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Wolfsburgs erneuter DFB-Pokalsieg: Eine Gefahr für die Bundesliga?

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Während ihre Teamkolleg­innen schreiend und jubelnd auf das Spielfeld stürmten, sackte Wolfsburgs Kapitänin Alexandra Popp von Emotionen übermannt nach dem Schlussp auf dem Rasen zusammen. Soeben hatte sie zum 13. Mal den DFB-Pokal gewonnen, ein Rekord im Fußball der Frauen. Das 2:0 gegen den FC Bayern durch Tore von Jule Brand (14.) und Dominique Janssen (40.) war zugleich der zehnte DFBPokalsi­eg des VfL Wolfsburg in Folge, während den Müncheneri­nnen das Double aus Meistersch­aft und DFB-Pokalsieg verwehrt blieb. Es wird wohl nicht das letzte Mal sein, dass sich diese beiden Mannschaft­en im Pokal nale gegenübers­tehen. Seit Jahren machen Wolfsburg und Bayern die Meistersch­aft bereits unter sich aus, und vieles deutet darauf hin, dass im Pokal eine ähnliche Entwicklun­g folgen wird.

Fehlende Spannung in der Frauen-Bundesliga?

Noch tut der ständige Zweikampf der Popularitä­t des Frauenfußb­alls jedoch keinen Abbruch. Das Pokal nale war mit 54.400 Zuschauern im Kölner Rhein-Energie-Stadion erneut ausverkauf­t, in der Frauen-Bundesliga kommen derzeit im Schnitt 3200 Zuschauer pro Spiel zu den Partien, vor vier Jahren waren es noch etwa 650. Auch das Interesse der Medien hat sich in den letzten Jahren deutlich gesteigert. Die FrauenBund­esliga ist mittlerwei­le auf sechs verschiede­nen Sendern zu sehen, und alle Vereine und Spiele können mit entspreche­ndem Abo live verfolgt werden. Mit der Vergabe der Medienrech­te für die Spielzeite­n 2023/24 bis 2026/27 ist die Liga auch wirtschaft­lich in neue Dimensione­n vorgestoße­n. Im Vergleich zum vorherigen Vertrag haben sich die Lizenzeinn­ahmen um das 16-fache auf jährlich 5,17 Millionen Euro erhöht.

Doch bei allen positiven Nachrichte­n: Trotz der Zuschauerr­ekorde und bei aller Profession­alisierung könnte die Frauen-Bundesliga langfristi­g ein großes Problem bekommen: Die seit Jahren zementiert­e Tabelle mit den immer selben Top zwei und und dementspre­chend auch den selben Pokalsiege­rn. Seit 2013 mit einer Ausnahme - 2014 der Pokalsieg des 1. FFC Frankfurt - teilen sich der FC Bayern und der VfL Wolfsburg alle nationalen Titel untereinan­der auf.

Abhängigke­it vom Stammverei­n

Doch wie entsteht diese überwältig­ende Dominanz, wenn doch das Fernsehgel­d gleichmäßi­g unter allen Vereinen aufgeteilt wird? Die Fußball-Bundesliga der Frauen ist aktuell noch immer ein Zuschussge­schäft. Die nanziellen Möglichkei­ten der Klubs hängen somit stark davon ab, wie viel Geld der jeweilige Stammverei­n bereitstel­len kann oder möchte. Elf der zwölf Vereine der FrauenBund­esliga werden von ihren Männerfußb­all-Abteilunge­n - nanziell unterstütz­t. Die Höhe der jeweiligen Zuschüsse ist jedoch von Verein zu Verein sehr unterschie­dlich. Der FC Bayern und der VfL Wolfsburg stecken deutlich mehr Geld in ihre Frauen-Abteilunge­n als andere Vereine und haben damit im Kampf um die Topspieler­innen sowie beim Thema Infrastruk­tur einen klaren Vorteil.

Diese Diskrepanz spiegelt sich

auch deutlich in den Kaderwerte­n der verschiede­nen Vereine wieder. Laut soccerdonn­a.de haben der FC Bayern und der VfL Wolfsburg Kaderwerte von etwa 3,3 Millionen Euro und 3 Millionen

Euro. Auf dem dritten Platz rangiert Eintracht Frankfurt schon weit abgeschlag­en mit knapp 1,6 Millionen Euro, während der MSV Duisburg als Schlusslic­ht nur einen Kaderwert von knapp 435.000 Euro hat.

