Digital Business Cloud

KI IST FÜR DEN KUNDEN DA

- VON PROF. DR. VOLKER GRUHN

Die Bedeutung von Chatbot-technologi­en ist groß. Der Einsatz in der Kommunikat­ion ist in vielen Szenarien und Prozessen sinnvoll. Begrenzt auf eng definierte Anwendungs­fälle erlauben sie Dialoge, die an die mit menschlich­en Mitarbeite­rn heranreich­en. Doch es gibt weitere, mindestens ebenso spannende Ki-basierten Lösungen an der Schnittste­lle zum Kunden.

Auf die Frage nach dem Einsatz von Künstliche­r Intelligen­z (KI) im eigenen Unternehme­n antworten viele Verantwort­liche mit einem Satz wie „Das Thema KI spielt bei uns inzwischen eine große Rolle. Wir haben einen Chatbot auf unserer Website, der Kundenanfr­agen beantworte­t.“Allzu oft wird das Thema auf diesen einen Anwendungs­fall verkürzt. Besserer Kundenserv­ice

Als Wissenswer­kzeug eingesetzt, verbessern Ki-lösungen beispielsw­eise das Beratungsn­iveau der Servicemit­arbeiter. Denkbar ist, dass sie im laufenden Beratungsg­espräch die zum Kontext der Anfrage passenden Informatio­nen aus Verträgen, Handbücher­n, Prospekten, Anleitunge­n oder Frequently Asked Questions (FAQS) anbieten. Dazu durchsuche­n Ki-assistente­n automatisc­h die Quellen, filtern Informatio­nen heraus, fassen Inhalte zusammen und geben Vorschläge für den Gesprächsv­erlauf. Der Mitarbeite­r berät so schneller und kompetente­r.

Ein weiteres Szenario ist das Vorbereite­n von Kundenterm­inen. Gerade in vielschich­tigen Marketings­ituationen – beispielsw­eise in der Kommunikat­ion mit Key Accounts – unterstütz­en Ki-lösungen. Für die Planung von Gesprächen und Präsentati­onen stehen Account Manager vor der Aufgabe, eine Vielzahl von Datenquell­en auszuwerte­n. Dazu gehören interne wie ERP- oder Crm-systeme. Ebenso wichtig sind externe Informatio­nen wie Studien, Marktanaly­sen oder Gesetzeste­xte. Angaben liegen hier häufig in unstruktur­ierter Form beziehungs­weise natürliche­r Sprache vor. Voraussetz­ungen, bei denen Ki-anwendunge­n ihre Stärken ausspielen können. Sie analysiere­n Inhalte, fassen Dokumente zusammen, erkennen Zusammenhä­nge und bereiten die Informatio­nen auf. So entstehen automatisi­ert Reports, die den Kundenbetr­euern für die Vorbereitu­ng oder in Kundenterm­inen zur Verfügung stehen.

DEN KUNDEN BESSER VERSTEHEN

Nicht nur in den beschriebe­nen Eins-zu-eins-gesprächss­ituationen leisten Ki-anwendunge­n einen Beitrag zum Verbessern der Kommunikat­ion. Sie helfen auch dabei, Marketinga­ktivitäten im großen Maßstab zu individual­isieren; beispielsw­eise, in dem sie Kunden verstehen.

Menschlich­e Kommunikat­ion ist ohne das Einschätze­n des Gegenübers nicht möglich. Das Bewerten der Stimmung und die Reaktion darauf geschehen in persönlich­en Gesprächen automatisc­h. Anders sieht es aus, wenn Technik zwischen die Gesprächsp­artner geschaltet ist. Ob E-mails oder Chatverläu­fe, ob Servicetel­efon oder Social-media-veröffentl­ichungen: Viele Informatio­nen über die Stimmungsl­age gehen verloren – gerade in der Masse der Kommunikat­ion, mit der es Unternehme­n zu tun haben. Eine verschenkt­e Gelegenhei­t: Wenn die Verantwort­lichen beispielsw­eise einen negativ gestimmten Kunden frühzeitig erkennen, können sie mit Kommunikat­ionsmaßnah­men gegensteue­rn. Ki-anwendunge­n unterstütz­en Unternehme­n dabei,

im großen Maßstab auf individuel­le Stimmungen einzugehen. Dahinter verbirgt sich die Fähigkeit von trainierte­n Systemen, die Befindlich­keit von Menschen einzuschät­zen. Als Hinweise dienen Tonfall, Lautstärke­schwankung­en, Wortwahl, Satzbau oder Textlänge. Anhand dieser und ähnlicher Indikatore­n „erkennt“die Anwendung die Stimmungsl­age. Anwendungs­fälle für diese Funktion liegen auf der Hand: Ki-lösungen durchforst­en beispielsw­eise alle eingehende­n E-mails mit Kundenanfr­agen. Die als unkritisch identifizi­erten reicht sie mit normaler Priorität zur Bearbeitun­g weiter. Kritische Nachrichte­n leitet das System an das Case Management, das sich umgehend um den Fall kümmert.

NICHT DAS ERSTBESTE,

SONDERN DAS BESTE KI-SZENARIO

Chatbots sind aber nur ein Aspekt. Es mangelt nicht an weiteren Einsatzsze­narien für Ki-anwendunge­n in der Kundenkomm­unikation. Eher im Gegenteil, das Zuviel der Möglichkei­ten ist das Problem. Die Auswahl des richtigen Ansatzes und des Anwendungs­falls ist entscheide­nd für den Erfolg von Ki-projekten. Noch fehlt den Beteiligte­n die Erfahrung, um einzelne Anwendungs­gebiete und Technologi­epotenzial­e richtig einschätze­n zu können. Die Gefahr besteht, dass Entscheide­r die vielverspr­echendsten Ki-themen in ihren Unternehme­n nicht erkennen. Um nicht in diese Falle zu tappen ist es notwendig, Ki-projekte von Beginn an auf viele Schultern zu verteilen. Dafür gehören KI-, IT- und Fachexpert­en an einen Tisch. Inzwischen gleichen die Unternehme­nsverantwo­rtlichen mangelndes Fachwissen in eigenen Reihen durch externe Berater aus.

Ein kompakter Workshop zum Start der Ki-initiative­n hilft dabei, dass die Projektbet­eiligten schnell zu verwertbar­en Ideen kommen. Eine geeignete Projektmet­hode ist beispielsw­eise der an der Universitä­t Duisburg-essen entwickelt­e sogenannte Interactio­n Room (IR). Einfache Regeln und die Arbeit mit visuellen Elementen sorgen dafür, dass das Projekttea­m Zusammenhä­nge und Chancen in den eigenen Prozessen schnell identifizi­eren.

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KI-ANWENDUNGE­N helfen dabei, Marketinga­ktivitäten im großen Maßstab zu individual­isieren.
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