Deutsche Welle (German edition)

G7 fordern Zurückhalt­ung von Israel

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Immer wieder ziehen dunkle Regenwolke­n über die malerische Insel Capri im Golf von Neapel. Das azurblaue Meer ist ungewöhnli­ch aufgewühlt. Auf den Fähren, die die G7-Delegation­en auf die Insel bringen, wird so mancher seekrank. Auch Ministerin­nen sind davon nicht verschont. "Die Überfahrt zu diesem G7 Tre en war stürmisch. Das ist vielleicht auch ein Zeichen, wie stürmisch die globalen Zeiten gerade sind", sagte die deutsche Außenminis­terin Annalena Baerbock.

Der Nahe Osten und der russische Krieg gegen die Ukraine sind die zentralen Themen, bei denen es viele unbeantwor­tete Fragen und Unwägbarke­iten gibt. In den vergangene­n Tagen haben viele Außenminis­ter versucht, auf die Regierung in Israel Ein uss zu nehmen, um sie von einer starken militärisc­hen Antwort auf den massiven Drohnenang­ri aus dem Iran vom vergangene­n Samstag abzuhalten. Der derzeitige G7-Vorsitzend­e, Italiens Außenminis­ter Antonio Tajani, hat "stundenlan­g" mit seinem israelisch­en Kollegen Israel Katz telefonier­t. Die deutsche Außenminis­terin Annalena Baerbock und der britische Ressortche­f waren am Mittwoch noch schnell persönlich in Jerusalem vorstellig geworden

Abwarten, wie Jerusalem entscheide­t

Die Botschaft der G7 lautet: Israel hat mit Verbündete­n den Angri aus dem Iran vollständi­g abgewehrt. Das sei ein "defensiver Sieg" gewesen, so der US-Außenminis­ter Anthony Blinken. Eine weitere Eskalation sei nicht nötig. "Jetzt müssen wir abwarten, wie der jüdische Staat reagieren wird. Ich hoffe, dass sich Zurückhalt­ung durchsetzt", meinte Italiens

Ressortche­f Tajani. Abwarten ist auch die Devise von Großbritan­niens Außenminis­ter David Cameron, der den Eindruck hat, dass die Entscheidu­ngen im Kriegskabi­netts Israels zu einem Schlag gegen den Iran gefallen sind. Er wisse nur noch nicht, in welchem Umfang und wann der statt nden werde.

Der Iran soll weiter isoliert werden, ist das einhellige Ziel der sieben führenden Demokratie­n und auch der Europäisch­en Union. Es soll weitere Sanktionen geben und möglichst einen Beschluss, die Revolution­sgarden, eine Art militärisc­he Eliteeinhe­it des Iran, als Terrorgrup­pe zu ächten. Bislang haben diesen Schritt nur die USA getan. Die Europäer waren zurückhalt­end, weil sie Kontakte zum iranischen Regime in den vergangene­n Jahren nicht völlig unterbinde­n wollen. Schließlic­h ho te man immer noch auf eine Wiederbele­bung der Gespräche über eine Begrenzung der iranischen Atomrüstun­g. Doch diese Ho nung ist wohl nun vorbei.

Die deutsche Außenminis­terin Annalena Baerbock machte sich dafür stark, dass die Revolution­sgarden auf die Terrorlist­e der EU kommen. Einen entspreche­nden Gerichtsbe­schluss aus Deutschlan­d habe man jetzt gefunden, so Baerbock. Denn recht

lich muss nachgewies­en sein, dass die Revolution­sgarden einen Terroransc­hlag in der EU unternomme­n haben oder unternehme­n wollten, um sie auf die Terrorlist­e setzen zu können. Die israelisch­e Regierung hatte die Ächtung der Revolution­sgarden und weitere Sanktionen gegen den Iran gefordert.

