WARUM WIR AUCH IN DIGITALEN ZEITEN UNSER ANALOGES HIRN BRAUCHEN
Unser analoges Gehirn kann uns in digitalen Zeiten hervorragende Dienste leisten. Vorausgesetzt wir schalten erst das Hirn ein und dann die Elektronik – und nicht umgekehrt!
Remote Meetings, digital classrooms, virtuelle Messen – die Digitalisierung hat uns ein Stück weit durch die Pandemie getragen. Wir haben gelernt und sind gewachsen. Doch eine spannende Frage bleibt: Was macht unser analoges Gehirn in diesen digitalen Zeiten? Ist unsere Konzentrationsspanne tatsächlich geringer als die eines Goldfischs?
Ohne Digitalisierung sähen wir alt aus. Stimmt! Aber unser Gehirn ist alt. Und wir erleben täglich, wie schwer es ist, beides miteinander zu kombinieren: Viele User beklagen sich über Konzentrationsprobleme und große Müdigkeit an einem Tag voller Webmeetings. Dieses Phänomen nennt sich „Zoom-fatigue“oder „Zoom-müdigkeit“. Und hier zeigt sich auch ganz deutlich der Bruch zwischen digitalem Umfeld und unserem analogen Gehirn.
DIGITAL IST ALLES ANDERS!
Normalerweise sammelt unser Gehirn aus der Körpersprache unseres Gegenübers nonverbale Signale. Daraus werden Reaktionen abgeleitet. In einem Webmeeting ist die Körpersprache extrem eingeschränkt. Der Körper ist normalerweise verborgen, der Kopf als kleines Bild oder gar nicht sichtbar. Unser Gehirn versucht während Online-meetings die ganze Zeit, nonverbale Signale zu erkennen – ohne Erfolg.
Normalerweise loten wir in einem kurzen Smalltalk aus, wie die Stimmung bei den Kolleginnen und Kollegen ist. Jetzt ist unser Gehirn damit beschäftigt, sich aus unzusammenhängenden und unvollständigen Informationen, die es aus dem Online-meeting zieht, ein Bild zu machen. Daneben versuchen wir, uns auf das Inhaltliche zu konzentrieren. Dafür verbraucht unser Gehirn ziemlich viel Energie. Und das macht uns mürbe und müde. Laut einer Microsoft-studie ist unsere Konzentrationsspanne geringer als die eines Goldfischs.
VIRTUELLES MULTITASKING IST GIFT
Nicht nur bei den digital natives ist der „second screen“in aller Munde bzw. Hände. Das bedeutet, dass wir bei virtuellen Meetings immer wieder „nebenbei“Nachrichten lesen oder anderes auf dem Smartphone, beispielsweise eine schnelle Bestellung, erledigen. Multitasking in Reinform. Und das kann unser Gehirn nicht.
Für wie multitasking-fähig wir uns auch halten: Wenn wir während eines Online-meetings nebenbei E-mails checken, bekommen wir von beidem weniger mit als wenn wir es nacheinander erledigen. Das merken wir spätestens dann, wenn wir die E-mail, die wir während des Meetings geschrieben haben, noch einmal senden müssen, weil wir den Anhang vergessen haben. Gehirngerecht arbeiten bedeutet: Eine Aufgabe nach der anderen erledigen, nicht gleichzeitig.
FOKUS UND BASICS
Unser analoges Gehirn kann uns in digitalen Zeiten hervorragende Dienste leisten. Vorausgesetzt wir schalten erst das Hirn ein und dann die Elektronik – und nicht umgekehrt! Unsere Aufmerksamkeit – Fokus – entsteht im Arbeitsgedächtnis. Das hat leider eine sehr begrenzte Kapazität. Das bedeutet, dass wir nur verhältnismäßig wenige Dinge bewusst wahrnehmen und behalten können. Um unser analoges Gehirn dafür möglichst fit zu machen, hilft es, einige Gehirn-basics zu kennen und zu nutzen:
> Unser Gehirn ist sehr leistungs- und anpassungsfähig. Wichtig ist, dass die Grundversorgung passt: Bis zu zwei Liter Flüssigkeit und gehirngerechte, also ausgewogene, Ernährung bringen die nötige Energie, um konzentriert und fokussiert zu bleiben.
> Gut ist, wenn wir etwas angespannt sind, also leichten Stress verspüren. Das macht uns konzentriert und aufmerksam. Zuviel Stress schlägt ins Gegenteil um, über lange Zeit schädigt er gar das Gehirn.
> Durch Bewegung unterstützen wir unseren Stoffwechsel dabei, die Energie im Körper schnell Richtung Gehirn zu verteilen. Wir regen damit die Ausschüttung von Dopamin an und reduzieren Stresshormone.
> Die Botenstoffe, die uns Konzentration und Fokussierung ermöglichen, schüttet unser Gehirn aus: Serotonin für die gute Stimmung, Dopamin für das Vorankommen, und Opioide, also Glückshormone, wenn wir ein Ziel erreicht haben.