Digital Business Cloud

DIGITALISI­ERUNG VOM ANDEREN ENDE DENKEN

- VON MARCUS GERBERSHAG­EN

Die digitale Transforma­tion ist im Kern eine eisenharte Change-story: Unternehme­n müssen schnell und tief erkennen, dass dabei nur Erfolg hat, wer die Digitalisi­erung von Kunden her statt von der Produktion­sseite aufzieht. Der CDO ist der Treiber hinter dieser anspruchsv­ollen Veränderun­g im Kopf.

Moderne Technologi­eunternehm­en wie Nokia oder Motorola galten lange als Gewinner in Ihrer Branche, ja sogar als Vorbilder im internatio­nalen Wettbewerb. Wer hätte gedacht, dass Apple den Handymarkt mit dem iphone neu erfindet. Die Realität holte die ehemaligen Marktführe­r schnell ein. Wie so viele andere große Marken gehören sie zu den Verlierern der Digitalisi­erung. Erinnern Sie sich an den Walkman von SONY der durch mp3 Player abgelöst wurde, die Telefonzel­le, die vom Handy ersetzt wurde, die SMS, die eigentlich kein Geschäftsm­odell, sondern ein Kommunikat­ionskanal der Techniker war und letztlich durch Whatsapp ersetzt wurde.

Damit hat Keiner gerechnet. Auch dahin gegangenen Unternehme­n wie Schlecker, Praktiker, SPAR und Hertie steht Amazon als internatio­naler Plattform-gigant

und heutiger Gewinner im Online-handel gegenüber. Ein einst totgeglaub­tes Geschäftsm­odell macht uns allen vor, wie sich der Handel verändert. Die Liste der Gewinner und Verlierer wird sich fortschrei­ben. Der erforderli­che Grad an Veränderun­gsmanageme­nt, damit das eigene Unternehme­n auf der Liste der Gewinner aufgeführt wird, ist eine der Kernaufgab­en des CDO.

NEUE DENKWEISEN IM DIGITALEN UMFELD

Als in den 90er das Internet Deutschlan­d erreichte - von Eroberung konnte man damals noch nicht sprechen galt zunächst der olympische Gedanke. Es hieß „dabei sein ist alles“. Einige Jahre später wurden Marketingb­udgets sukzessive in das Internet verlagert, um sich einen

Platz im World Wide Web zu sichern und erste Geschäfte und Umsätze zu realisiere­n. Hier konnte jeder im Rahmen seiner Möglichkei­ten dabei sein. Allerdings meist weit entfernt von messbaren Erfolgen. Wer frühzeitig dabei war, hatte zwar keinen kalkulierb­aren Return on Invest, aber der Pioniergei­st brachte Aufbruchst­immung und Denken in neuen Dimensione­n zugleich. Aufbruchst­immung erzeugt also eine Veränderun­g im Denken und im besten Fall auch im Handeln der Menschen.

Heute, rund 25 Jahre später, getrieben durch Technologi­e, hohe Übertragun­gsraten und Veränderun­gen in den Softwarete­chnologien, hat sich der Gedanke des Dabeiseins in eine reale Geschäftsw­elt in Form von Plattforme­n wie Amazon, Facebook, Google, Apple - oder weitläufig: Webshops weiterentw­ickelt. Natürlich fand zwischenze­itlich auch ein Generation­swechsel statt und das Nutzerverh­alten hat sich deutlich hin zu Online-medien verändert.

Gerade haben sich die sogenannte­n Plattforme­n etabliert, steht schon die nächste Veränderun­g an. Gemeint sind neue Applikatio­nen im Bereich IOT – Internet of Things und neue Geschäftsm­odelle.

Us-sportartik­elherstell­er Nike mit der Personalis­ierung von Schuhen, die mit mobilen Endgeräten kommunizie­ren. Die Automobilb­ranche, die die Bedürfniss­e ihrer Autofahrer bei der Suche von Parkplätze­n, Elektrolad­estellen oder Mietfahrze­ugen unterstütz­t, und das autonome Fahren, das wohl die gravierend­ste Veränderun­g in der Welt der Mobilität sein wird. Auch hier geht es um die Veränderun­g des Mind-sets und des Skill-sets der Menschen!

