Ablöse im Hafen
Festoon-systeme weichen zunehmend modernen Energieführungsketten
Hohe Geschwindigkeiten und Beschleunigungen, lange Verfahrwege und nicht zuletzt extreme Wetterbedingungen: Energieführungen, die in Hafenkranen eingesetzt werden, müssen den zahlreichen Anforderungen dieser Anwendung gewachsen sein. Festoon-systeme weichen dabei in zahlreichen Häfen modernen Energieführungsketten – welche Vorteile diese haben, zeigt dieser Bericht.
Energieführungen für Hafenkräne: Mehr und mehr wächst das Bewusstsein dafür, dass Energieführungssysteme an Kranen eine gute Alternative sind – auch und gerade an Hafenkranen, die bislang eine Domäne von traditionellen Festoon-systeme waren. Doch was sind die Gründe?
Zunächst lassen sich in einer Energiekette alle Arten von Medien gleichzeitig führen – Kabel, Schläuche und Lichtwellenleiter. Ein weiterer wesentlicher Vorteil liegt im platzsparenden Design: Die Energieführungskette wird direkt unter dem Hauptträger mit einer Systemhöhe von weniger als einem Meter installiert. Es gibt keine herunterhängenden Kabelschlaufen, die sich in der Kranstahlkonstruktion verfangen könnten.
Apropos Schlaufen: Für die Unterbringung der Schleppkabel wird eine zusätzliche Stahlkonstruktion in Länge von etwa zehn Prozent des Fahrwegs benötigt. Dies ist bei einem Energieführungssystem nicht erforderlich: Das Ende des Kranträgers ist gleichzeitig das Ende der Energieführung. Daraus ergibt sich auch, dass bei Energieführungsketten wesentlich kürzere Kabellängen benötigt werden.
Schluss mit den Bungee-seilen
Eine Energieführung wird vom Krantrolley geschoben und gezogen, das bedeutet, dass, anders als bei vielen Festoon-systemen, keine zusätzlichen Antriebe nötig sind. Ebenso entfallen Steuerungssysteme, um den Krantrolley mit dem Kabelmanagementsystem zu synchronisieren. Somit sparen Anwender bares Geld – und auch Zeit: Denn Energieführungssysteme sind wartungsfreundlicher und benötigen weder eine Nachschmierung noch einen Wechsel der Rollen oder des Bungee-seils. Leitungen lassen sich im Bedarfsfall ohne kompliziertes Einfädeln problemlos austauschen. Das neue Kabel wird einfach mit dem alten Kabel in die Kette eingezogen. Dabei müssen keine Schraubverbindungen gelöst werden.
Nicht zuletzt ergibt sich bei Energieführungen eine geringere mechanische Belastung der Kabel: Auch wenn ein Kran nicht läuft, sind Festoon-kabel immer in Bewegung – verursacht durch den Trolley, durch die Portalfahrt und nicht zuletzt durch den Wind. Die Kabel werden somit ständig mechanisch belastet. Bei Energieführungsketten entsteht diese Situation gar nicht erst. Die Kabel werden innerhalb der Energiekette verlegt, die sich leitungsschonend vor und zurück bewegt. Zudem ist es bei Energieführungsketten möglich, definierte Biegeradien für die Kabel zu realisieren.
Spezielle Energieführungsketten für Hafenkrane
Ein Lieferant, der sich auch auf die Ausstattung von Kränen spezialisiert hat, ist Tsubaki Kabelschlepp. Für Hafenkrane empfiehlt das Unternehmen Hybrid-energieführungen, die aus Kunststoff-seitenteilen und seewasserfesten Aluminium-öffnungsstegen bestehen. Letztere sind bessere Gleitpartner für Kabel als glasfaserverstärkte Kunststoff-öffnungsstege. Außerdem können Anwender jede gewünschte Breite ohne festes Maßraster wählen.
Für Rubber-tired-gantry-(rtg)-, Railmounted-gantry-(rmg)und Automated-stacking-(asc)-kräne eignet sich zum Beispiel die Vario-line-m-serie mit Gleitschuhen in Kombi mit Traxline-leitungen 700 (PUR) oder 1000 (TPE). Bei dem System ist die Wartung vereinfacht: Bei Bedarf tauschen Anwender die Gleitschuhe mithilfe eines handelsüblichen Schraubendrehers aus – dieser Vorgang dauert wenige Sekunden.
