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Wie Südafrika seine Rolle als Global Player spielt

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Südafrikas Meinung zählt - daran hat Steven Gruzd keinen Zweifel: "Südafrika ist ein wichtiger Akteur auf der internatio­nalen Bühne und wird vor allem in Afrika von anderen Ländern umworben", sagt er im DW-Interview. "Der Staat ist ein starker Verfechter von Themen, die für Afrika von Bedeutung sind, sei es im Handel, bei Kon ikten oder in humanitäre­n Fragen", betont der Programmle­iter für Afrikanisc­he Regierungs­führung und Diplomatie am South African Institute of Internatio­nal A airs (SAIIA).

Vermittler bei internatio­nalen Kon ikten

Südafrika bemüht sich um friedliche Kon iktlösunge­n: innerhalb Afrikas - etwa im Bürgerkrie­g in der äthiopisch­en Region Tigray 2022 - aber auch weltweit. Im Krieg zwischen Russland und der Ukraine übernahm Südafrika eine führende Position als Vermittler, Präsident Cyril Ramaphosa telefonier­te mit Wladimir Putin und

Wolodymyr Selenskyj und reiste im Juni 2023 mit einer afrikanisc­hen Delegation zu Gesprächen nach Kiew und Moskau.

Das Land behielt seine neutrale Haltung: Seit dem Kalten Krieg p egen Südafrika und Russland enge Verbindung­en. Das führte - für viele westliche Staaten unverständ­lich - zur konsequent­en Enthaltung bei den Abstimmung­en in der UN-Generalver­sammlung.

Südafrika verklagt Israel vor dem IGH

Aufsehen erregte Südafrika nach der Eskalation der Kämpfe zwischen der Hamas und israelisch­en Soldaten in Nahost: Das Land warf Israel Völkermord an den Palästinen­sern im Gazastreif­en vor und reichte Klage beim Internatio­nalen Gerichtsho­f (IGH) in Den Haag ein. Am 24. Mai 2024 ordnete der IGH den "sofortigen" Stopp von Israels Rafah-Offensive an - das höchste UN-Gericht entsprach damit einem Eilantrag Südafrikas.

"Die Regierung in Pretoria wurde häu g für ihre Inkonseque­nz gerügt, weil sie die Palästinen­ser von ganzem Herzen unterstütz­t, sich aber geweigert hat, Russland für einige seiner Verletzung­en der UN-Charta zur Rede zu stellen", sagt Steven Gruzd. Es gebe kein Monopol auf Doppelmora­l - viele Länder seien inkonsiste­nt, wenn sie ihre Politik durchsetze­n wollten. Trotz der Kritik aus dem Westen, insbesonde­re aus den USA, verfolge Südafrika eine Pro-Palästina-Politik - eine Politik, die sich nicht an eine dominieren­de Sichtweise binden möchte und so möglichst viele Kommunikat­ionswege in Kon iktsituati­onen offenhält.

Völkerrech­t: Südafrikas ambivalent­es Verhalten

"Gerade wegen seiner Geschichte der Unterdrück­ung hält Südafrika an seiner moralische­n Verp ichtung fest, Menschen- und Völkerrech­t zu wahren, auch wenn es bei anderen politische­n Akteuren zu Unmut führt", sagt Lwazi Somya New gegenüber der DW. Der Politikman­ager der zivilgesel­lschaftlic­hen Organisati­on Southern African Liaison Of ce (SALO)kritisiert die fehlende internatio­nale Anerkennun­g für diese "prinzipien­treue Haltung". Der amtierende Präsident Cyril Ramaphosa kehre - im Gegensatz zu seinem Vorgänger Jacob Zuma - zu den Grundsätze­n der Politik der internatio­nalen Beziehunge­n aus der Anfangszei­t der jungen Demokratie zurück.

Nach Überwindun­g der Apartheid und jahrelange­r internatio­naler Isolation verschrieb sich die südafrikan­ische Regierung unter Nelson Mandela einer Außenpolit­ik, mit der das Land in die "Familie der Nationen" zurückkehr­en wollte, so Gruzd. Demokratis­che Institutio­nen stärken seither den Staat. "Heute spielt Südafrika global eine Rolle."

Südafrika - ein globales Gewicht

Das werde insbesonde­re durch das aktive Engagement in der Afrikanisc­hen Union, als einziges afrikanisc­hes Land in den G20 sowie als Mitglied der BRICS-Gruppe deutlich. Der Zusammensc­hluss von inzwischen neun Volkswirts­chaften zum Zweck der wirtschaft­lichen Zusammenar­beit fordert ein größeres Mitsprache­recht bei den Vereinten Nationen, dem Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF), der Weltbank und der Welthandel­sorganisat­ion (WTO). Schon 2014 gründeten die BRICS-Staaten - als Gegengewic­ht - ihre eigene Entwicklun­gsbank. Südafrika macht sich besonders stark für eine Reform der nanziellen Institutio­nen - diese sollten agiler auf die Herausford­erungen von Entwicklun­gsländern reagieren können.

Darüber hinaus versucht Südafrika, in der Bewegung der Blockfreie­n Staaten ( NAM), der Klimawande­l-Koalition BASIC (Brazil, South Africa, India, China), der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) sowie anderen Handelsund Entwicklun­gsgremien die Interessen Afrikas und des globalen Südens mit starker Stimme zu vertreten. "Mit diesem Engagement verbindet Südafrika den Willen, die ungleichen und exklusiven Dominanzst­rukturen des internatio­nalen Systems zu reformiere­n", betont Analyst Gruzd.

Südliche Länder fordern Mitsprache­recht

Laut Sanusha Naidoo, Analystin am Institute for Global Dialogue in Pretoria, geht es Südafrika im BRICS-Verbund nicht nur um Wirtschaft­sbeziehung­en und politische­n Ein uss, sondern um die Frage: "Wie kann man einige der Transaktio­nskosten senken, die unserer Wirtschaft zugrunde liegen? Also ein verbessert­er Zugang zu Waren und Dienstleis­tungen, die in den Währungen der Länder angeboten werden", so Naidoo zur DW. So sollen durch die BRICS-Bank Kredite aufgenomme­n - und damit die Kosten und das Risiko einer starken Abhängigke­it vom Dollar gesenkt - werden.

Nicht alle BRICS-Länder teilten gemeinsame demokratis­che Werte, sagt Naidoo. Doch die westlichen Industriel­änder verzeichne­ten Abwärtstre­nds, das Staatennet­z sei zunehmend fragil. "Da schaut Südafrika mit seinen Partnern nach einem Vakuum in der vorherrsch­enden Weltordnun­g, wo der Hebel für bessere Kooperatio­n angesetzt werden kann".

 ?? ?? Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa besuchte Präsident Wladimir Putin im Juli 2023 zu Verhandlun­gen
Bild: Mikhail Metzel/TASS/AP/dpa/picture alliance
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa besuchte Präsident Wladimir Putin im Juli 2023 zu Verhandlun­gen Bild: Mikhail Metzel/TASS/AP/dpa/picture alliance

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