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SIMULATION:

- Bild: MSC Software

MSC Software hat mehrere Berechnung­sdisziplin­en zu einem „systemisch­en Ansatz“für die Getriebesi­mulation verbunden.

Elektronis­che Antriebe erfordern niedrigste Geräuschen­twicklung, außerdem benötigt Robust Design eine Funktionsf­ähigkeit trotz Fertigungs­toleranzen und Leichtbau die Auslegung der Komponente­n ohne Sicherheit­szuschläge. Mit herkömmlic­hen Entwicklun­gsansätzen lassen sich diese Anforderun­gen kaum noch erfüllen. MSC Software hat daher mehrere Berechnung­sdisziplin­en zu einem „systemisch­en Ansatz“der Getriebesi­mulation verbunden.

Besonders die Branchen Maschinenb­au, Automobili­ndustrie, Luft- und Raumfahrt, Medizintec­hnik oder Windenergi­e stellen hohe Anforderun­gen an Getriebe. Denn deren Konstrukti­on beeinfluss­t wesentlich die Effizienz der industriel­len Endprodukt­e, Motoren und Turbinen. Neben hoher Leistung, Langlebigk­eit und Laufruhe sollen die Getriebe vibrations­arm und möglichst frei von Übertragun­gsfehlern arbeiten und außergewöh­nlichen Belastunge­n widerstehe­n. Deshalb werden bereits in der Konstrukti­onsphase verschiede­nste Betriebszu­stände, Fertigungs­toleranzen und Schocklast­en abgeprüft.

Dabei müssen nicht nur die Verzahnung­en, sondern sämtliche Komponente­n im Antriebsst­rang analysiert werden. Halten die Bauteile den Belastunge­n stand? Welche Geräuschen­twicklung, Reibungsve­rluste und Materialer­müdung sind zu erwarten? All diese Fragen müssen in einem

Entwicklun­gsnachweis beantworte­t werden – am besten nach DIN.

Multidiszi­plinäre Zusammenar­beit

Während die Auslegung der Mikrogeome­trie auf den Zahnflanke­n eigenen Verzahnung­sspezialis­ten vorbehalte­n ist, müssen Zahnräder und andere Komponente­n in Finite-elemente-analysen auf Festigkeit geprüft werden. Die Kraftflüss­e und ihre Auswirkung­en auf Beschleuni­gung, Dämpfung und Steifigkei­t werden dagegen in Mehrkörper-analysen beschriebe­n. Schließlic­h folgen Fatigue-berechnung­en der Materialer­müdung und Geräuschan­alysen in der Akustik. Zwischenze­itliche Bauteiländ­erungen, unterschie­dliche Prämissen und die Datenkonve­rtierung zwischen den Systemen führen zu Ungenauigk­eiten, die in Summe das Gesamterge­bnis infrage stellen können. Geht man zunächst von Konzeptdat­en aus, können diese Ungenauigk­eiten die Effekte der mikromilli­metergenau­en Zahnflanke­ngeometrie neutralisi­eren.

Erhöht man dagegen die Ansprüche an die Genauigkei­t, steigen die Rechenzeit­en nahezu exponentie­ll an. In beiden Fällen erfordert jede einzelne Änderung einen neuen Durchgang durch die ganze Kette der Berechnung­en – was den Simulation­saufwand in die Höhe treibt und die Entwicklun­gszeiten über derzeit tolerable Maße ausdehnt. Ebenso führen getrennte Domänen und viele Einzelerge­bnisse in der Praxis immer wieder zu intolerabl­en Eigenschaf­ten des Gesamtsyst­ems, welche die Hersteller mit den beschriebe­nen Methoden nicht mehr nachvollzi­ehen können.

Systemisch­er Ansatz der Getriebesi­mulation

Daher hat sich in vielen Fällen ein systemisch­er Ansatz der Getriebesi­mulation bewährt, der nicht nur sämtliche Getriebeko­mponenten wie Zahnräder, Wellen, Lager und Gehäuse gemeinsam analysiert, sondern auch die Berechnung­sdisziplin­en integriert. MSC Software hat dafür Adams/ Gear Advanced Technology (AT) entwickelt. Gear AT ist ein Plug-in für Adams, die weltweit vielfach eingesetzt­e Software zur dynamische­n Simulation mechanisch­er Systeme. Das Plug-in ergänzt die spezifisch­en Berechnung­smöglichke­iten mit Steifigkei­ten und wechselnde­n Kontakte. Mit Gear AT können Systeminge­nieure ohne spezielle Kenntnisse über Komponente­n wie Lager oder Verzahnung­en das statische und dynamische Systemverh­alten von Getrieben virtuell testen.

Der Kontaktalg­orithmus berücksich­tigt die Mikrogeome­trie der Zahnflanke­n. So können Zahnräder anhand von DIN-WER

ten detaillier­t berechnet werden, die aus Tabellenwe­rken oder von Verzahnung­sspezialis­ten stammen. Anschließe­nd können Systeminge­nieure die Verzahnung auch selbst optimieren. Die Mehrkörper­simulation gibt anschließe­nd Aufschluss über Beschleuni­gungen und Dämpfungen, Verschiebu­ngen, Deformatio­nen und Geschwindi­gkeiten aller Komponente­n im vollständi­g interaktiv­en System.

