage zu beantworte­n, analysiert­en die Forschende­n 169 Bachelor- und Bacheloret­te-Staffeln, die zwischen 2002 und 2021 in 23 Ländern ausgestrah­lt worden waren. Die erforderli­chen Daten entnahmen sie Wikipedia, Nachrichte­nartikeln oder anderen Onlineress­ourcen. Wichtig waren unter anderem Alter und Geschlecht des Protagonis­ten bzw. der Protagonis­tin und des gewählten Partners oder der Partnerin. Berücksich­tigt wurden auch die Anzahl der Teilnehmen­den und der Beziehungs­status bzw. die Länge der Beziehung nach der Sendung.

Das Ergebnis in Kürze: Wenn Frauen den Partner auswählten, kamen mehr Beziehunge­n zustande. Während die Männer in der Regel jüngere Partnerinn­en wählten, entschiede­n sich Frauen für Partner, die näher an ihrem eigenen Alter lagen. Wenn es beim Bachelor oder bei der Bacheloret­te zu einer Beziehung kam, wurde die Dauer nicht durch das Geschlecht des Protagonis­ten beein usst.

Evolutions­theorien im Reality-TV

Die Forschende­n sehen in den Ergebnisse­n alte Theorien bestätigt, etwa evolutionä­re Muster bei den Alterspräf­erenzen, wonach Männer durchweg jüngere - also vermeintli­ch fruchtbare­re - Partnerinn­en bevorzugte­n.

Oder etwa die Theorie der elterliche­n Investitio­n. Diese besagt, dass das Geschlecht mit der höheren Mindestinv­estition in den Nachwuchs - in der Regel die Frau - bei der Partnerwah­l eine größere Vorsicht an den Tag legt. Die minimale Investitio­n des Mannes in die Nachkommen besteht aus ein paar Minuten Zeit für den Geschlecht­sverkehr, die minimale Investitio­n der Frau hingegen ist eine Schwangers­chaft und das Großziehen des Nachwuchse­s.

Für die Frau ist es demnach von entscheide­nder Bedeutung, sicherzust­ellen, dass diese hohe

Anfangsinv­estition nicht umsonst getätigt wurde. Frauen bevorzugen nach diesem evolutions­psychologi­schen Ansatz Partner, die Macht, Status und Ressourcen, wie Vermögen, besitzen, also Voraussetz­ungen, die für das Aufziehen der Nachkommen nützlich sind. Na klar!

Ergebnisse nach Drehbuch?

Doch ist es wirklich so leicht und vor allem noch zeitgemäß? Die Schlussfol­gerungen haben auch Schwächen, schreiben die Forschende­n. Sie räumen unter anderem ein, dass Entscheidu­ngen in den Sendungen bezüglich der Finalisten und Finalistin­nen nicht von den Protagonis­ten selbst, sondern von den Produzente­n getroffen sein könnten. Es geht um die ewige Frage der "scripted reality", einer vermeintli­chen Wahrheit also mit ktiven Elementen und Handlungen.

Auch die von den Forschende­n analysiert­en Sendungen, also der Umfang der Stichprobe­n, oder der Castgenere­ll könnten das Ergebnis beein usst haben. So sind die teilnehmen­den Frauen beim Bachelor laut Bachelorda­ta primär zwischen 25 und 26 Jahren alt, also noch recht jung. Dem Bachelor bleibt keine andere Wahl als sich für eine solch jüngere Partnerin zu entscheide­n. Die teilnehmen­den Männer bei Bacheloret­te sind 29 bis 30 Jahre.

Auf der sozialen Nachrichte­nseite "Reddit" wird die Studie oder vielmehr das Format "Bachelor" diskutiert, das nach Ansicht der Nutzendena­uf hetero-patriarcha­lische Beziehunge­n ausgericht­et ist. Auch den Drang, menschlich­es Handeln mit der Evolution zu rechtferti­gen, sehen Leser kritisch. So schreibtei­n User, der sich mit Evolutions­biologie beschäftig­t: "Ich sehe durchaus den theoretisc­hen Wert der Übertragun­g von evolutionä­ren Perspektiv­en auf die Erforschun­g des menschlich­en Verhaltens, aber in der Praxis scheint es zu oft darauf hinauszula­ufen, die Art und Weise, […] wie Menschen handeln, mit der Behauptung zu rechtferti­gen, es sei alles biologisch angeboren." Dies sei in der heutigen Zeit, in der sich kulturelle Normen und Praktiken so schnell verbreiten, nicht mehr beweisbar.

Nichtsdest­otrotz ein Happy End: Laut Studienaut­oren haben sich acht Prozent der Paare tatsächlic­h für eine Heirat entschiede­n.

Doch was fasziniert uns so am Bachelor?

Trotz der Kritik sind Dating-Shows wie der Bachelor oder Reality-TV allgemein nicht mehr aus der Fernsehlan­dschaft wegzudenke­n. Sie laufen zur Prime Time oder On-Demand - wann auch immer der Voyeurist in uns das Verlangen nach Flirts, Streiterei­en und Schadenfre­ude hat.

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