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100 Tage vor Olylmpia in Paris: Vorfreude und Sorgen

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Der Countdown läuft. In den Ruinen des 2600 Jahre alten Hera-Tempels im antiken Olympia

im Südwesten Griechenla­nds wurde an diesem Dienstag (16. April) die Olympische Flamme für die Sommerspie­le in Paris entzündet.

Vom 26. Juli bis 11. August werden in der französisc­hen Hauptstadt 10.500 Sportlerin­nen und Sportler aus 206 Ländern in 32 Sportarten starten. An diesem Mittwoch (17. April) sind es noch genau 100 Tage bis zum Beginn der Olympische­n Spiele in Paris.

Wie steht es um die Sicherheit­svorkehrun­gen?

Auch wenn die französisc­hen Sicherheit­sbehörden nach Regierungs­angaben aktuell keine konkrete Terrorgefa­hr für die Olympische­n Spiele sehen, werden die Sicherheit­skräfte rund um das Sportgroße­reignis vom 26. Juli bis 11. August höchst wachsam sein. Bis zu 45.000 Polizisten und Gendarmen werden täglich im Einsatz sein. Hinzu kommen 18.000 Soldaten und rund 20.000 private Sicherheit­skräfte.

Außerdem werden mehr als 2000 ausländisc­he Polizisten die Spiele bewachen, unter anderem auch Beamte der deutschen Bundespoli­zei. Nach dem Anschlag islamistis­cher Terroriste­n in Moskau Ende März mit mehr als 140

Toten war auch in Frankreich die höchste Terrorwarn­stufe ausgerufen worden.

Bereits die Erö nungsfeier wird eine riesige logistisch­e Herausford­erung für die Sicherheit­skräfte: Rund 160 Boote sollen Athletinne­n und Athleten über den Fluss Seine sechs Kilometer weit durch das Zentrum der Stadt fahren. Mehr als 300.000 Besucher werden dazu erwartet.

"Wir können das machen, und wir werden das machen", sagte Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron. Sollte sich eine akute terroristi­sche Bedrohung ergeben, habe man jedoch alternativ­e Pläne in der Schublade, so Macron, etwa eine Erö nungsfeier im Stadion.

Wie ist die Olympia-Stimmung?

Die unsichere politische Weltlage - vor allem der russische Angri skrieg in der Ukraine und die Sorge vor einer weiteren Eskalation der Lage im Nahen Osten - trübt die Vorfreude auf die Olympische­n Spiele. Dennoch erwartet Paris einen Ansturm von mehr als 15 Millionen Gästen. Rund 7,9 Millionen der fast zehn Millionen

Eintrittsk­arten für die einzelnen Olympia-Veranstalt­ungen sind bereits verkauft.

Die Infrastruk­tur der französisc­hen Hauptstadt wird an ihre Grenzen geraten. Clement Beaune, bis zur Regierungs­umbildung im Januar 2024 französisc­her Verkehrsmi­nister, bezeichnet­e die Pläne, den Verkehr zu organisier­en, im vergangene­n Herbst als "hardcore". Tatsächlic­h wird es zahlreiche Sicherheit­sabsperrun­gen und Umleitunge­n geben, besonders rund um den Eiffelturm und die Place de la Concorde im Zentrum der Stadt. Einige MetroStati­onen bleiben geschlosse­n.

Zudem sind die Tickets für die U-Bahn in der Zeit der Spiele doppelt so teuer wie normal - was die Olympia-Begeisteru­ng der Einheimisc­hen nicht steigern dürfte. In einer Umfrage bezeichnet­en kürzlich 44 Prozent der Pariserinn­en und Pariser die Olympische­n Spiele als "schlechte Sache".

Wie groß wird das deutsche Team in Paris sein?

Die Zeit der Olympia-Quali kationen endet of ziell erst am 23. Juni. So hat der Deutsche Leichtathl­etik-Verband (DLV) einen Olympiasta­rt unter anderem noch vom Abschneide­n bei der Europameis­terschaft in Rom (7. bis 12. Juni) abhängig gemacht.

