Wahre Schönheit kommt von innen
Change-projekte, schnelles Wachstum und unvorhergesehene Ereignisse wie die Corona-krise sind in der Lebensgeschichte von Unternehmen einschneidende Episoden, die viel verändern. Gerade in den schwierigen und vor allem ungewissen Zeiten wird deutlich, wie wichtig interne Change- und Kulturentwicklungskompetenzen sind, um schnell und wirksam auf äußere Veränderungen reagieren zu können. Dieser Beitrag soll Impulse und Handlungsmöglichkeiten liefern, wie Sie diese Kompetenzen nutzen und nachhaltig aufbauen können.
Unternehmenskultur wird oft beschrieben als „der Kit, der alles zusammenhält“. Die gemeinsamen Werte und Normen dienen dabei als Stabilisator und Navigator, die ein Unternehmen durch unruhige Zeiten bringen kann. Gleichzeitig wissen wir, dass eine nachhaltig positive Geschäftsentwicklung nur mit einer guten Kulturentwicklung möglich ist, weshalb viele Unternehmen die Kulturentwicklung nicht mehr dem Zufall und dem Lauf der Zeit überlassen möchten. Eine authentische Kulturentwicklung benötigt dabei treibende Köpfe, die die Unternehmenskultur verkörpern, voranbringen und auch andere Mitarbeitende bei diesem Thema mitreißen: Studien belegen, dass bei der Einführung erfolgreicher Innovationen immer ein gewisser Prozentsatz sogenannter Frontrunner bzw. Innovators oder Early Adopters, benötigt wird, der die Entwicklung früh aufgreift und proaktiv vorantreibt (Rogers, 2003). Dasselbe gilt auch für die Kulturentwicklung in Unternehmen: Gesucht sind also Mitarbeitende, die Frontrunner der Kulturentwicklung sind. Zwar lesen wir oft von einzelnen Personen wie Steve Jobs, Jeff Bezos oder Karl und Theo Albrecht, die einzelne Unternehmenskulturen entscheidend geprägt haben. Doch auch sie waren darauf angewiesen, dass Personen in ihren Unternehmen die Werte und Ideen begeistert weitertragen haben. Denn erst die Mitarbeitende sowie deren Rituale, Werte, Normen und Geschichten waren es, die einzelne Kulturen und Unternehmen zu dem zu machen, was sie heute sind.
Wertepatenschaften als Treiber der Kulturentwicklung
Wenn also nun Kulturentwicklung aktiv betrieben werden will, benötigt es Multiplikatoren, welche die eigene Unternehmenskultur repräsentieren und voranbringen. Wer aber im Unternehmen könnte diese wichtige Rolle ausfüllen? Hier wird der Ruf nach sogenannten Change Agents, also internen Kultur-multiplikatoren, laut. Dies können grundsätzlich alle motivierten Mitarbeitenden sein: Führungskräfte, Neueinsteiger, „alte Hasen“und Mitarbeitende, für die das Thema Unternehmenskultur eine besondere Bedeutung hat. In der Praxis gibt es bereits einige Unternehmen, die genau das umsetzen: Beispielsweise übernehmen in manchen Firmen einzelne Mitarbeitende oder Führungskräfte die Patenschaft für einen der Unternehmenswerte. Dabei bloggen Sie im Intranet über „ihren“Wert, sprechen bei Veranstaltungen zu diesem Thema oder führen neue Mitarbeitende in die Unternehmenskultur ein. Die Wertepatenschaft ist nur eine von vielen Möglichkeiten wie Change Agents die oftmals nicht gelebten Werte aus langweiligen Wertebroschüren oder unbekannten Leitbilddokumenten im Alltag zum Leben erwecken. Der Nutzen interner Change Agents liegt dabei auf der Hand: Sie sind authentische Vertreter des Wandels und verbinden Loyalität zum Unternehmen mit der persönlichen Überzeugung, dass Kulturentwicklung notwendig ist. Gleichzeitig dienen Change Agents als Seismographen für die Akzeptanz der Veränderungen bei der Belegschaft. Denn die Praxis zeigt: Der Kulturwandel ist nicht immer so einfach, wie es sich Geschäftsführung und Personal vorstellen. Oftmals bilden sich Widerstände und sogar Allianzen in der Belegschaft die den Veränderungsprozess bewusst sabotieren. Hier gilt es frühzeitig Bescheid zu wissen und fürsorglich zu agieren. Change Agents bilden somit ein stabilisierendes Bindeglied zwischen Geschäftsführung, Personalabteilung, ggfs. externen Beratern und der Belegschaft. In dieser besonderen Rolle können Change Agents Vorschläge und Widerstände der Teams angemessen kommunizieren und genießen oftmals mehr Rückhalt bei den Kolleginnen und Kollegen als das Management, das oft sehr fern wirkt. Konkret setzen Change Agents im Arbeitsalltag Impulse für die Kulturentwicklung und können als Rollenmodell den Wandel besser vorleben als es in Strategiepapieren und geschlossenen Personal- und Führungskräfterunden jemals möglich wäre. Die Vorteile von Change Agents als Kulturbotschafterinnen sind also greifbar; doch ist mit dem Ernennen von einzelnen Mitarbeitenden zu Change Agents alles getan? Natürlich reicht es nicht aus Change Agents einfach be
Der Nutzen interner Change Agents liegt auf der Hand: Sie sind authentische Vertreter des Wandels und verbinden Loyalität zum Unternehmen mit der persönlichen Überzeugung, dass Kulturentwicklung notwendig ist.
