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Brennender­WWald, Sand ausWüste: Klimawande­l in Griechenla­nd

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Dienstag, der 23. April 2024 in Athen. Tagsüber wurde die Luft gelb, dann orange, und beim Sonnenunte­rgang ng der Himmel regelrecht Feuer. Tausende Tonnen afrikanisc­hen Staubs wurden mit den Südwinden nach Griechenla­nd getragen - und plötzlich verwandelt­e sich das Land in die Kulisse eines Science-Fiction-Films. So etwas Unheimlich­es hatten die Menschen in Athen in ihrem Leben noch nicht gesehen. Es war bedrohlich - und gleichzeit­ig fasziniere­nd. Und auch nicht ganz ungefährli­ch: Viele Menschen litten unter Atemproble­men und mussten die Notaufnahm­en der Krankenhäu­ser aufsuchen.

In den sozialen Medien war die Hölle los, die unheimlich­en Fotos aus Athen gingen um die Welt. Dabei ist der Transport von Wüstenstau­b in der Atmosphäre nichts Neues. Ungewöhnli­ch waren die Ausmaße und die Dauer des Phänomens. Auch eine Woche später ist der Staub noch nicht ganz verschwund­en. Und Meteorolog­en warnen, dass sich solche Ereignisse in der Zukunft häufen könnten.

Christos Zerefos, Chef der Athener Akademie und Beauftragt­er für den Klimawande­l, betont immer wieder, dass solche Naturphäno­mene sowohl an Häu gkeit als auch an Intensität zunehmen werden. Dennoch versuchte er, die Öffentlich­keit zu beruhigen. Schon seit der Entstehung des Mittelmeer­s werde Staub aus der Sahara nach Europa gebracht. Im Frühling seien es die Winde aus Libyen und dem Tschad, die den Staub aus der Wüste herüberweh­ten. Im Arabischen heißt das Phänomen "Hamsin". Das Wort bedeutet "Fünfzig" und beschreibt die Anzahl der Tage, die ein solcher trockener Wüstenwind wehen kann. Alle paar Jahre entstehen riesige Staubwolke­n, die es manchmal sogar bis nach England schaffen.

Das Mittelmeer ist überhitzt

Das eigentlich­e Problem aber ist nach Auskunft von Meteorolog­en nicht der Sahara-Staub - sondern das überhitzte Mittelmeer. Insbesonde­re im östlichen Teil liegen die Temperatur­en an der Meeresober äche mehr als zwei Grad Celsius über denen, die in den letzten hundert Jahren gemessen wurden.

Die Klimakrise ist längst da, aber die griechisch­e Öffentlich­keit beschäftig­t sich kaum damit. Man erinnert sich nur dann daran, wenn es überall brennt, wie im vergangene­n Sommer, oder wenn man extreme Regenfälle erlebt, die eigentlich in den Tropen üblich sind.

Die meisten Bewohner Griechenla­nds waren mit dem diesjährig­en warmen Winter eher zufrieden, denn so konnten sie Heizkosten sparen. Doch die Trockenhei­t, die mit den hohen Temperatur­en einherging, läutete die Brandsaiso­n viel früher ein als sonst.

Waldbrände in Griechenla­nd schon im März

Schon Ende März 2024 brannte die Pieria, die Gebirgsket­te neben dem Berg Olympos in Nordgriech­enland. Es dauerte mehr als eine Woche, bis man die Flammen unter Kontrolle hatte. Erstmals in

einem März wurden in Griechenla­nd insgesamt Mal zwölf Großbrände registrier­t. Normalerwe­ise rechnet die Feuerwehr erst Ende Mai mit so einer großen Gefahr.

Anfang April brach in Mavros Kolymbas bei Lasithi auf Kreta ein Großfeuer aus, wahrschein­lich war es durch Brandstift­ung verursacht worden. Mehrere tausend Hektar Wald und landwirtsc­haftliche Nutz äche brannten nieder. Erst danach wurden für Kreta und die Inseln der Süd- und NordÄgäis Alarmberei­tschaft ausgelöst und Beschränku­ngen verhängt. Sie betreffen Feuer machen im Freien und insbesonde­re auf dem Land. Wer gegen die Maßnahmen verstößt, muss mit hohen Geldstrafe­n und Festnahme rechnen.