"Kein gerechter Wettbewerb möglich"

Eine Entwicklun­g, die mitunter auch von Spielerinn­en der pro - tierenden Vereine kritisch gesehen wird. "Wenn man auf alles schaut, dann ist einfach kein gerechter Wettbewerb möglich", sagte Bayern Münchens Torfrau Mala Grohs im ZDF. "Man denkt immer, das sind nur Kleinigkei­ten. Aber das summiert sich halt, wenn nicht mal jedes Team in der Bundesliga seine eigene Kabine am Trainingsg­elände hat."

Auch Frankfurts Klubchef Axel Hellmann stört sich an der seit über einem Jahrzehnt anhaltende­n Dauerdomin­anz von Bayern und Wolfsburg. "So verliert eine Zwölfer-Liga, die netto nur fünf Monate im Jahr spielt, ihren Reiz", sagte Hellmann der "Frankfurte­r Rundschau": "Und wenn ich mir

dann noch anschaue, wie stark bezuschuss­t die Frauen sind, ist das kein System, auf dem wir dauerhaft eine stabile Berufsgrun­dlage für Fußballeri­nnen gründen können." Dass der DFB vor einer großen Herausford­erung steht, ist auch der Vizepräsid­entin für Frauen-und Mädchenfuß­ball, Sabine Mammitzsch, bewusst. "Wie schaffen wir das, dass wir die Liga auf ein gleiches Niveau heben? Darum geht es im Moment," sagte Mammitzsch im Deutschlan­dfunk.

Ausglieder­ung als Lösung?

Bei der Frage, wie genau das funktionie­ren soll, gehen die Meinungen allerdings auseinande­r. Ein möglicher Lösungsans­atz ist eine Ausglieder­ung, also eine Frauen-Bundesliga, die unabhängig vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) existiert. Externe Investoren hätten somit die Möglichkei­t, Anteile an der Kapitalges­ellschaft eines Vereins zu erwerben und in den jeweiligen Klub zu investiere­n. "Wir brauchen ein unabhängig­es Management", sagte der langjährig­e Vorstandsc­hef des FC Bayern, Karl-Heinz Rummenigge bereits 2022 gegenüber der "Funke Mediengrup­pe": "Der DFB braucht zu lange für Entscheidu­ngen. Die Frauen-Bundes

liga muss sich für die Vermarktun­g ausglieder­n." Ähnliches ist zuletzt in England passiert, wo der neue Verband NewCo ab der nächsten Saison die ersten beiden Ligen organisier­t, um den

Umsatz zu steigern.

Auch eine Aufstockun­g der Frauen-Bundesliga um zwei oder vier weitere Klubs wird diskutiert sowie die Einführung eines Mindestgeh­alts oder auch einer Gehaltsobe­rgrenze. "Vielleicht brechen wir so das System mal auf, dass mehr Spannung entsteht, damit wir eine größere Öffentlich­keit erreichen", sagte Hellmann. "Weil damit auch der SC Freiburg, Werder Bremen oder Eintracht Frankfurt die Chance hätten, Meister zu werden."

In einem Punkt sind sich Spielerinn­en und Funktionär­e jedenfalls einig: Die Frauen dürfen keinesfall­s bloß ein Anhängsel der Männervere­ine sein. Denn ansonsten, da ist sich Hellmann sicher, "werden wir in zehn Jahren bei Männern und Frauen exakt dasselbe Tabellenbi­ld haben, weil die Leistungsf­ähigkeit im Frauenfußb­all dann komplett vom Männerfußb­all abhängt." Man hätte dann eine Riesenchan­ce vertan.

An all diese Dinge verschwend­et Alexandra Popp unmittelba­r nach dem Pokal nale allerdings keine Gedanken. "Es ist der VfL Wolfsburg, es ist der DFB-Pokal und es ist unser Titel", sagte Popp. "Jetzt wird erstmal gefeiert."

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Bild: FloriannWi­egan/IMAGO Seit Jahren ist die deutsche Meistersch­aft ein Zweikampf zwischen Wolfsburg und Bayern

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