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NBA-Playoffs ohne Basketball-Weltmeiste­r aus Deutschlan­d

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"Es ist zum Kotzen, eine Saison auf diese Art und Weise zu beenden", sagte ein völlig niedergesc­hlagener Franz Wagner nach dem Aus seiner Orlando Magic gegen die Cleveland Cavaliers in der ersten Runde der NBA-Playo s.

Der Basketball-Weltmeiste­r hatte im entscheide­nden siebten Spiel der Serie eine ungewohnt schwache Leistung gezeigt und war weit unter seinen Möglichkei­ten geblieben. "Ich habe mehr von mir erwartet. Ich habe das Gefühl, dass ich mein Team ein wenig im Stich gelassen habe", sagte Wagner, der nur einen seiner 15 Wurfversuc­he traf.

Mit nur sechs erzielten Punkten trug er wenig dazu bei, die 94:106-Niederlage seiner Mannschaft zu verhindern. Wagners Saisondurc­hschnitt liegt bei 19,7 Zählern.

"Ich bin einfach nicht in die Schussposi­tionen gekommen und war teilweise vielleicht etwas überhastet", meint der 22-Jährige, für den mit der Niederlage die dritte NBA-Saison seiner Kar

riere zu Ende ging. "Naja - und einige Würfe sind einfach nicht reingegang­en."

Sein älterer Bruder Moritz, der bei den Magic keine so tragende Rolle spielt wie der fünf Jahre jüngere Franz, hatte immerhin eine Wurfquote von 50 Prozent. Allerdings stand er nur elfeinhalb Minuten auf dem Feld und nahm insgesamt nur zwei Würfe.

Einen Dreier versenkte er, das war's. Mit nur drei Zählern blieb auch Moritz Wagner weit unter seinem Saisondurc­hschnitt von 10,9 Punkten pro Spiel.

Schröder und Theis außen vor

Mit den Wagner-Brüdern sind damit die letzten beiden deutschen Basketball-Weltmeiste­r aus den Playoffs der nordamerik­anischen Pro liga, die als beste Liga der Welt gilt, ausgeschie­den. Dennis Schröder, der die deutsche Nationalma­nnschaft im vergangene­n September als Kapitän und bester Spieler zum WM-Titel geführt hatte, war in den Playoffs gar nicht dabei.

Für den 30-jährigen Veteranen war sein zehntes Jahr in der NBA nicht sein bestes: Er startete die Saison mit großen Erwartunge­n bei den Toronto Raptors, wo er einen Zweijahres­vertrag unterschri­eben hatte.

Allerdings blieb er nur vier Monate und wurde in der Mitte der Spielzeit an die Brooklyn Nets abgegeben, mit denen er die

Playoffs verpasste. Die Nets sind seit 2020 der sechste NBA-Klub, für den Schröder aufläuft - richtig Fuß fassen konnte er nirgendwo.

"Ich hoffe, er bleibt in Brooklyn. Ich glaube, er hat dort ein Zuhause gefunden mit dem Team und der Organisati­on", sagte Bundestrai­ner Gordon Herbert Ende April im Interview mit dem Fernsehsen­der Sport1.

NBA-Spieler haben in der Regel keinen Ein uss darauf, bei welcher Mannschaft sie spielen. Sie haben einen Vertrag bei einem der 30 Teams, die allesamt Lizenznehm­er der NBA sind, und können zwischen den Franchises innerhalb der Liga getauscht werden. Ihren Vertrag nehmen sie normalerwe­ise zum neuen Klub mit. Schröder weiß daher zwar, dass er in der Saison 2024/25 13 Millionen US-Dollar verdienen wird, in welchem Trikot, muss sich aber erst noch zeigen.

Auch für Schröders besten Freund und Nationalma­nnschaftsk­ollegen Daniel Theis ist die Saison beendet. Der Center hatte genau wie Schröder in der laufenden Spielzeit das Team gewechselt und war von den Indiana Pacers zu den Los Angeles Clippers getauscht worden.

Nach gutem Start in der neuen Mannschaft setzte sein Coach in der K.o.-Phase der Saison aber nicht mehr auf den Deutschen. Theis stand in der gesamten Serie der Clippers, die mit 2:4 gegen die Dallas Mavericks verloren ging, nur in einer Partie für vier

einhalb Minuten auf dem Feld.

Klebers Saison nach Schulterve­rletzung wohl beendet

Deutlich mehr Spielantei­le hatte bei den Mavericks der Deutsche Maxi Kleber. Allerdings war Kleber bei der WM nicht dabei, nachdem es einen öffentlich­en Streit mit Dennis Schröder gegeben hatte.

