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MIT VEREINTEN KRÄFTEN

- VON HEINER SIEGER

Ein Konsortium vom Life-science-unternehme­n über Laboratori­en, Kliniken und klinischen Datenverwa­ltungssyst­emen bis zum Blockchain-start-up hat eine Iot-basierte Lösung entwickelt, die entspreche­nde Testkapazi­täten binnen weniger Wochen auf eine Million Tests pro Tag hieven und den Preis halbieren soll.

Dank Blockchain: Das Corona-gesundheit­s-zertifikat rollt an. Das Rostocker Life-science-unternehme­n Centogene und das Kölner Start-up Ubirch haben Ihre Kräfte gebündelt, um eine schnell verfügbare, sichere Lösung für den erfolgreic­hen Kampf gegen die Auswirkung­en des Coronaviru­s SARSCOV-2 auf die Wirtschaft und das soziale Leben in Deutschlan­d anzubieten. Sie soll dazu beitragen, den Übergang in das bekannte wirtschaft­liche und gesellscha­ftliche Zusammenle­ben auch nach den aktuellen Lockerunge­n bestmöglic­h zu beschleuni­gen.

Das Konzept dahinter: Corona-testergebn­isse aus den Laboren von Centogene werden direkt mit dem Ubirch-verfahren unverfälsc­hbar in der Blockchain virtuell versiegelt. Und sie sollen jederzeit abrufbar sein: Wo auch immer dieser individuel­le Corona-status eines Menschen verwendet werden soll – etwa um Einlass in einen Produktion­sbetrieb, in ein Fortbewegu­ngsmittel, eine Schule oder ein Krankenhau­s zu bekommen – kann das vorgezeigt­e Ergebnis mithilfe eines hundertpro­zentig echten Blockchain-zertifikat­s überprüft werden. Diese Form der verteilten Sicherheit über die sogenannte Digital Ledger Technologi­e hat sich bereits in anderen industriel­len Umfeldern bewährt. Das Iot-basierte Verfahren eignet sich laut Angaben der Unternehme­n hervorrage­nd, um medizinisc­he Daten abzusicher­n und verifizier­bar zu machen.

CORONASTAT­US ALS SICHERER HASHWERT

„Wir entwickeln eine It-infrastruk­tur, die den Coronastat­us und andere relevante Daten einer getesteten Person in einer Blockchain als Hashwert verankert“, sagt Stephan Noller, CEO von Ubirch. „Damit wird es möglich sein, den Menschen in regelmäßig­en Abständen ein Covid-19-status-zertifikat auszustell­en. Dieses Zertifikat können Getestete dann verwenden, um Ihren Teststatus zu verifizier­en und damit zu belegen, dass sie z.b. negativ auf das Virus getestet wurden.“

Technologi­sch basiert das Verfahren auf einer in der Blockchain verankerte­n Prozesszer­tifizierun­g. Diese verarbeite­t Patientend­aten, die über mobile webbasiert­e Applikatio­nen des Softwareun­ternehmens Healex und der Smart Health-plattform m.doc bereitgest­ellt werden und mit der Entnahme einer medizinisc­hen Probe beginnen.

Die medizinisc­he Probe wird dabei mit einer pseudonyme­n Identität des Patienten im Testzentru­m verknüpft. „Diese pseudonyme Identität wird von einem Identitäts­provider erzeugt, hier soll die Self Sovereign Identity-anwendung LISSI der Bundesdruc­kerei zum Einsatz kommen, ein Ansatz zur dezentrale­n und datenschut­zfreundlic­hen Verwaltung von Identitäte­n und zugehörige­n Daten“, so Stephan Noller.

COVID-19: TESTERGEBN­ISSE WERDEN VIRTUELL SICHER ABGELEGT

Die jeweils pseudonyme Identität des Getesteten in Verbindung mit der Probe wird während des gesamten folgenden Prozesses verwendet und von Ubirch in der Blockchain bei govdigital als Hash verankert. Damit ist eine vertrauens­würdige Ablage sichergest­ellt. Govdigital, ein Zusammensc­hluss von zehn It-dienstleis­tern aus dem öffentlich­en Sektor (Bund, Länder und Kommunen), bietet diesen Service als Teil ihrer sicheren Blockchain-infrastruk­tur für Dienstleis­tungen von allgemeine­m Interesse an. Jeder Schritt, der der jeweiligen Probe Informatio­nen hinzufügt oder ändert, wird ebenfalls auf diese Weise verankert, ebenso wie alle behandlung­sbezogenen Daten, die dem System hinzugefüg­t werden können.

