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Die Latte liegt hoch: In Cannes beginnen die 77. Filmfestsp­iele

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Wie in jedem Frühling feiert die Branche in dem südfranzös­ischen Küstenort zwölf Tage lang ein Hochfest der Filmkunst, dieses Mal vom 14. bis 25. Mai. Cannes rollt den roten Teppich aus. Stars vieler Länder reisen an, Regisseure, Produzente­n, Autoren und natürlich - Lieblingsm­otiv der Paparazzi: Schauspiel­erinnen und Schauspiel­er.

Zur Erö nung immert - noch außer Konkurrenz - die Filmkomödi­e "Le deuxième acte" (Festivalti­tel: "The Second Act") von Quentin Dupieux über die Leinwand, ein verzwickte­s Gefühlsdra­ma zwischen vier jungen Leuten. Im Hauptwettb­ewerb dominieren in diesem Jahr französisc­he und amerikanis­che Produktion­en, darunter der Monumental lm "Megalopoli­s" von Francis Ford Coppola. Das futuristis­che

Science-Fiction-Drama mit Anklängen an das Römische Reich handelt von einem Architekte­n, der New York zu einer Utopie machen will.

Rasoulof: Flucht aus dem Iran

Beim Festival von Cannes soll auch der Film "Der Samen der heiligen Feige" von Berlinale-Gewinner Mohammed Rasoulof gezeigt werden. Ein iranisches Berufungsg­ericht hatte den Regisseur und Regimekrit­iker wegen "Verschwöru­ng gegen die nationale Sicherheit" zu einer achtjährig­en Haftstrafe mit Peitschenh­ieben und einer hohen Geldstrafe verurteilt. Am vergangene­n Wochenende ist Rasoulof jedoch die Flucht aus dem Iran gelungen. "Ich musste mich zwischen dem Gefängnis und dem Verlassen Irans entscheide­n. Schweren Herzens habe ich mich für das Exil entschiede­n", so Rasoulof, der sich derzeit an einem unbekannte­n Ort in Europa aufhält. Sein Anwalt Babak Paknia bestätigte der Nachrichte­nagentur AFP, dass Rasoulof am Filmfestiv­al im Cannes teilnehmen werde.

Rasoulof hatte 2020 den Goldenen Bären für seinen Film "Doch das Böse gibt es nicht" verliehen bekommen. Den Preis konnte er nicht entgegenne­hmen, weil er schon damals den Iran nicht verlassen durfte.

Ein Film über Donald Trump

Zu sehen sind auch das neueste Werk von Giorgos Lanthimos ("Kinds of Kindness"), das drei sehr unterschie­dliche Menschen in den USA porträtier­t, und "Emilia Perez" von Jacques Audiard, eine Musical-Komödie über einen mexikanisc­hen Drogenboss, der seine Vergangenh­eit hinter sich lassen und als Frau ein neues Leben beginnen will. Aber auch "The Apprentice", ein Film über die Karriere von Donald Trump im New York der 1980er-Jahre, dürfte einige Aufmerksam­keit auf sich ziehen. Marvel-Superheld Sebastian Stan spielt den späteren US-Präsidente­n, die Oscar-nominierte "Borat"- Entdeckung Maria Bakalova seine Frau Ivana. Regie führt der iranisch-dänische Filmemache­r Ali Abbasi ("Border").

Der ukrainisch­e Filmemache­r Sergei Loznitsa stellt in Cannes seinen neuen Dokumentar lm "Invasion" vor - zehn Jahre nach seinem Dokumentar lm "Maidan", der die ukrainisch­en Proteste zeigte, die zum Sturz des damaligen kremltreue­n Präsidente­n Viktor Janukowits­ch führten. Nun geht es in "Invasion" um den russischen Angri skrieg auf sein Land. Er wolle "zeigen, wie der Krieg das Land verändert", so Loznitsa.

Nur vier Filme von Frauen

Was im Blitzlicht­gewitter von Cannes unterzugeh­en droht: Nur bei vier von insgesamt 22 Wettbewerb­s lmen führten Frauen Regie. Bemerkensw­ert dabei: Die französisc­he Schauspiel­erin Judith Godrèche stellt ihren MeTooKurz lm "Moi aussi" vor, in dem sie von Opfern sexueller Gewalt erzählt.

Deutsche Filme wurden in diesem Jahr gar nicht eingeladen. Und erstmals gibt es in Cannes auch einen Wettbewerb für sogenannte "immersive" Werke. Sie nutzen Technologi­en wie virtuelle oder erweiterte Realität, ermöglicht wiederum durch den Einsatz

Künstliche­r Intelligen­z (KI). Der Streit über die Folgen von KI-Nutzung hatte im vergangene­n Jahr zu hartenArbe­itskämpfen in der US-Filmindust­rie geführt, die über Monate blockiert war.

Streiks der Filmarbeit­enden drohen

Auch in Cannes könnte es nun zu einem Streik kommen. Die Vereinigun­g "Sous les écrans la dèche" (Unter den Leinwänden ist Ebbe) droht mit einer emp ndlichen Störung des Festivalbe­triebs. Der Zusammensc­hluss von Filmvorfüh­rern, Programmge­staltern, Ticketverk­äufern und Gästebetre­uern beklagt die zunehmende Prekarisie­rung der lmnahen Berufe. Sie prangert auch die jüngsten Reformen der französisc­hen Arbeitslos­enversiche­rung an.

Die 77. Ausgabe des Festivals dürfte der große Auftritt von Meryl Streep werden. Die amerikanis­che Schauspiel­erin wird gleich zu Beginn mit der Goldenen Ehrenpalme für ihr Lebenswerk ausgezeich­net. Mit über 60 Filmen hat sie bald ein halbes Jahrhunder­t Filmgeschi­chte geprägt. In Filmen wie "Kramer gegen Kramer", "Jenseits von Afrika" oder "Der Teufel trägt Prada" erlangte Meryl Streep den Nimbus einer Leinwandik­one. Die heute 74-Jährige erhielt drei Oscars und 21 Nominierun­gen. Neben ihr wird auch "Star Wars"-Er nder George Lucas, der in Cannes auch seinen 80. Geburtstag feiern wird, mit einer Goldenen Ehrenpalme geehrt. Eine weitere Goldene Palme geht an das japanische Animations­studio Ghlibli.

Vorsitzend­e der Festival-Jury

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Bild: Crystal Pictures/xim.gs/picture alliance Der iranische Filmemache­r Mohammad Rasoulof

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