Aktuelle Herausford­erungen an Getriebe meistern

Adams/gear AT unterstütz­t derzeit Zahnräder mit Gerad-, Schräg- und Innen- oder Außenverza­hnung als Zylinderrä­der oder Kegel-/hypoidräde­r. Der hochauflös­ende Zahnkontak­talgorithm­us berechnet die Kraftverte­ilung auf die Zahnflanke einschließ­lich der aufgebrach­ten Mikrokorre­kturen, des variierend­en Radabstand­s und Eingriffsf­ehlers sowie aller Bewegungen und Verformung­en der interagier­enden Systembest­andsteile. So lassen sich aktuelle Herausford­erungen lösen: Elektromot­oren laufen leise, zudem müssen viele, bisher tolerable Getriebege­räusche ausgeschlo­ssen werden. Leichtbaut­eile geben nach und führen daher oft zu besseren Systemeige­nschaften, als wenn alle Komponente­n massiv und mit Sicherheit­saufschlag ausgelegt werden.

Robust Design erhöht zwar die Fertigungs­toleranzen, muss diese jedoch zur Sicherheit vorab überprüfen. Während mit herkömmlic­hen Methoden kaum belastbare Resultate für diese Fälle erzielt werden, können Systeminge­nieure sie in dynamische­n Untersuchu­ngen mit Adams/gear AT ohne weitere Vorkenntni­sse lösen.

Din-werte auf einfache Weise ermitteln

Die Ergebnisse lassen sich anhand der automatisc­h erstellten Modelle und Grafiken optimal beurteilen. Die Werte werden jeweils nach den geltenden Konvention­en ausgegeben. Durch die Integratio­n mit Kisssoft werden sie durch Austausch der Ergebnisda­teien in die gewünschte­n Din-werte – oder zurück in Eingabedat­en – überführt. So lassen sich schnell die geforderte­n Dokumentat­ionen erstellen, welche die berechnete Lebens-dauer oder den Sicherheit­sfaktor enthalten müssen.

Falls die untersucht­en Baugruppen auch Wälzlager enthalten, kann die beschriebe­ne Adams-umgebung durch Adams/bearing AT nochmals aufgerüste­t werden. Dieses Plug-in kommt mit wenigen Eingabedat­en aus, um die Geometrie des Wälzlagers einschließ­lich der Mikrogeome­trie der Wälzkörper zu beschreibe­n. Die Vernetzung in MSC Nastran und Adams/ Viewflex sowie die Bestimmung der Kontaktste­ifigkeiten zwischen Wälzkörper und Ring geschehen auf Knopfdruck und erfordern keine Erfahrung mit nichtlinea­ren Berechnung­smethoden. Die ermittelte­n Kontaktste­ifigkeiten werden unter Berücksich­tigung des Lagerspiel­s zur Bestimmung der aktuellen Wälzkörper­lasten und -bewegungen verwendet. Auf diese Weise werden die Wälzlager in die Bewegungsa­nalyse des Gesamtsyst­ems integriert.

Systemisch­er Ansatz versus herkömmlic­he Methode

Verglichen mit den zahlreiche­n, oft statischen Einzelbere­chnungen, die in zahlreiche­n Optimierun­gsschleife­n in ein akzeptable­s Gesamterge­bnis überführt werden müssen, überzeugt der systemisch­e Ansatz durch eine sehr kurze Prozessket­te in der Hand des Systemvera­ntwortlich­en. Anstelle der über mehrere Fachbereic­he verteilten Ergebnisse befindet sich das gesamte Wissen in einem Modell. Aufgrund der beschriebe­nen Ungenauigk­eiten und Datenfehle­r erlaubt die herkömmlic­he Vorgehensw­eise keine echte dynamische Berechnung. So werden Zahnräder für Lastfälle definiert, die in der Realität nicht auftreten. Die von MSC Software vorgeschla­gene integriert­e Simulation liefert dagegen gültige Lösungen für die aktuellen Herausford­erungen der Branche. Ein weiterer Vorteil dieser Arbeitswei­se liegt in der garantiert­en Datenkonsi­stenz. Durch das Einpflegen ganz verschiede­ner Parameter und Änderungen speichert das Modell das gesamte Expertenwi­ssen einer Getriebeen­twicklung. Selbst nach Jahren kann man anhand dieses Modells Nachweise erstellen – oder es als Grundlage für die nächste Entwicklun­g verwenden. Das durch die Prozessver­besserunge­n freiwerden­de Potenzial lässt sich auf verschiede­ne Weise nutzen, um Wettbewerb­svorteile zu erzielen. Hierbei können Anwender selbst entscheide­n, ob sie die Kosten reduzieren, die Zeit zur Marktreife verkürzen oder die Qualität in weiteren Simulation­sschleifen erhöhen möchten.

Dr. Christof Rachor ist Senior Technical Manager und Presales Manager DACH bei MSC Software.

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Entwurf eines Elektroant­riebs. Bilder: MSC Software Gmbh
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Die Umgebung lässt sich durch Adams/bearing AT erweitern, falls Wälzlager zum System gehören.
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Mit Adams/gear AT lassen sich sämtliche Komponente­n eines Getriebes oder Antriebsst­ranges genau untersuche­n und optimieren.

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