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Bayer-04-Trainer Xabi Alonso: Der Bessermach­er am Ziel

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Die erste Meistersch­aft in der Vereinsges­chichte von Bayer 04 Leverkusen sichergest­ellt, das Ticket für das DFB-Pokal nale gelöst, vor dem Sprung ins Halb nale der Europa League, bisher keine einzige Niederlage: Xabi Alonsos erste komplette Saison als Trainer einer ersten Mannschaft hätte kaum besser laufen können. Als der Spanier im Oktober 2022 zu den Leverkusen­ern stieß, stand der Bundesligi­st in der Abstiegszo­ne. Als Trainer konnte Alonso damals lediglich auf die Erfahrung von insgesamt vier Jahren als Junioren-Coach bei Real Madrid und dann als Trainer der zweiten Mannschaft von Real Sociedad verweisen. Anderthalb Jahre später gilt der 42Jährige als einer der besten Trainer der Welt.

Baske mit deutscher Note

Alonsos Spielerkar­riere begann bei Real Sociedad San Sebastian, einem Verein aus dem Baskenland. Dort verbrachte Alonso den größten Teil seiner Jugend. Sein Vater, Periko Alonso, war als Spieler dreimal spanischer Meister - zweimal mit Real Sociedad, einmal mit dem FC Barcelona. Auch Xabi Alonsos älterer Bruder Mikel spielte für den Klub aus San Sebastian.

Xabis Spielintel­ligenz und Ruhe, sein außergewöh­nliches Passspiel und sein taktisches Gespür weckten bald das Interesse europäisch­er Spitzenklu­bs. Der Mittelfeld­stratege spielte für den FC Liverpool (2004 bis 2009), Real Madrid ( 2009 bis 2014) und den deutschen Rekordmeis­ter FC Bayern München ( 2014 bis 2017). "Ich bin Baske, ganz und gar Baske, aber jetzt mit großem deutschen Ein uss", sagte Alonso zu Beginn dieser Saison der britischen Zeitung "The Guardian".

Der Analytiker

Obwohl Alonso etwa die Hälfte seiner Karriere außerhalb Spaniens verbrachte, waren es zwei spanische Trainer, die wohl den größten Ein uss auf ihn hatten. Sowohl Rafael Benitez in Liverpool als auch Pep Guardiola in seiner Zeit als Bayern-Trainer sahen bereits im Spieler Alonso den kommenden Topcoach. "Er war clever und analysiert­e. Wenn man normalerwe­ise einem Spieler etwas erklärt, muss man es meist wiederhole­n. Xabi war einer, der schnell lernte", sagte Benitez, unter dem Alonso 2005 den ersten seiner beiden ChampionsL­eague-Titel gewann. Den zweiten bejubelte er 2014 mit Real Madrid. Mit der spanischen Nationalma­nnschaft wurde Alonso 2010 Weltmeiste­r und zweimal in Folge Europameis­ter ( 2008 und 2012).

"Er war einer der besten Mittelfeld­spieler, die ich jemals gesehen habe. Ich war so froh, ihn in München dabei zu haben", erinnerte sich Guardiola. "Er versteht das Spiel und bringt auch die dafür nötige Neugier mit. Er wusste ganz genau, was wir tun mussten, um unsere Spiele zu gewinnen."

Ballbesitz und Pragmatism­us

Seine analytisch­en Fähigkeite­n stellt Alonso nun auch als Trainer unter Beweis. Der Spanier legt sehr großen Wert auf den Ballbesitz seiner Mannschaft. So hat Leverkusen in dieser Saison in der Bundesliga von allen Teams die meisten Pässe gespielt und sie auch an den Mann gebracht. Bayer 04 baut das Spiel häu g schnell durch die Mitte auf. Bei Kontern werden die inken Außenverte­idiger mit eingebunde­n.

Doch Alonso ist auch in der Lage, seine Taktik an den Gegner anzupassen - wie beim wichtigen 3:0-Sieg gegen den FC Bayern im Februar. Er verzichtet­e in der Startelf auf den rechten Außenverte­idiger Jeremie Frimpong, den offensiven Mittelfeld­spieler Jonas Hofmann und den tschechisc­hen Stürmer Patrik Schick, um seine Mannschaft kompakter aufzustell­en, ohne dabei an Tempo zu verlieren. Alonsos Wechsel überrascht­en die Bayern. Sie hatten zwar mehr Ballbesitz, brachten in den 90 Minuten aber nur einen einzigen Torschuss zustande.

"Ich denke, wir haben das Spiel gut kontrollie­rt. Wir haben im richtigen Moment gepresst oder auch gewartet. Für mich war es defensiv eine hervorrage­nde Leistung", freute sich Alonso nach dem Spitzenspi­el, das Leverkusen­s Status als Titelanwär­ter untermauer­te.

Entschloss­en und nahbar

Frimpong kam im Spiel gegen die Bayern erst nach gut einer Stunde von der Bank und erzielte in der Nachspielz­eit den Treffer zum 3:0-Endstand. Die Chemie zwischen den Spielern und dem nach außen eher ruhigen, aber dennoch leidenscha­ftlichen und entschloss­enen Alonso stimmt. "Alle Spieler haben ihm vertraut, was unsere Spielweise angeht", sagte Frimpong in dieser Woche gegenüber TNT Sports. "Man kann das auch auf dem Platz sehen - an unserer Spielfreud­e und daran, dass wir immer als geschlosse­nes Team auftreten. Er [Alonso - Anm. d. Red.] ist der Boss, aber auch einfach ein netter Kerl."

In dieser Hinsicht hat sich Alonso nach eigenen Worten ein Beispiel an seinem früheren Trainer Carlo Ancelotti genommen, unter dem er mit Real Madrid

Champions-League-Sieger und mit den Bayern deutscher Meister wurde. "Carlo Ancelotti ist ein Meister in Sachen Menschenfü­hrung", sagte Alonso. "Er versteht es vorzüglich, Spieler zu überzeugen und gleichzeit­ig ein gutes Verhältnis zu ihnen zu haben."

Alonso bleibt

Zeitweise sah es nach einem Abschied Alonsos aus Leverkusen nach dem Ende der Saison aus.

Es wurde spekuliert, dass der von vielen Klubs umworbene Trainer als Nachfolger von Thomas Tuchel den FC Bayern übernehmen oder aber beim FC Liverpool in die großen Fußstapfen von Jürgen Klopp treten würde. Doch Alonso winkte ab. "Es fühlt sich richtig an. Ich bin hier am richtigen Ort. Ich bleibe bei Bayer 04", sagte der Leverkusen­er Erfolgstra­iner Ende März. "Mein Job ist de nitiv noch nicht beendet, und wir haben noch einiges vor."

Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert und nach dem 29. Spieltag aktualisie­rt.

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Bild: Hirnschal/osnapix/IMAGO
Alonsos Taktik gegen die Bayern ging hundertpro­zentig auf Bild: Hirnschal/osnapix/IMAGO

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