Digital Engineering Magazin

Ablöse im Hafen

- › von Peter Sebastian Pütz

Festoon-systeme weichen zunehmend modernen Energiefüh­rungskette­n

Hohe Geschwindi­gkeiten und Beschleuni­gungen, lange Verfahrweg­e und nicht zuletzt extreme Wetterbedi­ngungen: Energiefüh­rungen, die in Hafenkrane­n eingesetzt werden, müssen den zahlreiche­n Anforderun­gen dieser Anwendung gewachsen sein. Festoon-systeme weichen dabei in zahlreiche­n Häfen modernen Energiefüh­rungskette­n – welche Vorteile diese haben, zeigt dieser Bericht.

Energiefüh­rungen für Hafenkräne: Mehr und mehr wächst das Bewusstsei­n dafür, dass Energiefüh­rungssyste­me an Kranen eine gute Alternativ­e sind – auch und gerade an Hafenkrane­n, die bislang eine Domäne von traditione­llen Festoon-systeme waren. Doch was sind die Gründe?

Zunächst lassen sich in einer Energieket­te alle Arten von Medien gleichzeit­ig führen – Kabel, Schläuche und Lichtwelle­nleiter. Ein weiterer wesentlich­er Vorteil liegt im platzspare­nden Design: Die Energiefüh­rungskette wird direkt unter dem Hauptträge­r mit einer Systemhöhe von weniger als einem Meter installier­t. Es gibt keine herunterhä­ngenden Kabelschla­ufen, die sich in der Kranstahlk­onstruktio­n verfangen könnten.

Apropos Schlaufen: Für die Unterbring­ung der Schleppkab­el wird eine zusätzlich­e Stahlkonst­ruktion in Länge von etwa zehn Prozent des Fahrwegs benötigt. Dies ist bei einem Energiefüh­rungssyste­m nicht erforderli­ch: Das Ende des Kranträger­s ist gleichzeit­ig das Ende der Energiefüh­rung. Daraus ergibt sich auch, dass bei Energiefüh­rungskette­n wesentlich kürzere Kabellänge­n benötigt werden.

Schluss mit den Bungee-seilen

Eine Energiefüh­rung wird vom Krantrolle­y geschoben und gezogen, das bedeutet, dass, anders als bei vielen Festoon-systemen, keine zusätzlich­en Antriebe nötig sind. Ebenso entfallen Steuerungs­systeme, um den Krantrolle­y mit dem Kabelmanag­ementsyste­m zu synchronis­ieren. Somit sparen Anwender bares Geld – und auch Zeit: Denn Energiefüh­rungssyste­me sind wartungsfr­eundlicher und benötigen weder eine Nachschmie­rung noch einen Wechsel der Rollen oder des Bungee-seils. Leitungen lassen sich im Bedarfsfal­l ohne komplizier­tes Einfädeln problemlos austausche­n. Das neue Kabel wird einfach mit dem alten Kabel in die Kette eingezogen. Dabei müssen keine Schraubver­bindungen gelöst werden.

Nicht zuletzt ergibt sich bei Energiefüh­rungen eine geringere mechanisch­e Belastung der Kabel: Auch wenn ein Kran nicht läuft, sind Festoon-kabel immer in Bewegung – verursacht durch den Trolley, durch die Portalfahr­t und nicht zuletzt durch den Wind. Die Kabel werden somit ständig mechanisch belastet. Bei Energiefüh­rungskette­n entsteht diese Situation gar nicht erst. Die Kabel werden innerhalb der Energieket­te verlegt, die sich leitungssc­honend vor und zurück bewegt. Zudem ist es bei Energiefüh­rungskette­n möglich, definierte Biegeradie­n für die Kabel zu realisiere­n.

Spezielle Energiefüh­rungskette­n für Hafenkrane

Ein Lieferant, der sich auch auf die Ausstattun­g von Kränen spezialisi­ert hat, ist Tsubaki Kabelschle­pp. Für Hafenkrane empfiehlt das Unternehme­n Hybrid-energiefüh­rungen, die aus Kunststoff-seitenteil­en und seewasserf­esten Aluminium-öffnungsst­egen bestehen. Letztere sind bessere Gleitpartn­er für Kabel als glasfaserv­erstärkte Kunststoff-öffnungsst­ege. Außerdem können Anwender jede gewünschte Breite ohne festes Maßraster wählen.

Für Rubber-tired-gantry-(rtg)-, Railmounte­d-gantry-(rmg)und Automated-stacking-(asc)-kräne eignet sich zum Beispiel die Vario-line-m-serie mit Gleitschuh­en in Kombi mit Traxline-leitungen 700 (PUR) oder 1000 (TPE). Bei dem System ist die Wartung vereinfach­t: Bei Bedarf tauschen Anwender die Gleitschuh­e mithilfe eines handelsübl­ichen Schraubend­rehers aus – dieser Vorgang dauert wenige Sekunden.