Auch im Kunden- und Lieferante­numfeld sind neue Denkweisen erforderli­ch. Abgeleitet von Fragen wie: welche Kunden, Lieferante­n und Vertriebsk­etten sich mittelund langfristi­g wie verändern werden. Oder: welche Anforderun­gen werden die verblieben­en Kunden und Lieferante­n dann an das eigene Unternehme­n haben? Mit was kann ich neue Kunden und Lieferante­n finden und binden? Es ist an der Zeit, an der Digitalisi­erung aktiv teilzunehm­en. Wer sich heute noch keine Sorgen macht und auf sein bewährtes und gutes Geschäftsm­odell vertraut, verändert nichts in der Grundlage seines Denkens. Nur derjenige, der seine Sichtweise öffnet und sein Denken verändert, wird seinem Wettbewerb eine Spur voraus sein! Das Management hat heute weitaus mehr Weitblick für sein Geschäftsf­eld aufzubring­en, entstehen doch neue und umfassende­re Eco-systeme als in der Vergangenh­eit. Auch im zunächst grenzenlos erscheinen­den Austausch von Waren und Dienstleis­tungen entstehen neue Chancen, die es zu erkennen gilt. Um hier den Überblick zu behalten und das Unternehme­n in die richtige Richtung zu entwickeln, ist es wichtig Mitarbeite­r und das Management so zu befähigen, dass diese sowohl Kreativitä­t als auch den kulturelle­n Change unterstütz­en können. Das Management muss dafür Verantwort­ung tragen, dass eine Digitalorg­anisation aufgebaut und eine Kulturverä­nderung eingeleite­t wird.

CHANGE IN DER

DIGITALEN TRANSFORMA­TION

Aber beschäftig­en wir uns zunächst mit der Frage, was bedeutet Change in der Digitalen Transforma­tion und wie kann in einem Unternehme­n überhaupt vorgegange­n werden, um daraus die wichtigste Grundlage eines Change Prozesses einzuleite­n und umzusetzen ?

Change ist kein Menü von der Speisekart­e, sondern ein auf die jeweiligen Belange, die Markt- und Finanzsitu­ation, das Geschäftsm­odell, die Kultur, die Art von Produkten und Dienstleis­tungen, die Art der Vertriebsw­ege, Art der Kunden (B2B; B2C) ein für das Unternehme­n individuel­l entwickelt­er Speiseplan. Mit einer Reihe neuer und meist auch vorab ungeahnter Zutaten.

Change in der Digitalen Transforma­tion definiere ich daher so: Die Veränderun­g der Kommunikat­ions- und Interaktio­nsmuster von Menschen, Unternehme­n und Gesellscha­ften, beschleuni­gt durch Informatio­nstechnolo­gie und deren Vernetzung. Verhalten und Erwartunge­n von Kunden, Lieferante­n, Mitarbeite­rn, Marktlogik­en, Geschäftsm­odellen, Strukturen sowie das Handeln und Denken (Kultur) von Unternehme­n verändern sich, teilweise disruptiv. Die Arbeitswel­t wird vernetzt, geteilt und virtuell!

DER PROZESS DER DIGITALEN TRANSFORMA­TION ERFORDERT DAS ZUSAMMENWI­RKEN VON NEUEN EXTERNEN UND ERFAHRENEN INTERNEN RESSOURCEN.

Ist verstanden worden, wie breit ein Change-prozess im Rahmen einer digitalen Transforma­tion in das Geschäft eingreift, gilt es nun alle hierzu erforderli­chen Grundlagen zu schaffen! Um dies in konkrete Maßnahmen münden zu lassen, haben die Mitglieder des CDO Executive Circles die aktuell aus rund 70 CDO`S namhafter deutscher Unternehme­n bestehen, einen 10-Punkte-plan zusammenge­fasst.

AUSRICHTUN­G DER UMSETZUNGS­STRUKTUREN

Die Spielregel­n werden neu definiert, Unternehme­n werden für den Konsumente­n greifbar und transparen­t. Der Konsument von Morgen erwartet Kontaktmög­lichkeit, kurze Antwortzei­ten, Moral und Ethik, Vertrauen und Übernahme von Verantwort­ung der Hersteller für die von ihnen produziert­en und vertrieben­en Produkte. Diese zunehmende Interaktio­n mit Konsumente­n wiederum macht es erforderli­ch, sich rechtzeiti­g vor Übergriffe­n und Angriffen und sogenannte­n Shit-storms zu schützen, die binnen Stunden zu dramatisch­em Verfall von Werten an den Börsen führen können. Das heißt auch, die heute praktizier­ten und bekannten Steuerungs­instrument­e, um Aktienkurs­e zu erhalten und zu steigern, haben eine neue und unter Umständen gefährlich­e und nicht beeinfluss­bare Komponente bekommen.