Eine gute Wahl für Ship-to-shore-(sts)kräne sind Roller-supported-chain-(rsc)systeme in Schwerlastausführung. Aus dem Sortiment von Kabelschlepp bietet sich die TKHD-SERIE an: Diese extrem robusten und stabilen Energieführungsketten eignen sich besonders für die Kranindustrie mit ihren langen Verfahrwegen. Eine solide Konstruktion ermöglichen eine hohe Lebensdauer in schmutzigen und rauen Umgebungen. Für einen ruhigen Lauf sorgt ein integriertes Dämpfungssystem, das dauerhaft sowohl im Kettenradius als auch in der gestreckten Länge arbeitet.
Die Teilung von 90 Millimetern und die polygonoptimierte Außenkontur sorgen für einen ruhigen Lauf der Energieführungskette. Bei einer Innenhöhe von 87 Millimetern lässt sich die Breite der TKHDSERIE exakt dem Bauraum anpassen: Aluminiumstege im 1-Millimeter-breitenraster machen es möglich. Auch die vertikale Innenaufteilung ist dank fixierbarer Trennstege flexibel gestaltbar. Anwender profitieren zudem von einer schnellen Montage; die Energieführungsketten lassen sich zur Leitungsbelegung sowohl nach innen als auch nach außen schnell öffnen.
Verfahrweg 300 Meter
Roller-supported-chains sind eine Lösung für hohe Zusatzlasten und lange Verfahrwege. Deshalb kamen sie auch bei einem aktuellen Projekt zum Einsatz: Das Rsc-system wurde im firmeneigenen Hafen eines Düngemittelherstellers auf der Insel Borneo installiert – konkret auf der Längsverfahrung einer neuen Krananlage, die zur Be- und Entladung von Schiffen dient. Wegen der geforderten Verfahrweglänge in Kombination mit dem dazugehörigen Leitungspaket fiel die Entscheidung für eine rollende Kettenanwendung. Im Gegensatz zu bereits auf dem Markt existierenden kombiniert gleitenden/ rollenden Systemen berührt das Obertrum des Kabelschlepp-rsc-systems zu keinem Zeitpunkt das Untertrum. Dabei läuft das Obertrum der Energieführungskette mit kugelgelagerten, wartungsfreien Rollen auf einem Führungsprofil. Weil dadurch nur geringe Zug-/schubkräfte benötigt werden, verringert sich der Verschleiß innerhalb der Bolzen-/bohrungsverbindungen der Energieführungskette auf ein Minimum.
Eine unerwünschte Auslängung im Gesamtsystem wird dadurch nahezu ausgeschlossen und die geführten Leitungen erfahren keine zusätzliche Belastung. Außerdem lässt sich aufgrund der geringen Zug-/ Schubkräfte die erforderliche Antriebskraft und dadurch auch die Leistung der Antriebe deutlich reduzieren. Die Basis für alle Rsc-systeme sind bewährte Standardenergieführungsketten, in diesem Fall fiel die Wahl auf die MC1300 – eine von Tsubaki Kabelschlepp speziell für Krananwendungen konzipierte, multivariable Energieführung, die sich unter anderem durch seewasserbeständige Aluminiumstege für eine extrem hohe Stabilität auszeichnet.
Der Energieführungshersteller konnte dieses Projekt unter anderem deshalb für sich entscheiden, weil die Kran-experten die Systeme kontinuierlich auf einer eigenen Outdoor-testanlage testen und somit beste Qualität garantieren können. In der Anlage lassen sich Verfahrwege von über 100 Metern Länge und Verfahrgeschwindigkeiten von bis zu 5 Metern pro Sekunde vollautomatisch simulieren.
Mehrere Testbahnen machen es möglich, gleitende Systeme simultan mit Rsc-lösungen zu testen – rund um die Uhr an sieben Tagen der Woche, auch bei extremen Außenbedingungen wie strenger Winterwitterung, direkter Sonneneinstrahlung oder schweren Regenfällen. So ist sichergestellt, dass die Energieführungssysteme den extremen Anforderungen unter anderem in Hafenkranen gewachsen sind.