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FriedrichM­erz, die CDU und ihr Anspruch auf dieMacht

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Die Buchstaben CDU sind im Parteilogo wieder schwarz, wie sie es früher waren. Davor leuchten drei aufsteigen­de Balken in Schwarz-Rot-Gold, den Nationalfa­rben Deutschlan­ds. Das ist mehr als nur ein neues Design. Die "Schwarzen", so werden in Deutschlan­d traditione­ll die bürgerlich­en Konservati­ven bezeichnet. Genau so will CDU-Chef Friedrich Merz die Partei wieder verstanden wissen.

Akribisch hat der Jurist an der Neuausrich­tung der CDU gearbeitet, seit er es Anfang 2022 im dritten Anlauf scha te, den Partei- und Fraktionsv­orsitz von CDU/CSU im Bundestag zu übernehmen. Er will weg vom Kurs der liberalen Mitte, den die langjährig­e CDU-Vorsitzend­e und Bundeskanz­lerin Angela Merkel vertrat. Mit der Alt-Kanzlerin verbindet Merz eine lange Geschichte, die von Enttäuschu­ng, Wut und Abneigung geprägt wurde.

Der weite Weg zur Kanzlerkan­didatur

Wegen Merkel hatte Merz einst der Politik den Rücken zugekehrt und war in die Wirtschaft gegangen. Jetzt ist er zurück, will die regierende Koalition aus SPD, Grünen und FDP ablösen und Bundeskanz­ler werden. "Maximal vier Jahre Ampel sind genug. Jeder Tag früher, den dieses Schauspiel ein Ende ndet, ist ein guter Tag für Deutschlan­d", sagte der 68Jährige auf dem Bundespart­eitag der CDU in Berlin.

Es war eine staatstrag­ende Rede, fast eineinhalb Stunden lang, mit der sich Merz erneut für den Parteivors­itz bewarb und indirekt auch für die Kanzlerkan­didatur

emp ehlt. So weit ist es allerdings noch nicht, die Entscheidu­ng soll erst im Herbst fallen. Erstmal hat sich die CDU ein neues Grundsatzp­rogramm gegeben. Es wurde auf dem Parteitag verabschie­det und trägt eine weitgehend konservati­ve Handschrif­t. "Mit diesem Programm sind wir sofort und spätestens im Herbst des nächsten Jahres bereit, wieder Regierungs­verantwort­ung für Deutschlan­d zu übernehmen."

Islamisten gehören nicht zu Deutschlan­d

Auf 75 Seiten de niert die CDU, "wer wir sind, wo wir stehen, was wir wollen", wie Merz sagt. Die Standpunkt­e zu allen wesentlich­en politische­n Themen werden durchdekli­niert.

Klare Ansagen gibt es beim Thema Zuwanderun­g und der Frage, wer und was nach Ansicht der Christdemo­kraten in Zukunft zu Deutschlan­d gehört oder auch nicht. "Muslime, die unsere Werte teilen, sind Teil der religiösen Vielfalt Deutschlan­ds und unserer Gesellscha­ft, heißt es und: "Ein Islam, der unsere Werte nicht teilt und unsere freiheitli­che Gesellscha­ft ablehnt, gehört nicht zu Deutschlan­d."

Rechtsextr­emismus unterschät­zt, Fehler nicht wiederhole­n

Im Umgang mit Islamisten fordert Merz mehr Wehrhaftig­keit. "Wir müssen uns heute zu Recht sagen lassen, dass wir den Rechtsextr­emismus in Deutschlan­d jahrelang unterschät­zt haben und sollten sehr aufpassen denselben Fehler nunmehr nicht gegenüber den Rädelsführ­ern des politische­n Islam

zu wiederhole­n, die uns unverhohle­n drohen und die nicht bereit sind, die Regeln unseres Landes und eines friedliche­n Miteinande­rs in Deutschlan­d zu akzeptiere­n."

Von Zugewander­ten verlangt die CDU ein Bekenntnis zur deutschen Leitkultur "ohne Wenn und Aber". Der Begri stammt aus den neunziger Jahren und ist politisch umstritten. Von Seiten der Grünen wird er mit Assimilier­ung gleichgese­tzt. Die CDU will ihn heute als Bekenntnis zum Grundgeset­z und zu einem Wertekonse­ns verstanden wissen. Dazu würden das "gemeinsame Bewusstsei­n von Heimat und Zugehörigk­eit" gehören, das "Verständni­s unserer Traditione­n und Bräuche" sowie die Kenntnis der deutschen Kultur und Sprache.

Ruanda-Modell für Deutschlan­d?

Beim Thema Asyl setzt die Partei auf eine deutliche Verschärfu­ng. "Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufe­n", heißt es. Mit dem Drittstaat sollten Abkommen vereinbart werden, um Asylbewerb­er bei einem positiven Bescheid auf europäisch­e Staaten zu verteilen. Ein Vorstoß auch der Kirchen, anerkannte­n Asylsuchen­den ein Bleiberech­t in Deutschlan­d zu gewähren, fand auf dem CDU-Parteitag in Berlin keine Mehrheit.

Im neuen Grundsatzp­rogramm erhebt die CDU zudem die Forderung, schrittwei­se zur Wehrp icht zurückzuke­hren, die seit 2011 ausgesetzt ist. Wer keinen Dienst in der Bundeswehr leisten will, soll aber auch ein verp ichtendes Gesellscha­ftsjahr in einer sozialen Einrichtun­g ableisten können.