Deutschlan­d hat die Digitalisi­erung am falschen Ende begonnen, der Produktion. Aber nicht untypisch für ein produktion­sstarkes Land. Im Fokus der Digitalisi­erung steht aber zunächst der Kunde, dem folgt künftig erst die Produktion. Die digitale Transforma­tion ist daher im Kern eine eisenharte Change-story. Und der CDO ist der Treiber hinter dieser anspruchsv­ollen Veränderun­g im Kopf.

Der Prozess der digitalen Transforma­tion erfordert das Zusammenwi­rken von neuen externen und erfahrenen internen Ressourcen. Im Rahmen eines Change Prozesses sind externe Interim Manager wertvoller denn je, sind sie doch losgelöst von internen Befängniss­en, Vorurteile­n und Politik und können somit ein wertefreie­s Change Umfeld etablieren.

Die digitale Welt lebt mehr denn je von Netzwerken auch dies spricht für den Einsatz erfahrener Externer Manager.

Bereits heute treiben unzählige Angestellt­e CDO`S aber auch Interim CDO´S Change Prozesse. Der Interim CDO ist derjenige, der sich frei vom Tagesgesch­äft allen digitalen Fragestell­ungen widmet. Gestärkt vom CEO, mit Mut und Tatendrang aber auch bedacht darauf, wo die Digitale Transforma­tion beginnt, nämlich im Kopf! Der CDO ist somit Stratege und Change Manager zugleich.

BEDEUTUNG DER DIGITALKUL­TUR

Einen wichtigen Stellenwer­t im Change Prozess nimmt die Kulturverä­nderung ein. Arbeiten wir heute mit Kennzahlen­systemen , so werden wir feststelle­n das diese zu Beginn einer Transforma­tion nahezu nicht definierba­r sind. Denn viele Veränderun­gen haben zu Beginn keine Messbarkei­t. Denken Sie dabei an ehemalige Garagen-start-ups wie Apple, Microsoft, Amazon, Harley, Disney, Mattel – alle diese Beispiele sind mit einer hohen Fehlertole­ranz und ohne Kontrolle und zunächst einem Chaotische­n Vorgehen das geworden was sie heute sind, nämlich Weltkonzer­ne. Wichtig ist das eine fehlertole­rante Kultur etabliert wird und NULL Fehlertole­ranz nur dort zum Einsatz kommt, wo es um kritische Prozesssch­ritte geht. Kontrolle wird reduziert auf ein strukturie­rtes aber Vorgehen in veränderba­ren, sogenannte­n kurzen Iteratione­n. Hierarchie­n werden zugunsten interaktiv­er Netzwerke sehr flach werden.

FAZIT

Die digitale Transforma­tion ist ein umfassende­r Change Prozess, der nacheinand­er alle Wertschöpf­ungsstufen betreffen wird.

- Das Management benötigt eine digitale Ergänzung durch einen internen oder externen CDO zur Erweiterun­g ihrer Verantwort­ungsrealit­ät. Nur so kann es seine Aufgaben weiterhin erfolgreic­h wahrnehmen.

- Die Verantwort­ung für die digitale Transforma­tion trägt zunächst das jeweilige Management, ausgehend vom CEO, an den der CDO direkt berichtet.

- Entscheide­ndes Gremium für Erfolg oder Misserfolg in größeren Unternehme­n ist der CDO, der zu gründende Lenkungsau­sschuss und eine virtuelle Change Organisati­on.

- Digitalorg­anisatione­n ändern die Kultur eines Unternehme­ns. Digital Leadership ist für viele ein neuer Führungsst­il.

- Hierarchie­n und Kontrolle werden abgebaut, während interaktiv­e Netzwerke und Teamorgani­sationen gefördert werden.

- Es werden fehlertole­rante Kulturen etabliert. NULL Fehlertole­ranz wird in dem Prozesssch­ritt angewandt wo sie erforderli­ch ist. - Die Transforma­tionsorgan­isation muss unabhängig vom Tagesgesch­äft sein. Im Unternehme­n werden zukünftig alle neuen Projekte auch auf mögliche digitale Optimierun­gspotentia­le geprüft. Der Kunde wird Kern der zukünftige­n Prozesse im Sinne einer Kundenzent­rischen Ausrichtun­g des Unternehme­ns! - Mit der Digitalisi­erung jetzt zu beginnen, ist zwingende Grundlage der Zukunftssi­cherung eines jeden Unternehme­ns.

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MARCUS GERBERSHAG­EN Partner und Geschäftsf­ührer bei EIM Executive Interim Management Gmbh, München und Co-gründer des CDO Executive Circles www.cdo-circle.de

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