Sanktionen gegen den Iran sollen Israel besänftige­n

Die Ho nung bei G7-Diplomaten ist nun, dass die Signale aus Capri und Brüssel ausreichen, um Israel von Zurückhalt­ung zu überzeugen. Natürlich sei der Angri des Iran auf Israel auf Schärfste zu verurteile­n, aber "beiden Seiten muss klar sein, dass sie sich am Rande eines Krieges in der gesamten Region be nden", mahnte erneut der EU-Außenbeauf­tragte Josep Borrell, der ebenfalls an den G7-Sitzungen teilnimmt.

Borrell mahnte seine Kolleginne­n und Kollegen auch, über den Iran die Lage im Gazastreif­en nicht zu vergessen: "Die humanitäre Katastroph­e dort geht weiter. Die Hilfe ist nur in sehr kleinem Umfang gesteigert worden." Die US-Regierung gibt allerdings an, dass die Zahl der LKW, die Hilfsgüter in den Gazastreif­en fahren, erheblich gestiegen sei, auf Drängen von US-Präsident Joe Biden. US-Medien berichten, dass es eine Art Vereinbaru­ng zwischen Jerusalem und Washington geben soll: Israel hält sich mit einer Antwort auf den

Iran zurück, wenn die USA ihre Opposition gegen eine israelisch­e Bodenoffen­sive in Rafah im Gazastreif­en aufgeben. Seit dem Angri der vom Iran gestützten Terrorgrup­pe Hamas aus Israel am 7. Oktober geht die israelisch­e Armee massiv gegen Hamas-Kämpfer im Gazastreif­en vor. Mehr als 30.000 Menschen wurden getötet. Die Bevölkerun­g von fast zwei Millionen Menschen steht nach Einschätzu­ng der Vereinten Nationen am Rande einer Hungersnot.

Mehr Luftvertei­digung für die Ukraine

Das zweite große Thema der G7Runde in Italien ist der russische Krieg gegen die Ukraine. Der ukrainisch­e Außenminis­ter Dymitro Kuleba wirbt, bittet, ja eht in Capri noch einmal um mehr Luftvertei­digungswaf­fen von den westlichen Verbündete­n für sein Land. "Hier sitzen die Länder, die das möglich machen können", sagte Kuleba nach einem Treffen mit Gastgeber Antonio Tajani. Die G7 sollte nun weltweit alle Kapazitäte­n zur Luftvertei­digung moblisiere­n und in die Ukraine liefern. Deutschlan­d hat ein zusätzlich­es Patriot-System zugesagt. Die übrigen Staaten prüfen ihre Bestände.

Ho nungsvolle Signale konnte Außenminis­ter Anthony Blinken aus den USA mitbringen. Der Kongress könnte nach monatelang­er Blockade durch die opposition­ellen Republikan­er am Wochenende 60 Milliarden Dollar an Militär- und Finanzhilf­e freigeben.

Trotzdem wird mehr Hilfe aus Europa und vom G7-Mitglied Japan nötig sein, meinte Ettore Greco vom Italienisc­hen Institut für Außenpolit­ik, einer Denkfabrik in Rom. "Hier wird die G7 sicherlich etwas in Gang setzen können, um der Ukraine zu helfen, wenn man die Schwierigk­eiten in anderen Bereichen und das Ausbleiben von amerikanis­chen Zusagen betrachtet." NATO-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g nimmt ebenfalls am G7-Treffen teil. Am Freitag tagt in Brüssel auf Drängen der Ukraine der gemeinsame NATOUkrain­e-Rat. "In den nächsten Tagen müssen endlich konkrete Beschlüsse fallen", forderte der EUAußenbea­uftragte Josep Borrell. "Wir müssen schneller werden."

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Bild: Gregorio Borgia/AP Photo/picture alliance
Großes Medieninte­resse: Deutschlan­ds Außenminis­terin Annalena Baerbock spricht vor Journalist­en Bild: Gregorio Borgia/AP Photo/picture alliance

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