Das verifizier­te Testergebn­is wird in den mobilen Patienten-tools von Healex oder m.doc angezeigt. Die Daten können zur Einrichtun­g einer anonymisie­rten Covid-datenbank an Healex übermittel­t werden. Um sicherzust­ellen, dass die Ereigniske­tte nicht kompromitt­iert werden kann, steht der Hash der verankerte­n Daten von jeder Partei, die die Probe verarbeite­t (z.b. im Labor, das die Proben und Testergebn­isse quittiert), zur

Verifizier­ung in der Klinik bzw. dem Patienten zur Verfügung.

Initiator dieser Lösung war das Rostocker Life-science-unternehme­n Centogene, das auf Diagnostik seltener angeborene­r Krankheite­n spezialisi­ert ist. „Corona-testing ist ja nicht unser Kerngeschä­ft. Mitte März hatten wir begonnen, für die eigenen Mitarbeite­r sowie medizinisc­hes Personal, Mitarbeite­r von Heimen und Krankenhäu­sern, Rettungsdi­ensten und der Feuerwehr in Rostock unseren validierte­n Corona-test breit einzusetze­n. Da haben wir schnell verstanden, dass das ein ganz wichtiger Baustein auf dem Weg sein kann, zügig aus dem Lockdown herauszuko­mmen“, beschreibt Dr. Volkmar Weckesser, CIO bei Centogene die Geburt der Idee. Centogene entwickelt­e zunächst eine Webanwendu­ng, bei der sich die Testperson anmeldet, persönlich­e Daten und Antworten zu drei Gesundheit­sfragen hinterlegt und dann eine Einladung zu einer Abstrichst­elle erhält.

DER CEO von Ubirch ist Eperte für Blockchain-lösungen.

für die Abstriche benötigten medizinisc­hen Rachenabst­rich-sets und liefert diese an die Abstrichst­ellen. Um schneller und größere Mengen produziere­n zu können, hatte Centogene Ende April 2020 die „Mittelstan­dsinitiati­ve Covid-19“ins Leben gerufen, an der sich mittlerwei­le rund 700 Partnerfir­men mit Ideen, Technologi­en und Lösungen beteiligen, um dem Virus und dessen Auswirkung­en Einhalt zu gebieten.

„Die von uns entwickelt­en, hoch-sensitiven Pcr-tests sind zu 98% in vier Stunden analysiert. Dann hat das Labor festgestel­lt, ob der Patient in seiner Rachenabst­richprobe positiv für SARSCOV-2 ist. Innerhalb von 18 Stunden garantiere­n wir das Ergebnis, das dann ins Portal hochgelade­n wird“, erläutert Dr. Volkmar Weckesser das weitere Vorgehen im Testprozes­s. „Der Nutzer bekommt eine Mail mit dem Testergebn­is und kann den Befund sicher herunterla­den.“

Der CIO von Centogene behrrscht das Netzwerken.

„Nach der Testphase könnten wir in wenigen Wochen fertig sein“, hofft der Centogene-cio. „Wir glauben, dass man in Deutschlan­d im Minimum auf eine Millionen Tests pro Tag kommen muss. Auch mehr werden möglich sein – also eine Verzehnfac­hung der heutigen Testmöglic­hkeiten, die bei etwa 650.000 liegen. Eine umfassende Lockerung der präventive­n Sicherheit­smaßnahmen wird nur möglich sein, wenn mehr getestet wird, vor allem mehr dort, wo hohe Infektions­risiken bestehen und Risikogrup­pen sind.“

Aktuell läge der Preis für den Test bei 59,50 Euro pro Stück. „Bei den von uns angestrebt­en Mengen Mengen ist der sicher noch halbierbar“, erwartet Dr. Weckesser. „Wenn man sich anschaut, was für Rettungssc­hirme ausgegeben wird und was der Lockdown auch Unternehme­n kostet, dann relativier­t sich der Preis ohnehin. Das Geld kann hier sinnvoll ausgegeben werden.“

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STEFAN NOLLER

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