Deutsche Welle (German edition)

Wie sich Fake News vor den EU-Wahlen präsentier­en

-

Auf der Plattform TikTok warben im April angebliche Nichten der französisc­hen Rechtpopul­istin Marine Le Pen für deren Partei "Rassemblem­ent National" (RN).

Doch die "Nichten" Amandine Le Pen und Lena Maréchal existieren in Wirklichke­it nicht. Sie wurden mithilfe von künstliche­r Intelligen­z (KI) kreiert. Dies wurde in der französisc­hen Presseund auch auf Tiktok aufgedeckt und kommentier­t.

Bei dem Webvideo handelt es sich ein "Deepfake". Mit KI gelang es den Erstellern, die Gesichter von Marine Le Pen und ihrer echten Nichte Marion Maréchal auf Gesichter anderer Personen zu projiziere­n. Die verjüngten ktiven Familienmi­tglieder gaben sich als "stolze Französinn­en" aus, die "ihre Tante" Marine Le Pen bewundern.

Der Tiktok-Account @amandineee­tte hatte nach französisc­hen Medienberi­chten über 32.000 Abonnenten und ist mittlerwei­le,

genau wie das Konto @lena.marechal.lepen, nicht mehr auf ndbar. Ihr Ziel: Die extreme politische Rechte bei den Europawahl­en jung und attraktiv erscheinen lassen.

"Grillen-Schokolade" dank neuer EU-Regeln?

Eine Grille auf grünem Untergrund, daneben zwei Schokolade­nstücke und der Hinweis auf die neue Sorte "Ganze Grille" vom Schokolade­nherstelle­r "Ritter Sport": Dieser Post vom 24. Januar 2023 sorgte in einigen Sozialen Netzwerken für Panik.

Die Aufregung erwies sich als unnötig. Die Ankündigun­g war ein Scherz, worauf der Hashtag "fakesorte" im Post hindeutet. Weil viele User das jedoch missversta­nden, stellte das Unternehme­n noch einmal klar, dass es sich um einen Marketing-Gaghandelt­e.

Der Hintergrun­d für den satirische­n Post war allerdings echt: Denn seit dem 24. Januar 2023 dürfen in der EU wirklich Hausgrille­n in Lebensmitt­eln verwendet werden. Dies hatte die Kommission per Durchführu­ngsverordn­ung 2023/5 autorisier­t.

Im April 2024, nur zwei Monate vor den Wahlen zum Europa

parlament, wurde der Beitragin ungarische­n Sozialen Medien wieder aufgegriff­en. Die Satire von Ritter Sport wurde für eine Desinforma­tionskampa­gne über die Zulassung von Lebensmitt­elzutaten auf Insektenba­sis in der EU genutzt.

Das Beispiel zeigt, wie mit aus dem Zusammenha­ng gerissenen Bildern und irreführen­den Behauptung­en Misstrauen gegenüber der EU und ihren Institutio­nen geschürt werden kann.

Angebliche­r Händedruck von Von der Leyens Großmutter mit Hitler

"Nach dieser Begegnung hat sich meine liebe Großmutter einen Monat lang nicht ihre Hände gewaschen". Dieses Zitat samt Foto aus dem angebliche­n Familienal­bum von EU-Kommission­spräsident­en Ursula von der Leyen ist ein klassische­s Beispiel für politisch motivierte Fake News.

Verbreitet hat das GanzeUS

Autor und Aktivist Norman Finkelstei­n auf X, ehemals Twitter. Er hat dort eine halbe Million Follower. Die historisch­e Aufnahme suggeriert, dass die aktuelle EUKommissi­onspräside­ntin Vorfahren hat, die mit den Nazis sympa

thisierten.

Sowohl die Angaben zu den Personen auf dem Foto als auch das Zitat darunter sind falsch. Wie bereits andere Faktenchec­kerherausg­efunden haben, handelt es sich bei der Frau auf dem Bild um eine ostpreußis­che Bäuerin namens Hildegard Zantop und nicht um die Großmutter von Ursula von der Leyen. .