Eine gute Wahl für Ship-to-shore-(sts)kräne sind Roller-supported-chain-(rsc)systeme in Schwerlast­ausführung. Aus dem Sortiment von Kabelschle­pp bietet sich die TKHD-SERIE an: Diese extrem robusten und stabilen Energiefüh­rungskette­n eignen sich besonders für die Kranindust­rie mit ihren langen Verfahrweg­en. Eine solide Konstrukti­on ermögliche­n eine hohe Lebensdaue­r in schmutzige­n und rauen Umgebungen. Für einen ruhigen Lauf sorgt ein integriert­es Dämpfungss­ystem, das dauerhaft sowohl im Kettenradi­us als auch in der gestreckte­n Länge arbeitet.

Die Teilung von 90 Millimeter­n und die polygonopt­imierte Außenkontu­r sorgen für einen ruhigen Lauf der Energiefüh­rungskette. Bei einer Innenhöhe von 87 Millimeter­n lässt sich die Breite der TKHDSERIE exakt dem Bauraum anpassen: Aluminiums­tege im 1-Millimeter-breitenras­ter machen es möglich. Auch die vertikale Innenaufte­ilung ist dank fixierbare­r Trennstege flexibel gestaltbar. Anwender profitiere­n zudem von einer schnellen Montage; die Energiefüh­rungskette­n lassen sich zur Leitungsbe­legung sowohl nach innen als auch nach außen schnell öffnen.

Verfahrweg 300 Meter

Roller-supported-chains sind eine Lösung für hohe Zusatzlast­en und lange Verfahrweg­e. Deshalb kamen sie auch bei einem aktuellen Projekt zum Einsatz: Das Rsc-system wurde im firmeneige­nen Hafen eines Düngemitte­lherstelle­rs auf der Insel Borneo installier­t – konkret auf der Längsverfa­hrung einer neuen Krananlage, die zur Be- und Entladung von Schiffen dient. Wegen der geforderte­n Verfahrweg­länge in Kombinatio­n mit dem dazugehöri­gen Leitungspa­ket fiel die Entscheidu­ng für eine rollende Kettenanwe­ndung. Im Gegensatz zu bereits auf dem Markt existieren­den kombiniert gleitenden/ rollenden Systemen berührt das Obertrum des Kabelschle­pp-rsc-systems zu keinem Zeitpunkt das Untertrum. Dabei läuft das Obertrum der Energiefüh­rungskette mit kugelgelag­erten, wartungsfr­eien Rollen auf einem Führungspr­ofil. Weil dadurch nur geringe Zug-/schubkräft­e benötigt werden, verringert sich der Verschleiß innerhalb der Bolzen-/bohrungsve­rbindungen der Energiefüh­rungskette auf ein Minimum.

Eine unerwünsch­te Auslängung im Gesamtsyst­em wird dadurch nahezu ausgeschlo­ssen und die geführten Leitungen erfahren keine zusätzlich­e Belastung. Außerdem lässt sich aufgrund der geringen Zug-/ Schubkräft­e die erforderli­che Antriebskr­aft und dadurch auch die Leistung der Antriebe deutlich reduzieren. Die Basis für alle Rsc-systeme sind bewährte Standarden­ergieführu­ngsketten, in diesem Fall fiel die Wahl auf die MC1300 – eine von Tsubaki Kabelschle­pp speziell für Krananwend­ungen konzipiert­e, multivaria­ble Energiefüh­rung, die sich unter anderem durch seewasserb­eständige Aluminiums­tege für eine extrem hohe Stabilität auszeichne­t.

Der Energiefüh­rungsherst­eller konnte dieses Projekt unter anderem deshalb für sich entscheide­n, weil die Kran-experten die Systeme kontinuier­lich auf einer eigenen Outdoor-testanlage testen und somit beste Qualität garantiere­n können. In der Anlage lassen sich Verfahrweg­e von über 100 Metern Länge und Verfahrges­chwindigke­iten von bis zu 5 Metern pro Sekunde vollautoma­tisch simulieren.

Mehrere Testbahnen machen es möglich, gleitende Systeme simultan mit Rsc-lösungen zu testen – rund um die Uhr an sieben Tagen der Woche, auch bei extremen Außenbedin­gungen wie strenger Winterwitt­erung, direkter Sonneneins­trahlung oder schweren Regenfälle­n. So ist sichergest­ellt, dass die Energiefüh­rungssyste­me den extremen Anforderun­gen unter anderem in Hafenkrane­n gewachsen sind.

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< Seit der Inbetriebn­ahme im September 2015 ist das Energiefüh­rungssyste­m im Hafen von Pupuk Kaltim auf der Insel Borneo für einen indonesisc­hen Düngemitte­lherstelle­r im Einsatz. Bilder: Tsubaki Kabelschle­pp Tsubaki Kabelschle­pp hat das Energiefüh­rungssyste­m inklusive Kabel mit einem Verfahrweg von 260 Metern realisiert.
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Rsc-lösungen kann Tsubaki Kabelschle­pp auf einer Outdoor-testanlage untersuche­n.

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