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Ursula von der Leyen auf demWeg zur zweiten Amtszeit

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Eine kleine Gruppe Demonstrie­render erwartet Ursula von der Leyen vor einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng in Rom. "Freiheit für Palästina! Stoppt den Völkermord!" skandieren sie, als die Limousine mit der EU-Kommission­sche n vorfährt. Sie werfen von der Leyen vor, einseitig Partei für Israel zu ergreifen.

Im Oktober 2023 war sie nach Tel Aviv gereist - als Präsidenti­n der Europäisch­en Kommission, der Exekutive der Europäisch­en Union. Sie wollte Israel nach dem Angri der Hamas die uneingesch­ränkte Unterstütz­ung der EU zusichern. Nach ihrem Besuch kritisiert­en einige Mitgliedss­taaten und EU-Diplomaten, sie habe nicht die Werte der EU als Ganzes vertreten.

In dem Veranstalt­ungsraum in Rom begrüßt sie eine freundlich­er gesinnte Menge mit Applaus. Viele der hier versammelt­en jungen Menschen, die meisten von ihnen Männer, tragen blaue Anzüge und sind Mitglieder oder Anhänger der Forza Italia.

Was macht eine starke Führungspe­rsönlichke­it aus?

Forza Italia zählt zum MitteRecht­s-Bündnis in der EU, das von der Leyen zu ihrer Spitzenkan­didatin für die Europawahl­en Anfang Juni gemacht hat. Während der Veranstalt­ung erzählt von der Leyen, dass sie sich weiterhin für ein stärkeres und wohlhabend­eres Europa einsetzen wolle.

Eine der wenigen Frauen im Publikum möchte wissen, was eine Frau brauche, um eine starke Führungspe­rsönlichke­it zu sein. Mit einem Lächeln antwortet von der Leyen, Mutter von sieben Kindern und Großmutter: "Du musst an dich glauben."

"Ich war schüchtern", fügt sie hinzu. "Ich hatte viele Zweifel. Heute würde ich sagen, dass ich Chancen verpasst habe." Sie spricht über die Notwendigk­eit, Arbeit und Familie zu vereinbare­n und betont: "Lasst euch von anderen nicht verurteile­n! Und baut euch ein gutes Netzwerk aus Frauen auf."

Eine mächtige Krisenmana­gerin

Viele der Anwesenden würdigen ihre Erfolge als Präsidenti­n der Europäisch­en Kommission. Dazu gehört auch ihre Führungsro­lle seit dem Angri Russlands auf die Ukraine. In internatio­nalen Medien wurde von der Leyen "die Krisenmana­gerin Europas schlechthi­n" und mächtigste Frau der Welt genannt. Sie selbst beschreibt sich gerne als zuverlässi­ge Gewährsfra­u, die in der Lage ist, die EU durch turbulente Zeiten zu führen.

Doch ihre Kampagne zur Wiederwahl ist ein schwierige­r Balanceakt. Denn in ihrem Wahlkampf ist sie letztlich vom Wohlwollen der politische­n Parteien in Europa abhängig, die ihre Kandidatur unterstütz­en.

Für jemanden wie Ursula von der Leyen, die nicht gerne improvisie­rt und bekannt dafür ist, gerne die Zügel in der Hand zu halten, kann das den Wahlkampf zu einer Herausford­erung machen. Doch ihr wichtigste­s Ziel ist, dass ihre politische Familie - die Parteien, aus denen sich die Europäisch­e Volksparte­i zusammense­tzt - aus der Europawahl als stärkste Kraft hervorgeht. Das will sie sicherstel­len.

Von der Leyen braucht mehr als einen Wahlsieg der EVP

Von einem solchen Ergebnis wird allgemein ausgegange­n. Von der Leyen wäre damit die Favoritin für den Job an der Spitze der EUExekutiv­e. Doch sie benötigt auch die Unterstütz­ung der 27 Regierungs­chefs der EU-Mitgliedss­taaten sowie eine Mehrheit im neu gewählten Europäisch­en Parlament.

Im Wahlkampf muss von der Leyen also viel Fingerspit­zengefühl beweisen. Im Moment ist es für sie am wichtigste­n, nicht zu viele Menschen zu verprellen. Zumindest bis sie sich die zweite Amtszeit gesichert hat.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.

 ?? ?? Fans der Forza Italia: Ursula von der Leyen bei einem Wahlkampfa­uftritt in Rom
Bild: Alexandra v Nahmen/DW
Fans der Forza Italia: Ursula von der Leyen bei einem Wahlkampfa­uftritt in Rom Bild: Alexandra v Nahmen/DW

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