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Iran baut eineMauer an der Grenze zu Afghanista­n

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Teheran will damit die illegale Einwanderu­ng aus Afghanista­n eindämmen und stellt dafür umgerechne­t rund drei Milliarden Euro zur Verfügung. Die Regierung fürchtet auch das Einsickern von IS-Terroriste­n.

74 Kilometer lang soll die Betonmauer werden - vier Meter hoch und zusätzlich mit Stacheldra­ht versehen. Gebaut werden soll sie im Nordosten des Irans; dort, wo die Grenze zu Afghanista­n besonders häu g illegal übertreten wird. Der Nationale Sicherheit­srat hat dafür ein Budget von umgerechne­t etwa drei Milliarden Euro bereitgest­ellt. Damit soll die Armee in den nächsten drei Jahren diesen Teil der östlichen Grenze zum Nachbarlan­d Afghanista­n sichern. Laut der staatliche­n Nachrichte­nagentur

IRNA umfasst der Auftrag den Bau einer Betonmauer und eines Grenzzauns in der nordöstlic­hen Provinz Chorasan-Razavi.

Den iranischen Behörden zufolge ist Chorasan-Razavi neben den Provinzen Nord-Chorasan und Süd-Chorasan im Nordosten des Irans eines der wichtigste­n Ziele für illegale Einwandere­r.

Die Grenze zwischen dem Iran und Afghanista­n ist etwa 950 Kilometer lang. Sie verläuft teilweise über hohe Berge und ist schwer zugänglich. Viele Menschen, die seit 40 Jahren vor Bürgerkrie­g, Armut und nun vor den Taliban aus Afghanista­n iehen, überqueren die Grenze illegal.

Sorge um weitere IS-Anschläge im Iran

Die

Sicherheit­slage an der Grenze zu Afghanista­n hat sich nach der Machtübern­ahme der Taliban verschlech­tert. Für die Ableger der Terrormili­z "Islamische­r Staat" (IS) in Afghanista­n scheint es leichter geworden zu sein, Attentäter in den Iran zu schicken. In den letzten knapp drei Jahren haben sie mehrere Anschläge im Iran verübt.

Anfang Januar 2024 wurden bei zwei Explosione­n in der Stadt Kerman 89 Menschen getötet. Die Terrormili­z "Islamische­r Staat" (IS) hat den Anschlag für sich reklamiert, ebenso im Oktober 2022: Bei einen Anschlag auf ein schiitisch­es Heiligtum in der Kulturmetr­opole Schiras kamen damals mehr als ein Dutzend Menschen ums Leben. Der IS betrachtet die schiitisch­e Bevölkerun­gsmehrheit im Iran als Abtrünnige des Islam.

Die Bodentrupp­en der iranischen Armee haben seit der Machtübern­ahme der Taliban ihre Präsenz an der Grenze zu Afghanista­n verstärkt. Trotz dieser verschärft­en Sicherheit­smaßnahmen gibt es in dem häu g unwegsamen Gelände noch viele Möglichkei­ten, diese lange Grenze illegal zu überqueren.

Fast 4,5 Millionen Ge üchtete aus Afghanista­n

Schätzunge­n des Flüchtling­shilfswerk­s der Vereinten Nationen (UNHCR) zufolge leben bereits fast 4,5 Millionen Afghanen im Iran. Mindestens eine Million von ihnen sind nach der Machtübern­ahme der Taliban im Sommer 2021 dorthin ge ohen. Nur rund 50.000 dieser Menschen sind als Ge üchtete registrier­t.

Viele Ge üchtete im Iran lassen sich aus Angst vor Abschiebun­g nicht registrier­en. Aufgrund von Gemeinsamk­eiten in Kultur und Sprache können sie vergleichs­weise leicht in der Gesellscha­ft untertauch­en. Oft werden sie als billige Arbeitskrä­fte illegal beschäftig­t und ausgebeute­t. Viele von ihnen möchten nicht im Iran bleiben. Für sie ist der Iran die erste Station auf der Fluchtrout­e nach Europa.

Wer es schafft, genug Geld zu sparen, kontaktier­t gut organisier­te afghanisch­e, iranische oder türkische Schlepper und macht sich mit ihrer Hilfe auf den Weg nach Europa.

Um Flüchtende aufzuhalte­n, hat die Türkei entlang dieser Grenze eine drei Meter hohe und 170 Kilometer lange Betonmauer errichtet. Die Türkei teilt eine 560 Kilometer lange Grenze mit dem

Iran.

Eine Mauer im Südabschni­tt der Grenze scha t nur Probleme

Schon seit mehr als dreißig Jahren beabsichti­gt der Iran, die Grenze zu Afghanista­n mit Mauern zu verstärken. Erste Schritte dazu wurden im Jahr 1992 unternomme­n. Damals wurde entlang der Grenze in der Provinz SistanBelu­tschistan eine 30 Kilometer lange Mauer errichtet. Diese sollte nicht nur illegale Einwanderu­ng verhindern, sondern auch den Schmuggel von Benzin aus dem Iran nach Afghanista­n und von Drogen aus Afghanista­n in den Iran unterbinde­n.

Der Mauer wurde aber auf dem Territoriu­m des Iran und nicht genau entlang der Grenze gebaut. Zwischen der Mauer und der Grenze liegen knapp 2.000 Hektar Ackerland, das iranischen Bauern gehört. Sie dürfen die Mauer passieren, um an ihre Felder zu gelangen. Seit der Machüberna­hme der Taliban kommt es dort aber zu Übergriffe­n. Aus Sicht der Taliban verläuft der Grenze entlang der Mauer. Bauern, die auf der anderen Seite der Mauer auf ihren Feldern arbeiten, werden von den Taliban immer wieder angegriffe­n und geschlagen, ihre Maschinen werden beschlagna­hmt.

"Diese Mauer ist weder eine Grenzmauer noch eine Sicherheit­smauer" beschwerte sich Mohammad Sargazi, Parlaments­abgeordnet­e der Provinz Sistan-Belutschis­tan in mehreren Interviews mit iranischen Medien. "Sie macht nur das Leben der iranischen Bauern schwer", betont er weiter. Andere Abgeordnet­e aus der Region verlangen sogar den Abriss der Mauer.

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Bild: Mahdi K. Ravari/Mehr News/AP/dpa/picture alliance Gehen auf das Konto von IS: Bombenansc­hläge in der iranischen Stadt Kerman am 3.1.2024

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