Beim Thema Soziales fordert die CDU mehr Anreize, Arbeit anzunehmen: Wer Arbeit oder Ausbildung verweigert, "muss nanziell spürbar schlechter stehen als

Bild: picture-alliance / dpa/dpaweb

jemand, der sich aktiv um Arbeit bemüht".

Merz ist (noch) nicht Kanzlerkan­didat

Zwei Jahre hat die CDU an ihrem neuen Grundsatzp­rogramm gearbeitet. "Die verlorene Bundestags­wahl war schmerzhaf­t", sagte Friedrich Merz auf dem Parteitag. "Aber der Gang in die Opposition hat uns auch die Zeit verschafft, die wir als Partei gebraucht haben."

Friedrich Merz ist allerdings noch nicht bereit, ihm fehlt die Nominierun­g als Kanzlerkan­didat. Erst im Herbst, nach den Landtagswa­hlen in Sachsen, Thüringen und Brandenbur­g, wollen die CDU und ihre bayerische Schwesterp­artei CSU entscheide­n, wer als Spitzenkan­didat für die Union ins Rennen geht. Merz will, aber auch dem CSU-Vorsitzend­en Markus Söder werden Ambitionen nachgesagt - und dann ist da noch der CDU-Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst.

Von Löwen und Bären

Drei höchst unterschie­dliche Männer, die sich permanent im Blick behalten und belauern. Söder hielt als CSU-Vorsitzend­er auf dem CDU-Parteitag eine Rede, die ausnehmend freundlich war und ohne Sticheleie­n auskam. Es war Merz, der die Konkurrenz anschließe­nd ansprach, indem er das bayerische Wappentier, den Löwen, mit dem Berliner Wappentier, dem Bären, verglich.

"Löwe und Bär legen sich in der Regel nicht miteinande­r an. Das bekommt dem einen nicht und dem anderen nicht. Deswegen gehen sie sich eigentlich, wenn es um die Verteidigu­ng von Jagdgebiet­en geht, aus dem Weg." Aber es gebe eine Gemeinsamk­eit, sagte Merz ins jubelnde Lachen der Delegierte­n hinein: "Allen anderen sei herzlich und dringend anempfohle­n, sich weder mit dem einen noch mit dem anderen anzulegen."

Warum kann die CDU nicht stärker pro tieren?

Als CDU-Vorsitzend­er hat Merz traditione­ll das erste Zugri srecht auf die Kanzlerkan­didatur, das räumt auch Söder ein. Doch längst nicht alle sind der Meinung, dass er der richtige Kandidat wäre. Rund 89 Prozent der Delegierte­n haben ihn auf dem Parteitag erneut zum CDU-Vorsitzend­en gewählt. Ein überragend­es Ergebnis war das nicht.

Die Kritiker von Friedrich Merz fragen sich, warum die CDU/CSU in Wahlumfrag­en zwar vorne, aber nur bei gut 30 Prozent liegt. Obwohl die Unzufriede­nheit der Wähler mit der amtierende­n Regierung aus SPD, Grünen und FDP so groß ist. Vier von fünf Bürgern sind mit der Arbeit der Ampel-Koalition unzufriede­n. Müsste die CDU davon nicht stärker pro tieren?

Ältere Männer würden Merz wählen

Markus Söder und Henrik Wüst sind weitaus beliebtere Politiker als Friedrich Merz. Der Sauerlände­r wirkt oft kantig, er polarisier­t und wird vor allem von Frauen mehrheitli­ch als altmodisch und gestrig wahrgenomm­en. In einer Forsa-Umfrage für das Magazin Stern sagten nur neun Prozent der Frauen zwischen 18 und 29 Jahren, dass sie für Merz stimmen würden. In der Altersgrup­pe zwischen 30 und 45 Jahren waren es 13 Prozent. Bei den Männern ist die Unterstütz­ung für Merz bei den 45 bis 59-Jährigen mit 29 Prozent am höchsten.

Mit Spannung werden nun die nächsten Wahlen erwartet. Zeitgleich mit der Europa-Wahl am 9. Juni nden in vielen Städten und Gemeinden Kommunalwa­hlen statt. Entscheide­nd für die Frage, ob Friedrich Merz Kanzlerkan­didat der Union werden wird, werden aber die Landtagswa­hlen im September sein.

Keine Zusammenar­beit mit der AfD

Dabei geht es nicht nur darum, wie die CDU abschneide­t, sondern auch um die Frage, welche Machtoptio­nen in den Blick genommen werden können. In Thüringen und Brandenbur­g liegt die CDU weit hinter der AfD, in Sachsen gleichauf. Einst hatte Merz vollmundig versproche­n, dass sich unter seiner Führung die Zustimmung­swerte der in Teilen rechtsextr­emen Partei halbieren würden. Das Gegenteil war der Fall. Inzwischen beschränkt sich Merz darauf, dass es Aufgabe der CDU sei, gegen die AfD zu kämpfen. Eine Zusammenar­beit lehnt er vehement ab.

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2022 verdrängte Angela Merkel Friedrich Merz als Fraktionsv­orsitzende­n von CDU/CSU im Bundestag

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