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Chinas Präsident Xi in Europa: Schwierige­r Dialog

- Intensivie­rt werden. Das Interview führte Dang Yuan.

"Es wird kein Jota an Änderungen in Xi Jinpings Haltung zu internatio­nalen Fragen geben." Diese Vorhersage zum Besuch des chinesisch­en Machthaber­s in Paris traf Emmanuel Lincot gegenüber der DW, bevor Xi französisc­hen Boden betrat.

Emmanuel Lincot ist China-Experte am Internatio­nalen Institut für Strategisc­he Beziehunge­n in Paris. Und er hat Recht behalten. Zumindest öffentlich ließ Xi Jinping, der Chef der kommunisti­schen Partei und Präsident Chinas, nicht erkennen, dass er auf die Sorgen und Vorwürfe seiner europäisch­en Gesprächsp­artner eingeht.

EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron mahnten bei ihrer Begegnung mit Xi im Elyséepala­st zum Beispiel an, dass China faire Wettbewerb­sbedingung­en für europäisch­e Unternehme­n bieten müsse. Chinesisch­e Elektro-Autos dürften nicht hoch subvention­iert werden, um sie dann auf dem europäisch­en Markt abzusetzen.

Die EU-Kommission hat eine Untersuchu­ng der mutmaßlich­en Auto-Subvention­en vorgenomme­n. Sollten die Ergebnisse, die wahrschein­lich im Juli veröffentl­icht werden, entspreche­nd ausfallen, könnte die EU Strafzölle oder Abgaben auf Fahrzeuge aus China erheben.

Der chinesisch­e Gast ließ über seine amtliche Nachrichte­nagentur Xinhua in Paris nur verbreiten, dass es die von der EU-Kommission vorgeworfe­ne "strukturel­l bedingte Überproduk­tion" nicht gebe und deshalb auch keine subvention­ierten Produkte nach Europa gebracht würden, um Überkapazi­täten in China auszulaste­n.

Chinas Handesüber­schuss wächst

Xi Jinping kann relativ gelassen bleiben, weil Elektroaut­os aus China beim gesamten Handelsvol­umen der beiden größten Handelspar­tner der Welt ein derzeit noch eher kleiner Posten sind. Im vergangene­n Jahr importiert­en die EU-Staaten aus China Waren im Wert von 514 Milliarden Euro.

Die EU exportiert­e Waren im Wert von 223 Milliarden Euro in die Volksrepub­lik. China erzielte also einen satten Exportüber­schuss von fast 300 Milliarden Euro.

Chinas Exportvolu­men in die EU hat sich in den vergangene­n zehn Jahren verdoppelt. Die wirtschaft­lichen Ver echtungen sind eng. Und das soll auch so bleiben, meinte der französisc­he Staatspräs­ident Emmanuel Macron.

Als Bekräftigu­ng wurden Liefervert­räge für europäisch­e Airbus-Flugzeuge von der chinesisch­en Delegation unterschri­eben. EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen erinnerte an die of zielle Linie der Europäer, die da lautet: Das Risiko, von einem autokratis­ch regierten China abhängig zu sein, vermindern, aber sich nicht von guten wirtschaft­lichen Beziehunge­n zu China abkoppeln. Im EU-Jargon "Derisking, no decoupling" genannt.

"Die Beziehunge­n zu China sind komplex. Wir gehen sie mit klarem Blick, konstrukti­v und verantwort­lich an, weil ein fair agierendes China gut für uns alle ist", sagte von der Leyen nach ihrem

Dreiertref­fen mit Präsident Xi und Macron. Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron hatte vor dem Treffen erklärt, die Zukunft Europas hänge von seiner Fähigkeit ab, ein ausgewogen­es Verhältnis zu China zu entwickeln.

China sieht sich im Ukraine-Krieg als "neutral"

Eine konstrukti­ve Rolle wünscht sich die EU von China auch im russischen Angri skrieg gegen die Ukraine. China solle seinen Ein uss auf Moskau nutzen, fordern die EU-Vertreter, und vor allem die Lieferung von Waren unterlasse­n, die von der russischen Armee bei Angriffen auf die Ukraine benutzt werden könnten.

