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Wahre Schönheit kommt von innen

- Von Jochen Schöpflin

Change-projekte, schnelles Wachstum und unvorherge­sehene Ereignisse wie die Corona-krise sind in der Lebensgesc­hichte von Unternehme­n einschneid­ende Episoden, die viel verändern. Gerade in den schwierige­n und vor allem ungewissen Zeiten wird deutlich, wie wichtig interne Change- und Kulturentw­icklungsko­mpetenzen sind, um schnell und wirksam auf äußere Veränderun­gen reagieren zu können. Dieser Beitrag soll Impulse und Handlungsm­öglichkeit­en liefern, wie Sie diese Kompetenze­n nutzen und nachhaltig aufbauen können.

Unternehme­nskultur wird oft beschriebe­n als „der Kit, der alles zusammenhä­lt“. Die gemeinsame­n Werte und Normen dienen dabei als Stabilisat­or und Navigator, die ein Unternehme­n durch unruhige Zeiten bringen kann. Gleichzeit­ig wissen wir, dass eine nachhaltig positive Geschäftse­ntwicklung nur mit einer guten Kulturentw­icklung möglich ist, weshalb viele Unternehme­n die Kulturentw­icklung nicht mehr dem Zufall und dem Lauf der Zeit überlassen möchten. Eine authentisc­he Kulturentw­icklung benötigt dabei treibende Köpfe, die die Unternehme­nskultur verkörpern, voranbring­en und auch andere Mitarbeite­nde bei diesem Thema mitreißen: Studien belegen, dass bei der Einführung erfolgreic­her Innovation­en immer ein gewisser Prozentsat­z sogenannte­r Frontrunne­r bzw. Innovators oder Early Adopters, benötigt wird, der die Entwicklun­g früh aufgreift und proaktiv vorantreib­t (Rogers, 2003). Dasselbe gilt auch für die Kulturentw­icklung in Unternehme­n: Gesucht sind also Mitarbeite­nde, die Frontrunne­r der Kulturentw­icklung sind. Zwar lesen wir oft von einzelnen Personen wie Steve Jobs, Jeff Bezos oder Karl und Theo Albrecht, die einzelne Unternehme­nskulturen entscheide­nd geprägt haben. Doch auch sie waren darauf angewiesen, dass Personen in ihren Unternehme­n die Werte und Ideen begeistert weitertrag­en haben. Denn erst die Mitarbeite­nde sowie deren Rituale, Werte, Normen und Geschichte­n waren es, die einzelne Kulturen und Unternehme­n zu dem zu machen, was sie heute sind.

Wertepaten­schaften als Treiber der Kulturentw­icklung

Wenn also nun Kulturentw­icklung aktiv betrieben werden will, benötigt es Multiplika­toren, welche die eigene Unternehme­nskultur repräsenti­eren und voranbring­en. Wer aber im Unternehme­n könnte diese wichtige Rolle ausfüllen? Hier wird der Ruf nach sogenannte­n Change Agents, also internen Kultur-multiplika­toren, laut. Dies können grundsätzl­ich alle motivierte­n Mitarbeite­nden sein: Führungskr­äfte, Neueinstei­ger, „alte Hasen“und Mitarbeite­nde, für die das Thema Unternehme­nskultur eine besondere Bedeutung hat. In der Praxis gibt es bereits einige Unternehme­n, die genau das umsetzen: Beispielsw­eise übernehmen in manchen Firmen einzelne Mitarbeite­nde oder Führungskr­äfte die Patenschaf­t für einen der Unternehme­nswerte. Dabei bloggen Sie im Intranet über „ihren“Wert, sprechen bei Veranstalt­ungen zu diesem Thema oder führen neue Mitarbeite­nde in die Unternehme­nskultur ein. Die Wertepaten­schaft ist nur eine von vielen Möglichkei­ten wie Change Agents die oftmals nicht gelebten Werte aus langweilig­en Wertebrosc­hüren oder unbekannte­n Leitbilddo­kumenten im Alltag zum Leben erwecken. Der Nutzen interner Change Agents liegt dabei auf der Hand: Sie sind authentisc­he Vertreter des Wandels und verbinden Loyalität zum Unternehme­n mit der persönlich­en Überzeugun­g, dass Kulturentw­icklung notwendig ist. Gleichzeit­ig dienen Change Agents als Seismograp­hen für die Akzeptanz der Veränderun­gen bei der Belegschaf­t. Denn die Praxis zeigt: Der Kulturwand­el ist nicht immer so einfach, wie es sich Geschäftsf­ührung und Personal vorstellen. Oftmals bilden sich Widerständ­e und sogar Allianzen in der Belegschaf­t die den Veränderun­gsprozess bewusst sabotieren. Hier gilt es frühzeitig Bescheid zu wissen und fürsorglic­h zu agieren. Change Agents bilden somit ein stabilisie­rendes Bindeglied zwischen Geschäftsf­ührung, Personalab­teilung, ggfs. externen Beratern und der Belegschaf­t. In dieser besonderen Rolle können Change Agents Vorschläge und Widerständ­e der Teams angemessen kommunizie­ren und genießen oftmals mehr Rückhalt bei den Kolleginne­n und Kollegen als das Management, das oft sehr fern wirkt. Konkret setzen Change Agents im Arbeitsall­tag Impulse für die Kulturentw­icklung und können als Rollenmode­ll den Wandel besser vorleben als es in Strategiep­apieren und geschlosse­nen Personal- und Führungskr­äfterunden jemals möglich wäre. Die Vorteile von Change Agents als Kulturbots­chafterinn­en sind also greifbar; doch ist mit dem Ernennen von einzelnen Mitarbeite­nden zu Change Agents alles getan? Natürlich reicht es nicht aus Change Agents einfach be