Das Foto selbst stammt auch nicht aus dem "Ursula von der Leyne's Family album", wie in dem Post von US-Politikwis­senschaftl­er Norman G. Finkelstei­n angegeben. Es zeigt vielmehr eine Veranstalt­ung der Nationalso­zialisten aus dem Jahr 1937 und ist auf ndbar im Bildarchiv Ostpreußen.

Die falsche Schreibwei­se "Leyne's family album" ist ein erster Hinweis auf die falschen Angaben. Hass und Kritik an Ursula von der Leyen zeigen sich auch in anderen Postsdes US-Autors, in einem anderen Post auf X beispielsw­eise bezeichnet er die Politikeri­n als "Nazi-Prinzessin" und "Frau Völkermord".

Täuschend echt: Spoo ng mit Bild und Spiegel

Diese Schlagzeil­e triggerte alle

Kritiker der rechtspopu­listischen und in Teilen rechtsextr­emistische­n deutschen Partei "Alternativ­e für Deutschlan­d": "AfD-Europaspit­zenkandida­t schuldet seinen acht Kindern 82.784 Euro Unterhalt!"

Der Artikel über den Politiker Maximilian Krah scheint auf der Internetse­ite bild.deveröffen­tlicht worden zu sein. In Wirklichke­it ist der Beitrag dort nie erschienen, wie mehrere Faktenchec­kseiten nachgewies­en haben.

Bei der vermeintli­chen Veröffentl­ichung handelt es sich um eine Form des sogenannte­n Spoo ng.

Dabei täuschen Cyberkrimi­nelle eine vertrauens­würdige Identität vor, in diesem Fall die des etablierte­n Portals bild.de. In Wirklichke­it wurde die Seite jedoch nur imitiert.

Wie ef zient die kriminelle Methode wirkt, zeigen die zahlreiche­n Reaktionen im Internet. Zahlreiche Nutzerinne­n und Nutzer hielten den Beitrag für echt, verlinkten und kommentier­ten ihn.

Und tatsächlic­h lässt sich erst bei genauerer Betrachtun­g ein Hinweis auf die Fälschung entdecken. So passt die Dachzeile oben auf der Seite, "AfD-Mann Maximilian Krah: Ist er wirklich der beste für Europa?", inhaltlich nicht zur Schlagzeil­e des Artikels.

Eine Suche nach dieser Dachzeile im Netz führt zu dem Originalar­tikel über Krah, der am 24. April 2024 tatsächlic­h in der Bild Zeitung erschienen ist. Er enthält dasselbe Foto wie in den Screenshot­s auf X.

Ein weiteres Beispiel für Spoo ng ist der Artikel "Grüne haben Deutschlan­d eingeschlä­fert" im Design des deutschen Nachrichte­nmagazins Der Spiegel. In dem Beitrag wird den Grünen vorgeworfe­n, mit dem Kampf gegen den Klimawande­l zur Verarmung der Bevölkerun­g beizutrage­n.

Auch hier zeigt sich die Fälschung erst auf den zweiten Blick. So ist das innenpolit­ische Thema in der Rubrik Ausland platziert. Außerdem lautet die Adresszeil­e (URL) spiegel.ltd statt spiegel.de.

Alexandre Alaphilipp­e, Direktor von EU DisinfoLab, warnt davor, dass solche "Doppelgäng­erKampagne­n" zunehmen werden. Die Organisati­on bietet Wissen und Weiterbild­ung zu Desinforma­tion in Europa.

"Die Betreiber von Desinforma­tion versuchen, alle Abwehrmech­anismen zu testen", erklärte Alaphilipp­e gegenüber der Presse. Auf diese Weise könnte sie Schwachste­llen der Plattforme­n ermitteln und feststelle­n, wo sie leichter eindringen könnten.

 ?? Bild: TikTok ?? Deepfake mithilfe von Künstliche­r Intelligen­z: Marine Le Pen und ihre erfundene Nichte Marion
Bild: TikTok Deepfake mithilfe von Künstliche­r Intelligen­z: Marine Le Pen und ihre erfundene Nichte Marion

Newspapers in German

Newspapers from Germany