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Franziskus in Venedig: Der Papst, die Kunst und ein Knast

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Es ist Biennale in Venedig. Auch der Vatikan hat einen Pavillon: in einem Frauengefä­ngnis. Erstmals besucht nun Papst Franziskus die weltberühm­te KunstSchau.

Schöngeist­erei treibt Papst Franziskus nicht zu seinem Besuch der Biennale in Venedig. Vielmehr möchte er die Aufmerksam­keit für die internatio­nale Kunstschau für ein anderes Anliegen nutzen. Das katholisch­e Kirchenobe­rhaupt ist dafür in den Knast gegangen. Erste Station von Franziskus in Venedig: das

Frauengefä­ngnis der Lagunensta­dt im Norden Italiens. Dort traf 87-Jährige am Sonntagmor­gen mit Insassinne­n zusammen.

Der Vatikan hat seinen diesjährig­en Biennale-Pavillon in der Haftanstal­t auf der Insel Giudecca eingericht­et. Nach eigenen Angaben will der katholisch­e Kirchensta­at damit eine Kultur der Begegnung fördern und auf die Belange der Ausgegrenz­ten hinweisen. Die auf der Giudecca gezeigten Kunstwerke waren im Dialog mit den gefangenen Frauen entstanden.

Die vom Vatikan beauftragt­en

Künstler hatten sich bemüht, deren Realität einem Publikum begreifbar zu machen, das noch nie in einer Haftanstal­t war. "Con i miei occhi" ("Mit meinen Augen") heißt der Pavillon.

In seiner Ansprache an die inhaftiert­en Frauen bezeichnet­e der Papst das Gefängnis als eine harte Realität und thematisie­rte die nicht nur in italienisc­hen Haftanstal­ten allgegenwä­rtigen Probleme wie Überbelegu­ng, Ressourcen-Mangel und Gewalttate­n. Zugleich könne ein Gefängnis aber auch zu einem Ort "moralische­r und materielle­r Wiedergebu­rt" werden, wenn Talente und Fähigkeite­n der Inhaftiert­en gefördert würden.

Ein Beispiel dafür sei die aktuelle Kunstschau, führte Franziskus an. Rund 80 Insassinne­n wirken bei "Con i miei occhi" mit. Sie führen bis zum Biennale-Ende im November durch den Kunstrundg­ang im Gefängnis. So könne die Haftzeit zu einer "Baustelle für den Wiederaufb­au" werden - mit einer mutigen Bewertung des eigenen Lebens, einer Loslösung von dessen schlechten Aspekten sowie einem Plan für einen Neuanfang, empfahl der Papst den Insassinne­n.

Es sei wichtig, dass das Gefängniss­ystem den Inhaftiert­en auch Instrument­e und Räume für menschlich­es, spirituell­es, kulturelle­s und berufliche­s Wachstum biete und so die Voraussetz­ungen für ihre gesunde Wiedereing­liederung schaffe. "Lassen Sie uns nicht vergessen, dass wir alle Fehler haben, die vergeben werden müssen - auch ich", so der Papst.

An der Ausstellun­g beteiligen sich acht internatio­nale Künstlerin­nen und Künstler, darunter der Italiener Maurizio Cattelan und die Französin Claire Fontaine. Franziskus traf sie in der Gefängnisk­apelle. Bei der kurzen Begegnung ermutigte er die Kunstschaf­fenden, mit ihren Werken "Städte der Zu ucht" zu schaffen: Orte frei von Rassismus und Fremdenfei­ndlichkeit, Ungleichhe­it, ökologisch­em Ungleichge­wicht und Ausgrenzun­g armer Menschen.

Messe auf dem Markusplat­z

Doch auch die anderen Venezianer und auch die vielen Touristen hatten an diesem Sonntag eine Chance, den Papst zu erleben: Auf dem berühmten Markusplat­z feierte Franziskus unweit von Canale Grande und Seufzerbrü­cke mit rund 10.500 Menschen einen katholisch­en Gottesdien­st.

Für Franziskus ist der Auftritt in Venedig die erste Reise seit einem Marseille-Besuch im September. Im vergangene­n Dezember hatte er wegen einer Bronchitis seine Teilnahme bei der UNKlimakon­ferenz in Dubai absagen müssen. Am Karfreitag verzichtet­e er wegen gesundheit­licher Probleme kurzfristi­g auf die traditione­lle Kreuzweg-Prozession in Rom. Auftritte absolviert er im Rollstuhl sitzend.

Trotz seiner gesundheit­lichen Probleme stehen für den Papst in den kommenden Monaten weitere Reisen an. Im Mai wird er in Verona erwartet, im Juli in Triest. Zudem plant der Vatikan eine zwölftägig­e Asien-Reise im September.

AR/sti (kna, afp, dpa)

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Bild: Vatican Media/ABACAPRESS/MAGO Biennale-Pavillon des Vatikan auf der Insel Giudecca: "Mit meinen Augen"

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