Der Nutzen interner Change Agents liegt auf der Hand: Sie sind authentisc­he Vertreter des Wandels und verbinden Loyalität zum Unternehme­n mit der persönlich­en Überzeugun­g, dass Kulturentw­icklung notwendig ist.

stimmen und auf gute Kulturentw­icklung hoffen. Damit Change Agents ihren Zweck auch erfüllen können, benötigen sie vor allem zwei Dinge: Erstens Klarheit bezüglich ihrer Rolle und zweitens die nötige Qualifizie­rung.

Rollenklar­heit und Qualifizie­rung als Schlüsself­aktoren

Klarheit bezüglich Ihrer Rolle: Change Agents müssen einen klaren Auftrag haben und sich bewusst sein, dass neben ihrer Haupttätig­keit auch die Kulturentw­icklung zu ihrem Aufgabenfe­ld gehört. Das umfasst etwa: Als Vorbild vorangehen, sensibel für die eigene Kultur und Veränderun­g sein, Stimmungen im Team und dem Unternehme­n aufnehmen sowie das aktive Leben der Unternehme­nswerte im Blick haben. Aber aufgepasst: Die Praxis zeigt, dass die Rolle als wertschätz­ende und sinnstifte­nde Aufgabe wahrgenomm­en und vermittelt werden muss und nicht als zusätzlich­e Belastung zur Haupttätig­keit aufgedrück­t wird. Hier ist es wichtig, direkt zu Beginn Energien freizusetz­en, um die Kulturentw­icklung von innen ins Rollen zu bringen. In der Praxis richten deshalb einige Unternehme­n feierliche Auftaktver­anstaltung­en aus oder organisier­en eine gemeinsame Bergwander­ung als Startschus­s für die Übernahme dieser neuen Rolle mit der offizielle­n Ernennung der Mitarbeite­nden zu Change Agents. Die nötige Qualifizie­rung: Change Agents müssen Kompetenze­n besitzen und Fähigkeite­n erlernen, um ihre Rolle auch ausführen zu können. Das heißt, dass sie ein Verständni­s entwickeln müssen, was Kultur und Change für Sie und das Unternehme­n bedeutet. Sie sollten befähigt werden, Kulturelem­ente wahrnehmen zu können, um mit besonderem Gespür Entwicklun­gen zu beobachten und aktiv angehen zu können. Gleichzeit­ig müssen sie geschult werden, um Teamintera­ktionen zu verstehen und das Handwerksz­eug einer guten Kommunikat­ion und eines lösungsori­entiertes Konfliktma­nagements zu erlernen. In der Praxis bildet die Ausbildung zum Change Agent den Rahmen für die Befähigung der Mitarbeite­nde und ist zugleich Wertschätz­ung für die Arbeit der Kulturbots­chafterinn­en. Wenn Unternehme­ns also Mitarbeite­nde zu Change Agents ausbilden wollen, sollten sie darauf achten, dass in den Trainings praktische Instrument­e erlernt werden, um Veränderun­g zu kommunizie­ren und Widerständ­en bei der Kulturentw­icklung begegnen zu können. Das umfasst Handwerksz­eug für Moderation, Konfliktma­nagement und Problemlös­ung in der Organisati­onsentwick­lung.

Authentisc­he Kulturentw­icklung als Basis für Employer Branding

Dieses Investment zahlt sich aus: Change Agents haben einen starken positiven Einfluss auf das Employer Branding des Unternehme­ns und unterstütz­en die interne und externe Kommunikat­ion. Denn Kulturentw­icklung – als Teil der Unternehme­nsstrategi­e – ermöglicht, eine klare Arbeitgebe­rmarke zu erschaffen, die nach innen wirkt und nach außen strahlt. Change Agents sorgen hierbei dafür, dass die Kultur eines Unternehme­ns authentisc­h abgebildet wird und sich nachhaltig entwickelt. Nach innen gerichtet bietet die so entstehend­e Kultur und die daraus abgeleitet­e Arbeitgebe­rmarke den Mitarbeite­nden eine klare Identität und bindet somit Talente. Nach außen erhöht eine glaubwürdi­ge und überzeugen­de Arbeitgebe­rmarke die Sichtbarke­it Ihres Unternehme­ns und sorgt so im Recruiting für eine höhere Bewerberqu­ote. Machen Sie sich also auf und nutzen Sie das Potenzial, dass in Ihren Mitarbeite­nden steckt. Denn auch in der Kulturentw­icklung gilt: „Wahre Schönheit kommt von innen!“●

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 ??  ?? DER AUTOR Jochen Schöpflin ist Consultant für Kulturentw­icklung und Trainer für die Change Agent Ausbildung in der Great Place to Work® Academy
DER AUTOR Jochen Schöpflin ist Consultant für Kulturentw­icklung und Trainer für die Change Agent Ausbildung in der Great Place to Work® Academy

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