Glückstreffer
Zwei Architekten und ein wunderschönes Grundstück oberhalb des Genfer Sees: Das ist die perfekte Mischung für ein Haus im Stil der 60er-Jahre.
Mit grandiosem Blick auf den Genfer See baute sich das Architektenpaar Valentine und François Frey sein neues Eigenheim aus Sichtbackstein und Beton.
Glück muss man haben: Als Sohn eines bekannten Genfer Architekten bekommt man Vorbilder für gutes Bauen bereits mit in die Wiege gelegt. Kein Wunder, dass François Frey bereits nach dem Studium ganz bestimmte Vorstellungen von seinem Eigenheim hatte. „Ich bin in einem Haus aus Sichtbackstein und Beton auf- gewachsen und habe deshalb zu dieser Architektursprache der 1960er-Jahre eine besondere Beziehung“, erklärt er. Zusammen mit seiner Frau Valentine und den beiden Kindern Martha und William lebte er zuvor in einer schönen Altbauwohnung direkt in Genf, wo das Ehepaar auch das gemeinsame Architekturbüro führt. „Als die Kinder größer wurden, brauchten wir mehr Platz“, erinnert sich der stolze Vater. Ein weiterer Glücksfall kam den Freys zugute: Valentine erbte ein Grundstück an der Rive Gauche des Genfer Sees im stadtnahen Vésenaz. „Es gehört seit etwa 150 Jahren meiner Familie. Oben am Hang stand das Herrenhaus, unten am See ein Bootshaus, dazwischen wuchsen Reben. Gekrönt wird der Besitz von einer kleinen Hafenanlage mit beidseitiger Terrasse und Platanen“, erzählt sie. Im Laufe der Zeit wurde das 12.000 Quadratmeter messende Grundstück in verschiedene Parzellen aufgeteilt, die Gebäude abgerissen oder umgebaut, teilweise neue erstellt. Von hier genießt man zwar eine wunderbare Aussicht, schwierig hingegen ist die Orientierung der Häuser
gegen Westen. „Zudem ist unser Grundstück besonders steil“, erläutern die Architekten. Diese Faktoren bestimmen das Konzept des Hauses, das sich aus zwei Elementen zusammensetzt: einem kleineren, multifunktionalen Hausteil und, parallel dazu, dem Haupthaus. Die dazwischen liegende Fläche dient als Patio, der die so entstandene Terrasse zum Wasser hin orientiert. Der Innenhof ist Empfangszone, Aussichtsplattform und Zimmer im Freien zugleich. Als geschützter Ort zwischen zwei Gebäuden hält er die „Bise“, den starken Nordwind, fern und schützt vor fremden Blicken. „Außerdem sieht man vom Wohnbereich aus auf einen Teil seines eigenen Hauses – das scheint am Anfang etwas kurios, wir finden es aber sehr schön“, freut sich die Hausherrin. Valentine und François Frey wollten schon immer ein Haus mit dunkler Fassade. Zum Tragwerk aus Sichtbeton wählten sie Backsteine, deren Farbe je nach Licht von Aubergine über Grau und Braun bis hin zu Anthrazit spielt. Diese Töne harmonieren mit der natürlichen Umgebung und verändern sich wie die Blätter der mächtigen Blutbuche weiter oben am Hang. Aus Acajou, einem Hartholz, sind Fensterrahmen und Eingangstür, die von Stahlträgern gestützte Terrasse vor dem Sockelgeschoss und der Bodenbelag des Patio aus Ipe. Eine Treppe verbindet die beiden Außenbereiche des Hauses, die zusammen mit dem Geländer aus galvanisiertem Stahl an
Schiffsdecks erinnern. Der kleinere Gebäudeteil im Eingangsgeschoss ist dank großer Fensterflächen nach allen vier Himmelsrichtungen offen – als multifunktionaler Raum dient er der ganzen Familie und ist zugleich Bibliothek wie Home-Office, Spiel- wie Fernsehzimmer. Das Haupthaus wird durch den zentralen Eingang mit Oberlicht in zwei Bereiche geteilt: Richtung Hang liegt die gemütliche Familienküche, Richtung See der Wohnraum. Im Wohnzimmer fühlt man sich regelrecht in eine Art Baumhaus versetzt, da sich die Baumkrone der Linde vor dem Fenster auf gleicher Höhe befindet. Alle vier Schlafzimmer öffnen sich zum Garten und zum See hin. Ein Sprung – und man be- findet sich auf dem Rasen vor dem dichten Bambuswald, dessen beruhigendes Rauschen im Wind sich mit dem Rascheln der Platanenblätter verbindet. Glück muss man haben!