Energiesparende Kühlung durch Multiphysik-simulation
Nokia Bell Labs hat die Multiphysiksimulation dazu genutzt, eine energiesparende Kühllösung zu entwickeln
Ein Team von Ingenieuren bei Nokia Bell Labs haben die Multiphysik-simulation genutzt, um das Zusammenspiel zwischen einem oszillierenden piezoelektrischen Lüfter und dem umgebenden Luftstrom zu erfassen. Das Ergebnis war die Entwicklung einer leisen, zuverlässigen und energiesparenden Kühllösung.
Von der Bewegung einer Schlange über den Klettergriff eines Geckos bis hin zum Laufschritt eines Geparden: Das bio-inspirierte Design erhält Einzug in die Robotik, Elektronik und Medizintechnik. Unter den Kreaturen, die die jüngsten technischen Entwicklungen beeinflusst haben, ist der Vogel. Die Bewegung seiner Flügel hat die Entwicklung eines oszillierenden piezoelektrischen Lüfterblattes inspiriert. Da die Elektronik immer kleiner geworden ist und über längere Zeiträume genutzt wird, ist die interne Wärmelast größer und erfordert neue Kühlmethoden. Bei piezoelektrischen Ventilatoren dehnt sich ein piezoelektrisches Material beim Anlegen einer Spannung aus und zusammen, wodurch die Bewegung eines freitragenden Blatts ausgelöst wird und ein Luftstrom entsteht. Sie sind zuverlässig, energiesparend und leise, wodurch sie sich optimal für diese Anwendung eignen.
Zu denjenigen, die die Forschung an diesem Konzept fördern, gehören Akshat Agarwal und Ronan Frizzell von Nokia Bell Labs. Sie arbeiteten daran, die Luftströmung um die Lüfter zu charakterisieren. Der Einblick in die Luftströmungsmuster an einem oszillierenden Blatt ist auch bei unerwarteten Anwendungen mit ähnlichem Luftstrom von großer Bedeutung.
Entwickler von elektronischen Geräten für den Langzeitbetrieb verlassen sich in der Regel entweder auf natürliche Konvektion oder erzwungene Konvektion mittels angetriebener Ventilatoren, um die Wärmeerzeugung
zu reduzieren. Die erzwungene Konvektion erfordert jedoch eine beträchtliche Menge an Leistung und ist nicht besonders gut geeignet für kleine Größenskalen.
Auf halbem Weg zwischen natürlicher und erzwungener Konvektion bietet ein piezoelektrisches Material die Möglichkeit der Wärmebehandlung, indem es sich beim Anlegen einer Spannung ausdehnt und zusammenzieht, was zu einer oszillierenden Bewegung der angeschlossenen Lüfterblätter führt und so den Luftstrom einleitet. Ronan Frizzell erklärt hierzu: „Ein piezoelektrischer Ventilator ist ein Sprungbrett. Natürliche Konvektion wird nach Möglichkeit bevorzugt, aber in bestimmten Fällen ist es sinnvoll, einen aktiven Teil zur Bewegung der Luft zu integrieren.“
Das Lüfterblatt, das in der Forschung bei Nokia verwendet wird, besteht aus einem piezoelektrischen Material, das mit einem Acetatstreifen und einer Mylarscheibe verbunden ist. Bei einem dynamischen System auf kleinem Raum kann das Verständnis der Strömungsdynamik schwierig sein. Um den Luftstrom um das oszillierende Teil herum wirklich zu erfassen, mussten die Ingenieure die zweidimensionale Arbeit auf dreidimensionale Simulationen und physikalische Tests erweitern.
Bestimmung des Luftströmungsmusters
Die Ingenieure bei Nokia Bell Labs charakterisierten das System zunächst experimentell mit Hilfe der phasenverriegelten Particle Image Velocimetry (PIV), die es ihnen ermöglichte, die Wirbelstärke und die Geschwindigkeit eines nicht eingeschränkten Lüfters im freien Raum für insgesamt elf Positionen des oszillierenden Blatts zu bestimmen. Für jede Position wurden Daten entlang von fünf x-y-ebenen und fünf x-zebenen erfasst, um ein 3D-feld zu erhalten.