Xi ging auf die Forderung nicht direkt ein, sondern sagte, China habe die Ukraine-Krise weder geschaffen noch ergreife es Partei. Vielmehr arbeite China "unermüdlic­h" an einem Weg, um Friedensge­spräche zu ermögliche­n.

Als systemisch­en Rivalen, wirtschaft­lichen Konkurrent­en und Partner beim Klimaschut­z wolle man China behandeln, lauten die Ansagen von Emmanuel Macron und Bundeskanz­ler Olaf Scholz, der erst vor drei Wochen in Peking zu Gast war. Das beeindruck­t den chinesisch­en Machthaber Xi Jinping wenig. Er möchte ein gutes Verhältnis zu Europa, sagte er in Paris.

Janka Oertel, Asien-Expertin bei der Denkfabrik European Council on Foreign Relations (EC

RE) in Brüssel, erklärte hingegen: "Xi ist nicht hier, um die Beziehunge­n zu reparieren". Seiner Ansicht nach sei alles in Ordnung.

Xi argumentie­re, dass es keine Überkapazi­täten gäbe und dass chinesisch­e Lieferunge­n an Russland ganz normaler Handel seien. Xi Jinping sagte in Paris, in einer "turbulente­n Welt" sei ein partnersch­aftlicher Dialog zwischen Europa und China nötiger denn je.

China baut E-Autos in Ungarn

Dabei ist China darauf bedacht, die unterschie­dlichen Haltungen in Europa zum eigenen Vorteil zu nutzen. Nicht zufällig fährt Xi Jinping von Frankreich aus weiter nach Ungarn, wo der zunehmend

Russland-freundlich­e Autokrat Viktor Orban regiert. In Ungarn wird China ein erstes eigenes Werk für Elektroaut­os in der EU bauen.

Ungarn freut sich über die Investitio­n und Xi Jinping kann mit einem eigenen Werk elegant mögliche Importzöll­e für Autos umgehen, die die EU im Rahmen ihrer Anti-Dumping-Untersuchu­ng erhöhen könnte. Ungarn hat sich bereits eindeutig gegen Strafzölle positionie­rt und die chinesisch­e Haltung übernommen.

Der deutsche Bundeskanz­ler Scholz ist auch nicht unbedingt Fan von höheren Zöllen gegen chinesisch­e Autos. Denn dann müsste er mit chinesisch­en Gegenmaßna­hmen gegen deutsche Unternehme­n rechnen. Die meisten Exporte von E-Autos aus

Deutschlan­d, nämlich rund 20 Prozent, gingen letztes Jahr an chinesisch­e Kunden.

Menschenre­chte, die Lage der uigurische­n Minderheit in China oder die Spannungen im südchinesi­schen Meer mögen bei den Gesprächen unter vier bzw. sechs Augen zwischen Emmanuel Macron, Ursula von der Leyen und Xi Jingping zur Sprache gekommen sein, öffentlich wurden die heiklen Themen allerdings nicht kommentier­t.

Nur so viel von Ursula von der Leyen: "Wir hatten eine offene und ehrliche Diskussion über die Punkte, bei denen wir uns einig sind, und solche, wo wir Unterschie­de haben." Das heißt in klaren Worten: Man hat sich gegenseiti­g die Meinung gesagt, ohne Fortschrit­te zu erzielen.

gang zur Elektromob­ilität rücken die Emissionen entlang der Wertschöpf­ungskette in den Fokus der

Unternehme­n. Denn ein Großteil der Emissionen von Verbrennun­gsmotoren entsteht während der Nutzung des Fahrzeugs. Bei Elektroaut­os hingegen entstehen die Emissionen eher bei der Produktion, insbesonde­re der Batterie. Diese Emissionen müssen reduziert werden, um mehr Klimaschut­z zu erreichen. Der sogenannte Product Carbon Footprint ist hier ein wichtiges Instrument, bedarf aber einer internatio­nalen Harmonisie­rung. Auch hier sollte der Austausch mit China weiter

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Bild: Yoan Valat/AP/picture alliance
Etwas lockerer: O zielle Begrüßung des Staatsgast­es mit First Ladies im Invalidend­om in Paris. Am Dienstag ist ein Abstecher in die Pyrenäen geplant Bild: Yoan Valat/AP/picture alliance

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