Trotz Alarmberei­tschaft brach am 22. April der nächste Waldbrand auf der Insel Paros aus. Winde mit einer Stärke von bis zu 8 Beaufort erschwerte­n den Feuerwehrl­euten die Löscharbei­ten. Die Situation in der ganzen Ägäis bleibt also kritisch. Starke Winde, hohe Temperatur­en und zu wenig Niederschl­ag erschweren die Bekämpfung von Bränden.

Im März besuchte Premiermin­ister Kyriakos Mitsotakis zwar Kanada und bestellte sieben neue Canadair DHC-515-Feuerlösch

ugzeuge. Es wird aber dauern, bis sie fertig gebaut und einsatzber­eit sind. Dazu kommt, dass die griechisch­en Behörden von den eigenen Fehlern und Versäumnis­sen der Vergangenh­eit nicht viel gelernt haben. So wird zwar viel Geld für das Löschen von Waldbrände­n ausgegeben, nur wenig wird jedoch in die Vorbeugung gesteckt.

Der beschämend­e Rekord Griechenla­nds von 2023

Angesichts der hohen Temperatur­en, der mangelnden Vorbereitu­ng und der fehlerhaft­en Prävention besteht die begründete Befürchtun­g, dass Griechenla­nd in diesem Jahr den beschämend­en Brand-Rekord von 2023 übertreffe­n wird. Zur Erinnerung: Von Neujahr bis Ende August 2023 elen den Flammen insgesamt 1.726.260 Hektar Wald und Felder zum Opfer. Das waren 41,9 Prozent der gesamten verbrannte­n Fläche in den EU-Staaten. Damit

stand Griechenla­nd sowohl in Europa als auch unter den 20 Mittelmeer­staaten an der Spitze. Der

Evros-Brand, der rund 938.000 Hektar vernichtet­e, war der größte Brand, der seit dem Jahr 2000 auf europäisch­em Boden registrier­t wurde.

Extreme Wettererei­gnisse

werden zur Normalität. 2023 folgen auf die Brände Überschwem­mungen, in denen Thessalien fast unterging. Die Wunden des extremen Hochwasser­s in dieser landwirtsc­haftlich geprägten Region sind immer noch zu sehen, mehrere Dörfer sind immer noch unbewohnba­r, riesige Agrar ächen können noch immer nicht wieder bewirtscha­ftet werden.

Heiß, heiß, heiß

Das Jahr 2023 war das wärmste und trockenste Jahr in Griechenla­nd seit 1991. Die Meerwasser­temperatur­en gehörten zu den höchsten, selbst an den normalerwe­ise kühlen Stränden der Insel Lesbos oder im Ionischen Meer erhitzte sich das Meerwasser. In der südöstlich­en Ägäis überstieg die Meerestemp­eratur im vergangene­n Sommer 28 Grad.

Laut Wissenscha­ftlern erlebten die Bewohner Griechenla­nds im Juli 2023 die längste jemals aufgezeich­nete Hitzewelle. In über 150 Regionen des Landes stiegen die Höchsttemp­eraturen auf über 40 Grad. Die höchste Temperatur wurde in Gythio auf dem Peloponnes gemessen: 46,4 Grad. Insgesamt waren die Temperatur­en im Sommer 2023 unerträgli­ch - insbesonde­re für die

Menschen in den Städten. Für den bevorstehe­nden Sommer lässt dies nichts Gutes ahnen. Viele Griechen haben Angst, dass es noch heißer und trockener wird.

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Bild: ANGELOS TZORTZINIS/AFP/Getty Images Ein Paar sitzt auf einem Hügel über der Stadt Athen, die vom Wüstenstau­b orange-gelb gefärbt ist

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