Der nächste Schritt war die Modellierung der Blatt-luft-wechselwirkung, um weitere Einblicke in das System zu gewinnen. Bei der Festlegung einer Strategie für die Simulation standen Schnelligkeit und Genauigkeit im Vordergrund. „Es war uns wichtig, die Fluidströmung um das Blatt so schnell wie möglich genau zu modellieren. Dadurch konnten wir virtuell Design-iterationen durchführen und untersuchen, wie sich diese Blätter in vielen verschiedenen Situationen verhalten würden“, erklärt Frizzell.
Die Ingenieure betrachteten zunächst die Modellierungsmethoden, aber die rechnerischen Anforderungen solcher Ansätze veranlassten sie, einen anderen Ansatz in Betracht zu ziehen. Sie gingen davon aus, dass die Lösung von Comsol weniger Rechenleistung erfordern und die Arbitrary-lagrangian-eulerian-methode beinhalten würde, also die bevorzugte Methode zur Simulation der Physik dieses Systems. Dieses Verfahren kombiniert die Fluidströmung, die unter Verwendung einer Eulerschen Beschreibung formuliert wurde, mit der Feststoffmechanik unter Verwendung der Lagrange’schen Beschreibung.
Analyse des Fluidverhaltens
Akshat Agarwal verwendete Comsol, um eine 3D-bidirektionale Fluid-struktur-interaktion-analyse der Kräfte und des Fluidverhaltens in dem oszillierenden Blatt durchzuführen. Diese Analyse ermöglichte es ihm, die Physik des Systems genau zu erfassen. Dank der Flexibilität der Lösung konnte Agarwal das Design in einigen seiner Simulationen vereinfachen und für jeden Aspekt der Simulation den besten Ansatz wählen. Um die Untersuchung zugunsten der rechnerischen Effizienz zu vereinfachen, modellierten die Ingenieure die Scherkraft und den Fluiddruck während der Bewegung, anstatt die Lüfterbewegung selbst zu untersuchen. Die Simulationsergebnisse zeigten die Strömungsgeschwindigkeit sowie die Strukturen der Wirbel und deren Bewegung um das Lüfterblatt.
„Wir erhielten ein Bild des Luftstroms in der Nähe des Blatts, mit einer besseren Auflösung als alles, was wir aus experimentellen Ergebnissen erhalten konnten. An der Kante des Blatts findet die stärkste Strömung statt und der Impuls ist am größten. Aus unseren Experimenten konnten wir das PIV-BILD betrachten und Bewegungsebenen erfassen. Dann haben wir diese Ebenen zusammengefügt, um die Form der Wirbel zu erhalten. Aber die Auflösung ist begrenzt, da man während eines Experiments nur eine begrenzte Anzahl von Ebenen erhalten kann“, berichtet Agarwal.
„Wenn Sie eine vollständige 3D-simulation eines solchen Problems durchführen, können Sie die Geschwindigkeit in der Nähe des Ventilators und in größerer Entfernung davon studieren und viele verschiedene Variablen darstellen“, erklärt Agarwal. Er und Frizzell führten eine Nachbearbeitung durch, um Darstellungen der Wirbelstärke im Luftstrom um das Blatt zu erzeugen.
Modell für zukünftige Designs
Das Team bei Nokia Bell Labs fand heraus, dass ihre Simulationen alle Details und Dynamiken des Systems erfasst haben. Außerdem analysierten die Simulationen den Luftstrom und die Bewegung in der Nähe des Blatts detaillierter als physikalische Experimente. Ihre Studie ergab ein validiertes Modell, das sie als Maßstab für zukünftige Designs verwenden möchten. Das Wissen aus den Ergebnissen kann auch für Anwendungen in anderen Bereichen genutzt werden, wie Schlagflügel-uavs.
„Die Stärke von Comsol besteht darin, dass wir neue Geometrien umsetzen und das Design viel schneller optimieren können. Ich konnte mit dem Design spielen und das Beste aus den für mich relevanten Designfeatures herausholen“, fasst Agarwal zusammen. Zukünftige Studien könnten den Luftstrom und die Strömungsdynamik um mehr als ein oszillierendes Blatt herum untersuchen, um zu verstehen, wie sich mehrere gemeinsam eingesetzte Lüfter auf den Kühleffekt auswirken.