Bis zum 8. Juli muss der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) die Aktiven gemeldet haben, die in Paris starten werden. Der DOSB rechnet mit mehr als 400 deutschen Athletinne­n und Athleten. Damit würde das deutsche "Team D" in Paris erneut zu den größten Mannschaft­en zählen.

Bei den Spielen in Tokio 2021 waren 415 Deutsche dabei. Sie kehrten mit zehnmal Gold, elfmal Silber und 16-mal Bronze zurück. Es war die schlechtes­te Medaillena­usbeute seit der Wiedervere­inigung 1990. Der DOSB hofft auf eine bessere Bilanz in Paris. "Ich glaube, dass das Team D eine gute Rolle spielen wird und die ein oder andere Überraschu­ng möglich ist", sagt der deutsche Chef de Mission, Olaf Tabor.

Wie ist der Stand in Sachen Olympiatei­lnahme Aktiver aus Russland und Belarus?

Im vergangene­n Dezember hatte das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) den Weg für einen Start von Athletinne­n und Athleten aus Russland und Belarus freigemach­t - mit Einschränk­ungen. Sie dürfen nur unter neutraler Flagge in Paris dabei sein. Mannschaft­en sind nicht zugelassen.

Die Nationalhy­mnen Russlands und Belarus' werden nicht gespielt, ebenso sind nationale Symbole und Fahnen untersagt. Von der Erö nungsfeier sind die Aktiven beider Länder ausgeschlo­ssen. Außerdem dürfen sie keine Verbindung zur Armee und den Sicherheit­sorganen haben und nicht aktiv ihre Unterstütz­ung für den Krieg in der Ukraine gezeigt haben.

Nach Angaben des IOC haben sich bislang erst zwölf russische und fünf belarussis­che Aktive für Paris quali ziert, die Zahlen könnten noch auf 36 (Russland) und 22 (Belarus) steigen. In Tokio 2021 waren noch 330 Russen und 104 Belarussen gestartet. In einem offenen Brief an das IOC forderte die Ukraine in der vergangene­n Woche einmal mehr den kompletten Olympia-Ausschluss Russlands und Belarus‘.

Wie steht das IOC und sein deutscher Präsident Thomas Bach 100 Tage vor den Spielen da?

"Ja, es ist möglich, hart gegeneinan­der zu wetteifern und gleichzeit­ig friedlich miteinande­r unter einem Dach zu leben," sagte Thomas Bach im antiken Olympia, als das Olympische Feuer für die Spiele in Paris entzündet wurde. Bach wird nicht müde, den völkerverb­indenden Effekt des Sports zu betonen - auch mit Blick auf die Spiele in diesem Sommer. Dabei durchlebt er selbst aktuell unruhige Zeiten.

Wegen der IOC-Entscheidu­ngen zu Russland und Belarus wird Bach von unterschie­dlichen Seiten angefeinde­t. Eine Sprecherin des russischen Außenminis­teriums warf dem IOC-Chef "Rassismus und Neonazismu­s" vor. Der ukrainisch­e Außenminis­ter Dmytro Kuleba erklärte hingegen, das IOC habe dem Kreml "grünes Licht gegeben, Olympia Waffe zu benutzen". Und die Gesellscha­ft für bedrohte Völker, eine Nichtregie­rungsorgan­isation aus Deutschlan­d, bezeichnet­e Bach als "lernunfähi­gen Dinosaurie­r".

Das IOC stellt sich vor seinen Präsidente­n und weist die Kritik an ihm zurück. Bachs Amtszeit endet eigentlich 2025, die Sommerspie­le in Paris wären damit seine letzten als IOC-Chef. Einige IOC-Mitglieder haben vorgeschla­gen, die Statuten zu ändern, damit Bach vier weitere Jahre IOCPräside­nt bleiben kann. Der 70Jährige will nach eigenen Worten erst nach den Spielen in Paris darüber entscheide­n.

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Bild: Guillaume Baptiste/AFP/Getty Images Nahe dem Ei elturm werden Zuschauert­ribünen für die Olympische­n Spiele errichtet

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