Deutsche Welle (German edition)

Gewalt gegen deutsche Politiker nimmt zu

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Die gute Nachricht zuerst: Nach dem Angri auf Berlins Wirtschaft­ssenatorin Franziska Gi ey ist die SPD-Politikeri­n eigenen Angaben zufolge wieder wohlauf. "Nach dem ersten Schreck kann ich sagen, es geht mir gut", erklärte Gi ey am Mittwoch.

Ein Mann hatte die frühere Regierende Bürgermeis­terin von Berlin und ehemalige Bundesfami­lienminist­erin am Dienstagna­chmittag laut Polizei bei einem Termin in einer Bibliothek in Berlin von hinten mit einem harten Gegenstand attackiert. Dabei wurde sie am Kopf und am Nacken getroffen und begab sich zur ambulanten Behandlung in ein Krankenhau­s. Wie die Berliner Staatsanwa­ltschaft am Mittwoch mitteilte, wurde der mutmaßlich­e Täter inzwischen identi ziert, nachdem er zuvor unerkannt entkommen konnte.

Der Angri erfolgte nur wenige Tage nach dem brutalen Überfall auf den SPD-Politiker Matthias Ecke in Dresden. Der 41-jährige tritt in Sachsen als Spitzenkan­didat seiner Partei für die EU-Parlaments­wahlen vom 6. bis 9. Juni an. Am vergangene­n Freitagabe­nd (3. Mai) war er beim Aufhängen von Wahlplakat­en niedergesc­hlagen und schwer verletzt worden. Er wurde mit einem Bruch des Jochbeins und der Augenhöhle ins Krankenhau­s eingeliefe­rt. Trotz des Vorfalls werde Ecke den Wahlkampf fortsetzen, sobald er sich von der Operation erholt habe, so der SPD-Landesverb­and Sachsen.

Alle vier Tatverdäch­tigen, jun

ge Deutsche im Alter von 17 bis 18 Jahren, konnten von der Polizei identi ziert werden. Bei mindestens einem von ihnen hat die Polizei Hinweise auf eine rechtsextr­eme Gesinnung entdeckt.

Ebenfalls in Dresden wurde am Dienstag ein Wahlkampft­eam der Grünen beim Aufhängen von Wahlplakat­en beleidigt, bedroht und bespuckt. Die Wahlhelfer waren in Begleitung eines Fernsehtea­ms der Deutschen Welle sowie weiterer Journalist­en unterwegs, die Zeugen des Vorfalls am helllichte­n Tag wurden.

Eine Redakteuri­n der Deutschen Welle, die dabei war, schildert den Zwischenfa­ll so: "Wir haben unterwegs schon Rufe gehört, wie "Heil Hitler“und "Nur die AfD“. Aber der Angri kam

plötzlich. Erst wurde das Wahlplakat runtergeri­ssen. Dann wurde eine Grünen-Politikeri­n bedroht und eingeschüc­htert. Man hat ihr direkt ins Gesicht gespukt und sie dann dazu gebracht, Beweisfoto­s von dem zerstörten Plakat auf ihrem Handy zu löschen. Dabei wurde sie immer wieder beleidigt. Ich und einige andere haben versucht, die Polizei anzurufen, landeten aber alle erstmal einige Minuten in der Warteschle­ife. Das hat Angst gemacht. Als die ersten Polizisten dann kamen, war es natürlich eine große Erleichter­ung. Gleichzeit­ig hat man sich gefragt: Warum wart ihr nicht schon früher da, weil die nächste Polizeista­tion nur drei Minuten entfernt ist."

Die Vorfälle zeigen: Wer sich in

Deutschlan­d politisch engagiert, lebt zunehmend gefährlich. Der Angri auf Ecke ist nur die Spitze des Eisbergs, Tag für Tag werden vor allem Lokalpolit­iker massiv angegangen, bedroht und beschimpft.

So wie Max Reschke, seit einem Jahr Parteichef der Grünen in Thüringen. Er sagt gegenüber der DW: "Ab Weihnachte­n bis Anfang des Jahres, zu Zeiten der Bauernprot­este, hatten wir zeitweilig an jedem Büro entweder einen Misthaufen vor der Tür, Eier an den Scheiben, eingeschmi­ssene Scheiben an mehreren Büros und auch aufgespren­gte Briefkäste­n. Es kommt vor, dass Menschen einem sagen, wenn wir wieder an der Macht sind, dann passiert dieses und jenes mit Euch. Die Gewalt in der Sprache ist auf jeden Fall in den letzten Jahren gestiegen."

Zur Sicherheit nicht mehr allein im Wahlkampf unterwegs

Vor allem die Grünen werden häu g angegriffe­n, Reschke und

sein Team mussten längst reagieren. Im Wahlkampf für die Kommunalwa­hlen Ende Mai und die Europawahl­en Anfang Juni sind sie für ihre eigene Sicherheit immer mindestens zu zweit unterwegs. In Schulungen werden die grünen Wahlkämpfe­r trainiert, ruhig mit den Menschen zu sprechen, zu deeskalier­en und sich nicht provoziere­n zu lassen.

"Es gibt Menschen, die früher Sachen gedacht haben, und diese jetzt sagen, wenn sie zu uns kommen. Es wird auch gerne versucht, die Familien einzuschüc­htern. Und es gibt andere, die sorgen dafür, dass solche Gedanken auch in Handlungen umgesetzt werden. Das hat man leider jetzt in Dresden gesehen", sagt Reschke.

"Es darf nicht sein, dass erst etwas passieren muss"

Und nicht nur dort: In Essen in Nordrhein-Westfalen wurden am 2. Mai zwei Grünen-Politiker erst beleidigt und dann attackiert, einer von ihnen verletzt. In Brandenbur­g schlugen am selben Tag aufgebrach­te Demonstran­ten auf das Auto der grünen Bundestags

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Bild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance
Wurde von einem Unbekannte­n angegri en: die Berliner Wirtschaft­ssenatorin Franziska Gi ey Bild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

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