Ankerplatz
Bei Familie Hasselbach-Schimanofsky hat ein viktorianisches Backsteinhaus das Nomadenleben durch Holland, die Schweiz und Schottland beendet.
Eine Antiquitätenhändlerin hatte zwischen England, Holland, Schottland und der Schweiz lange ein Nomadenleben geführt. Jetzt aber fühlt sie sich in Herefordshire bestens geerdet.
Wie viele andere historische Gebäude hat auch das rote Backsteinhaus der Familie Hasselbach-Schimanofsky im Laufe der Jahrzehnte so einige Veränderungen mitgemacht. Erbaut wurde es zu Zeiten Königin Viktorias in einer Wohngegend, die man scherzhaft „Pill Hill“(Pillen-Hügel) nannte, da die meisten Grundstücke im Besitz von Ärzten waren. In den Siebzigerjahren wurde die Villa in zwei Eigentumshälften geteilt. Als Claudia mit ihren drei Kindern im Jahre 2001 einzog, war aus dem Doppel- wieder ein Einfamilienhaus geworden. „Wir haben die erforderlichen Umbauarbeiten zügig begonnen. Nach nur vier Wochen konnten wir einziehen“, erzählt Claudia, eine Antiquitätenhändlerin mit österreichisch-holländischen Wurzeln. „Früher war ich viel unterwegs. Ich habe in Holland studiert, bin nach London gezogen und habe zwi- schendurch in der Schweiz und in Schottland gelebt. Doch mit der Entdeckung dieses wunderbaren alten Gebäudes in der Grafschaft Herefordshire hatte das Nomadendasein ein Ende.“Claudia gefiel der viktorianische Altbau auf Anhieb, er erinnert sie in seiner Leichtigkeit an die Häuser in Den Haag. „Ich liebe die Proportionen der Räume.“Allein dass es in einigen Bereichen an natürlichem Licht mangelte, machte der neuen Besitzerin zu schaffen. „Im Erdgeschoss herrschte eine düstere Atmosphäre, darum haben wir eine Wand entfernt, sodass wir nun eine große Wohnküche besitzen.“Die Küche wurde auf clevere Art umgestaltet und neu organisiert. Zitronengelb wurde durch ein schmeichelhaftes Cremeweiß ersetzt, nostalgische Porzellanknäufe traten an die Stelle von Metall. Die Kochinsel erwies sich als Platzräuber und wurde von einem Schreiner zu praktischen
ANTIKE MÖBEL UND GEMÄLDE IN GOLDENEN RAHMEN ZEUGEN VON STILGEFÜHL
Wandschränken umgearbeitet. Der originale Fliesenboden in Küche und Flur blieb erhalten. Allerdings verzichtete Claudia im Wohnzimmer auf die Reinstallation des offenen Kamins. „Ich konnte mich mit dem traditionellen Kamin einfach überhaupt nicht anfreunden“, erzählt sie. Bei der Einrichtung schwört die Hausherrin auf eine ausgewogene Mischung aus Antiquitäten, Vintage und zeitgenössischen Möbeln. Manches stammt auch aus Einrichtungshäusern wie Habitat. Die Küchenstühle und der Refektoriumstisch gehörten früher zum Inventar der Hereford Cathedral School. Eine wichtige kosmetische Veränderung, die nach Claudias Ansicht für den luftigen Gesamteindruck von großer Bedeutung war, bestand im Herausreißen sämtlicher Teppichböden. „Für viele Kontinentaleuropäer sind Teppiche ein No-Go. Parkett oder Fliesen wirken weniger schwer und sind viel leichter sauber zu halten“, erklärt sie. Auch der Teppich auf der Treppe musste irgendwann daran glauben. „Die Treppe war bei unserem Einzug mit einem Nylonbelag bedeckt. Es dauerte zwei Jahre, bis ich endlich den Mut fand, den unglaublich schmutzigen Teppich wegzuwerfen. Dann haben wir die Stufen und das Geländer abgeschliffen und frisch lackiert. Anfangs dachte ich noch daran, einen Läufer zu besorgen, doch mir gefällt der coole Look der unbedeckten Treppe eigentlich besser.“Weil Claudia bereits seit gut zehn Jahren in Großbritannien lebt und die Launen des englischen
PIANO UND CELLO KLINGEN DURCH DAS HAUS
Klimas kennt, ist sie beim Thema „Teppich“zu Kompromissen bereit. „In den Schlafzimmern macht er durchaus Sinn“, gibt sie zu. Das obere Stockwerk wurde den räumlichen Bedürfnissen der großen Familie angepasst. „Im Schlafzimmer haben wir einen Teil des Raums abgetrennt und einen begehbaren Schrank installiert. Das ehemalige Ankleidezimmer wurde zum geräumigen Familienbad umfunktioniert. Wo sich früher ein Gästezimmer befand, haben wir ein kleines Bad mit WC und Dusche errichtet und das ursprüngliche Bad ist heute Zaras Kinderzimmer“, erklärt Claudia. Pink gibt im Zimmer der Tochter zwar noch den Ton an, doch ihre Mutter hat den Versuch gewagt, eine Wand in einem metallischen Grau zu streichen. Zara war mit dem Ergebnis mehr als zufrieden, denn die beiden Farbtöne ergänzen einander perfekt. Auch
STRAHLENDES WEISS WIRKT STETS EDEL UND REIN
der Alkoven im Wohnzimmer erhielt eine zartgraue Farbe, die der Hersteller „Farrow & Ball“unter der sympathischen Bezeichnung „Mouse’s Back“vertreibt.