stimmen und auf gute Kulturentwicklung hoffen. Damit Change Agents ihren Zweck auch erfüllen können, benötigen sie vor allem zwei Dinge: Erstens Klarheit bezüglich ihrer Rolle und zweitens die nötige Qualifizierung.
Rollenklarheit und Qualifizierung als Schlüsselfaktoren
Klarheit bezüglich Ihrer Rolle: Change Agents müssen einen klaren Auftrag haben und sich bewusst sein, dass neben ihrer Haupttätigkeit auch die Kulturentwicklung zu ihrem Aufgabenfeld gehört. Das umfasst etwa: Als Vorbild vorangehen, sensibel für die eigene Kultur und Veränderung sein, Stimmungen im Team und dem Unternehmen aufnehmen sowie das aktive Leben der Unternehmenswerte im Blick haben. Aber aufgepasst: Die Praxis zeigt, dass die Rolle als wertschätzende und sinnstiftende Aufgabe wahrgenommen und vermittelt werden muss und nicht als zusätzliche Belastung zur Haupttätigkeit aufgedrückt wird. Hier ist es wichtig, direkt zu Beginn Energien freizusetzen, um die Kulturentwicklung von innen ins Rollen zu bringen. In der Praxis richten deshalb einige Unternehmen feierliche Auftaktveranstaltungen aus oder organisieren eine gemeinsame Bergwanderung als Startschuss für die Übernahme dieser neuen Rolle mit der offiziellen Ernennung der Mitarbeitenden zu Change Agents. Die nötige Qualifizierung: Change Agents müssen Kompetenzen besitzen und Fähigkeiten erlernen, um ihre Rolle auch ausführen zu können. Das heißt, dass sie ein Verständnis entwickeln müssen, was Kultur und Change für Sie und das Unternehmen bedeutet. Sie sollten befähigt werden, Kulturelemente wahrnehmen zu können, um mit besonderem Gespür Entwicklungen zu beobachten und aktiv angehen zu können. Gleichzeitig müssen sie geschult werden, um Teaminteraktionen zu verstehen und das Handwerkszeug einer guten Kommunikation und eines lösungsorientiertes Konfliktmanagements zu erlernen. In der Praxis bildet die Ausbildung zum Change Agent den Rahmen für die Befähigung der Mitarbeitende und ist zugleich Wertschätzung für die Arbeit der Kulturbotschafterinnen. Wenn Unternehmens also Mitarbeitende zu Change Agents ausbilden wollen, sollten sie darauf achten, dass in den Trainings praktische Instrumente erlernt werden, um Veränderung zu kommunizieren und Widerständen bei der Kulturentwicklung begegnen zu können. Das umfasst Handwerkszeug für Moderation, Konfliktmanagement und Problemlösung in der Organisationsentwicklung.
Authentische Kulturentwicklung als Basis für Employer Branding
Dieses Investment zahlt sich aus: Change Agents haben einen starken positiven Einfluss auf das Employer Branding des Unternehmens und unterstützen die interne und externe Kommunikation. Denn Kulturentwicklung – als Teil der Unternehmensstrategie – ermöglicht, eine klare Arbeitgebermarke zu erschaffen, die nach innen wirkt und nach außen strahlt. Change Agents sorgen hierbei dafür, dass die Kultur eines Unternehmens authentisch abgebildet wird und sich nachhaltig entwickelt. Nach innen gerichtet bietet die so entstehende Kultur und die daraus abgeleitete Arbeitgebermarke den Mitarbeitenden eine klare Identität und bindet somit Talente. Nach außen erhöht eine glaubwürdige und überzeugende Arbeitgebermarke die Sichtbarkeit Ihres Unternehmens und sorgt so im Recruiting für eine höhere Bewerberquote. Machen Sie sich also auf und nutzen Sie das Potenzial, dass in Ihren Mitarbeitenden steckt. Denn auch in der Kulturentwicklung gilt: „Wahre Schönheit kommt von innen!“●