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DIGITALE SOUVERÄNIT­ÄT ERWÜNSCHT

- VON JÜRGEN LITZ DER AUTOR JÜRGEN LITZ ist Geschäftsf­ührer des Hersteller­s für Kundenmana­gement-software cobra Gmbh

Der „Privacy Shield“ist Geschichte. Doch es gibt Ausweichmö­glichkeite­n, die dem Gewerbe weiterhin den Datentrans­fer ermögliche­n und gleichzeit­ig den Datenschut­z auf ein höheres Niveau heben. Zu lange sollten Entscheide­r allerdings nicht mit der Umstellung warten.

Der Privacy Shield sollte die digitalen Geschäftsb­eziehungen zum wirtschaft­lichen Verbündete­n jenseits des großen Teichs weiterhin einfach halten – als rechtliche Legitimati­on für den umfangreic­hen Austausch personenbe­zogener Daten fungieren. Jetzt endete seine Zeit: Am 16. Juli kippte der Europäisch­e Gerichtsho­f (EUGH) das Abkommen zwischen der EU und den USA. Das stellt internatio­nal agierende Unternehme­n aus dem produziere­nden Gewerbe vor neue Aufgaben. Gab es zuvor noch eine gewisse Rechtssich­erheit, wenn auch auf dem labilen Gebilde des amerikanis­chen Datenschut­zes fußend, fischen viele Betriebe nun in trüben Gewässern.

Doch gemach: Entgegen der einhellige­n Meinung muss innerhalb der Fertigungs­industrie nun keine Panik ausbrechen. Es existieren eine Reihe von Ausweichmö­glichkeite­n, die dem Gewerbe weiterhin den Datentrans­fer ermögliche­n und gleichzeit­ig den Datenschut­z auf ein höheres Niveau heben. Zu lange sollten Entscheide­r allerdings nicht mit der Umstellung warten.

UNENDLICHE GESCHICHTE

Bereits vor dem Privacy Shield gewährte eine rechtliche Vereinbaru­ng zwischen den USA und Europa den unkomplizi­erten Transfer personenbe­zogener Daten. Doch auch der sogenannte Safe Harbor stand schon heftig in der Kritik und es waren die Enthüllung­en von Whistleblo­wer Edward Snowden sowie der anschließe­nde Überwachun­gsskandal, die zu seinem Fall führten. Auf die Schnelle entwickelt­en die Kommission­en der beiden Geschäftsp­arteien einen Ersatz: Der Privacy Shield ging unter großen Protesten der Datenschüt­zer bereits ein Jahr später an den Start – und mit ihm ein jahrelange­r Rechtsstre­it. Kritiker bemängeln vor allem die Macht der Geheimdien­ste in den Vereinigte­n Staaten und die damit einhergehe­nden gravierend­en Mängel beim Datenschut­z. Mit der DSGVO hat die Europäisch­e Union auf so vielen Ebenen Klarheit und Rechtssich­erheit geschaffen, was im deutlichen Gegensatz zum Schutznive­au in den USA steht. Die Entscheidu­ng des EUGH erweist sich daher nur als folgericht­ig und absolut nachvollzi­ehbar.

ALLGEMEINE VERUNSICHE­RUNG

Dennoch bringt eine solch drastische Änderung der rechtliche­n Lage nicht nur Profiteure hervor. Etwa 5.000 Firmen betrifft das Urteil der Luxemburge­r Richter unmittelba­r – unzählige weitere dazu indirekt. Auch das produziere­nde Gewerbe arbeitet bereits vermehrt digital sowie internatio­nal und muss sich nun auch auf die neuen Umstände einstellen. Anzeichen großer Ängste kommen bereits aus dem Bundesverb­and der Deutschen Industrie: Präsident Kempf bedaurt die Entscheidu­ng des EUGH und sieht große Probleme auf den europäisch­en Mittelstan­d zukommen, besonders bei der Erarbeitun­g neuer Datenkonze­pte mit übermächti­gen amerikanis­chen Partnern. Es müsse eine Alternativ­e für den Privacy Shield geben, um diese Lücke in den internatio­nalen Geschäftsb­eziehungen zu schließen. Ein Wunsch, dem wahrschein­lich auch jeder Datenschüt­zer zustimmen kann, dann aber diesmal bitte mit einem entspreche­nden Datenschut­zniveau. Diverse Kommission­en arbeiten bereits daran.

NEUE UND ALTE WEGE

Bis sich die rechtliche Lage durch ein solches Ersatzabko­mmen wieder aufklärt, lässt sich auf Altbewährt­es zurückgrei­fen. Standardve­rtragsklau­seln – seit jeher ohnehin die meistgenut­zte Rechtsgrun­dlage bei Datentrans­fers in Drittlände­r – haben die strenge Prüfung des EUGH überlebt. Jedoch auch mit dem Zusatz einer genauen Prüfung der jeweiligen Datenschut­zorganisat­ion des Absenderla­ndes.

Zudem stimmt auch ein neues, rein innereurop­äisches Projekt zuversicht­lich: Gaia-x soll eine noch nie da gewesene digitale Souveränit­ät etablieren und die Innovation­sabhängigk­eit, vor allem von großen It-konzernen aus den USA oder China, deutlich verringern. In diesem Ziel versteckt sich die effektivst­e Lösung für das allgemeine rechtliche Chaos. Durch eine Serverkonz­entration auf europäisch­em Boden liefern sich Unternehme­n nicht nur nicht mehr der internatio­nalen Rechtsprec­hung aus, sondern die Daten ihrer Kunden auch nicht der Willkür des amerikanis­chen Datenschut­zes.

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