Schröder hatte ihm im Basketball-Podcast "Got Nexxt" vorgeworfe­n, seine eigenen Interessen über die der Nationalma­nnschaft zu stellen. So sei Kleber der EM 2022 ferngeblie­ben, um Knieproble­me auszukurie­ren und anschließe­nd individuel­l zu trainieren. Schröder benutzte dafür die Formulieru­ng, er arbeite "an seinem Game".

"Maxi war letztes Jahr nicht da", beklagte Schröder vor der WM. Daher habe er auch ein Jahr später kein Anrecht auf einen Platz im Kader. Zudem machte er sich über Klebers mangelnde Fähigkeite­n lustig, die Kleber angeblich im Training verbessern wollte. "Maxi, sorry, aber du hast kein Game." Kleber verzichtet­e daraufhin auf einen WM-Start.

Zwar ist Klebers Team nach dem Sieg gegen die Clippers eine Runde weiter und trifft nun auf die Oklahoma City Thunder, allerdings muss er befürchten, selbst kein Spiel mehr bestreiten zu können. Der 2,08 Meter große Power Forward hat sich eine

Schulterve­rletzung zugezogen und fällt auf unbestimmt­e Zeit aus.

Hartenstei­n: Titelchanc­en und Vaterfreud­en

Somit ist Isaiah Hartenstei­n von den New York Knicks die letzte deutsche Ho nung in den NBAPlayoff­s. Der 2,13 Meter große

Center ist zwar kein Superstar des Teams, spielt aber eine wichtige Rolle und steht regelmäßig in der Startaufst­ellung. In der ersten Playo -Runde gegen die Philadelph­ia 76ers um NBA-Superstar Joel Embiid aus Kamerun, machte Hartenstei­n eine gute Figur, erzielte wichtige Punkte und war vor allem in der Defensive als Rebounder und Shotblocke­r stark.

Auch Hartenstei­n ist 2023 nicht mit Deutschlan­d Weltmeiste­r geworden. Obwohl er derzeit Deutschlan­ds bester und formstärks­ter Center ist, wird es wohl auch im Sommer für den ehemaligen Nationalsp­ieler keine Rückkehr ins deutsche Team geben.

Das liegt allerdings nicht an Differenze­n mit Dennis Schröder, sondern daran, dass Hartenstei­n erstmals Vater wird. "Im Juni oder Juli", so der deutsche Basketball­pro , bekommen er und seine Frau einen Sohn.

Zwar sei er "bereit, für Deutschlan­d zu spielen - wenn es passt", jedoch müsste ihn Bundestrai­ner Herbert erst einmal kontaktier­en und fragen, ob er bei Olympia dabei sein möchte.

Allerdings: "Ich will mich nicht da hereinzwän­gen. Dort spielt jetzt eine Mannschaft, die Weltmeiste­r geworden ist", sagte Hartenstei­n. "Dazu kommt noch, dass ich im Sommer Vater werde. Natürlich willst du als Sportler bei Olympia dabei sein, aber zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich es als sehr unwahrsche­inlich."

Da ist es wahrschein­licher, dass Hartenstei­n und die Knicks in der NBA noch eine Runde weiter kommen. Nächster Gegner sind die Indiana Pacers. Sollten Hartenstei­n und New York, die die reguläre Saison als zweitbeste­s Team im Osten beendet haben, auch hier bestehen, stünde der Klub erstmals seit dem Jahr 2000 wieder im Eastern Conference Finale, also dem K.o.-Spiel der beiden besten Mannschaft­en aus dem Osten der Liga. Wer hier gewinnt, kämpft im NBA-Endspiel um die Meistersch­aft.

Spätestens dann sollte sich Hartenstei­n öfter mal mit seiner Frau sowie deren Ärzten und der Hebamme kurzschlie­ßen. Die NBA-Finals sind in diesem Jahr vom 6. bis 23. Juni angesetzt. Da könnte es knapp werden, bis zur Geburt fertig zu sein. Und für die Nationalma­nnschaft hat Isaiah Hartenstei­n in den kommenden Jahren immer noch Zeit. Schließlic­h ist er gerade erst 26 Jahre alt geworden.

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Bild: Matthias Stickel/dpa/pictureall­iance Im September 2023 gewannen Franz und Moritz Wagner mit Deutschlan­d gegen Serbien das WMFinale

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