RÄUME ZUM TRÄUMEN
Als Kind träumte Ligia Casanova davon, Astronautin zu werden. Heute realisiert die portugiesische Interior
Designerin schwerelose Wohnkonzepte und luftige Arrangements. Paradebeispiel: ihr eigenes Zuhause.
AUSGESUCHTE EINZELSTÜCKE LIEBEVOLL IN SZENE GESETZT
Gebändigtes Chaos“, lacht Ligia Casanova und zeigt auf das imposante Regal im hinteren Teil der Wohnküche, das mit allerlei Kochbüchern, Küchengeräten und zauberhaften Kleinigkeiten bestückt ist. „Ich liebe offene Regale, auch wenn man sich beim Dekorieren immer ein wenig disziplinieren muss, damit es nicht zu unruhig wirkt.“Mit einem Lächeln schiebt sie den Schokoladenkuchen in den Ofen und stellt die Küchenmaschine an ihren Platz zurück. „Schokolade ist mein Lebenselixier, neben schönen Dingen natürlich.“Die renommierte Interior Designerin ist sichtlich stolz auf ihre Schätze, die sie mit viel Liebe und ästhetischem Gespür ausgewählt und in ihrem traumhaften Zuhause im Herzen von Lissabon wirkungsvoll in Szene gesetzt hat. Seit ihrer Rückkehr aus London vor gut 13 Jahren wohnt die quirlige Portugiesin mit ihren drei Kindern in dem ehemaligen Herrenhaus, dessen bewegte Geschichte bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Mit ihren hellen, großzügigen Räumen und den weißen Böden versprüht die geräumige Villa einen ganz besonderen Charme, den Ligia allerdings erst durch umsichtige Renovierungsarbeiten freilegen musste. „Am Anfang, als meine Töchter noch klein waren, war mir ein pflegeleichtes Interieur wichtig, und dass wir möglichst schnell dort einziehen konnten“, erinnert sie sich. „Vor ein paar Jahren habe ich die Karten dann noch mal neu gemischt und einige Dinge verändert, die dunklen Couchen zum Beispiel durch das helle Minotti-Sofa und die Fliesen in Küche und Bad durch speziell beschichtete, farbig gestrichene Wände ersetzt.“Überhaupt scheinen Wände ein wichtiges Thema für Ligia zu sein. „Nackte, weiße Wände finde ich traurig. Hübsch arrangierte Bilder in unterschiedlichen Größen, samtige Farbtöne, fein gemusterte Tapeten oder raumeinnehmende Regale machen ein Haus lebendig und streicheln seine Seele“, erklärt sie. „Der Rest der Einrichtung ist eine Frage des Geschmacks – und der Kreativität.“Und davon hat die 46-Jährige mehr als genug. Für ihre Kunden greift sie gern zu ungewöhnlichen Lösungen, hängt Wandlampen aus Suppendosen oder Porzellanflügeln auf, veredelt die Couchbezüge mit aufgestickten Kochrezepten oder bastelt Weihnachtsbäume und süße Accessoires aus Filz. Als das namhafte Modehaus Hermès sie im vergangenen Jahr bat, die künstlerische Präsentation der neuen Kollektion zu übernehmen, schuf sie für die Ausstellung im Museum of Fashion and Design einen Zauberwald voll märchenhafter Szenerien, von dem die Kuratoren der Lissaboner Kunsthalle noch heute schwärmen.
„Solche Projekte sind ein großes Glück für mich und meine blühende Fantasie“, sagt Ligia. „Hier kann ich die wildesten Ideen realisieren und auch mal zu starken Farben greifen.“Für ihr eigenes Heim wählte sie helles Cremeweiß und sanfte Brauntöne: „Ich brauche die Ruhe und Balance, die diese Farben ausstrahlen, um meine Kreativität voll entfalten zu können.“Dennoch wirken die Räume alles andere als gediegen. Auf 180 lichtdurchfluteten Quadratmetern hat die sympathische Powerfrau ihrem Faible für schrullige Details und gestalterische Finessen freien Lauf gelassen. Was auf den ersten Blick wie lässig zusammengewürfelt aussieht, ist in Wahrheit bis ins kleinste Detail durchdacht. Jeder Gegenstand und jedes Möbelstück wurden von Ligia bewusst platziert und liebevoll ins rechte Licht gerückt. „Ich bin hoffnungslos perfektionistisch“, gibt sie schmunzelnd zu. „Meist habe ich beim Kauf bereits im Kopf, wo und wie die Dinge stehen sollen.“Trotz allen Perfektionsdrangs arbeitet die gelernte Grafikdesignerin vorwiegend intuitiv, lässt die Räume auf sich wirken, bevor sie ihnen neues Leben einhaucht. Kleine Brüche sind erlaubt, und so darf der kauzige Holzsessel ganz selbstbewusst neben dem maßangefertigten Bücherregal aus Zink stehen, auch wenn die beiden eigentlich nicht so recht zusammenpassen wollen. Gerade diese humorvollen Inszenierungen und verblüffenden Effekte sind die maßgebliche Würze in Ligias ansonsten sehr minimalistisch gehaltenem Stil. Eine Schwäche für Designklassiker ist dabei nicht von der Hand zu weisen, ebenso wenig Ligias ausgeprägter Kunstsinn: „Die Bilder in Wohn- und Schlafzimmer stammen von Malern und Illustratoren aus ganz Europa – die in der Küche von meinen drei Kindern.“
VERSPIELTER MINIMALISMUS IN ZARTEN FARBTÖNEN