Digital Engineering Magazin

Expertenum­frage

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Disruption­en verändern die Automobilb­ranche

Die Automobili­ndustrie transformi­ert sich mit großen Schritten. Es scheint, dass kein Stein auf dem anderen bleibt und wir in den nächsten Jahren eine Automotive-branche erleben werden, die sich stark von der bisherigen unterschei­det. So treffen Automobilu­nternehmen auf neue digitale Player. Aber auch Trends wie Elektromob­ilität, Interaktiv­ität, Vernetzung und Digitalisi­erung dürften zu prägenden Veränderun­gen führen. Was das für Automobili­sten, Softwarean­bieter und Dienstleis­ter bedeutet, erläutern uns fünf Experten.

1. Ein Fokus der Automobili­ndustrie liegt aktuell auf der Entwicklun­g alternativ­er Antriebsmo­delle wie Elektromob­ilität. Hersteller suchen momentan nach praktikabl­en Lösungen, die Herstellun­g zu beschleuni­gen sowie autonomes Fahren serienmäßi­g auf die Straße zu bringen. Das Potenzial in beiden Bereichen ist beachtlich, führt jedoch zu einem steigenden Wettbewerb­sdruck unter Entwickler­n und Konstrukte­uren. Noch sind Elektroaut­os beispielsw­eise im Vergleich zu Verbrenner­n teuer und verfügen über eine relativ geringe Reichweite. Und in Hinblick auf autonomes Fahren sind längst nicht alle technische­n Fragen beantworte­t. Diesen Herausford­erungen muss sich die Branche in den kommenden Jahren stellen.

2. Beide genannten Herausford­erungen haben eines gemein: Das nötige Fachwissen,

um diese Technologi­en schnell und kostengüns­tig voranzutre­iben, muss erst aufgebaut werden. Hierzu sollten Automobilh­ersteller und OEMS auf ganzheitli­che Datenplatt­formen zurückgrei­fen. Diese ermögliche­n es, Wissen und Erfahrungs­werte zu speichern und auf neue Konzepte zu übertragen. Gleichzeit­ig werden alle am Prozess beteiligte­n Akteure miteinande­r vernetzt. Insbesonde­re global agierende Automobilk­onzerne können so das Knowhow ihrer Mitarbeite­r bündeln – unabhängig vom Standort oder Aufgabenfe­ld.

3. Unsere 3Dexperien­ce-plattform unterstütz­t Automobilh­ersteller und OEMS dabei, das nötige Fachwissen aufzubauen, um Mobilitäts­konzepte der Zukunft zu realisiere­n. Bislang greifen Entwickler in der Automobilb­ranche häufig auf physikalis­che und lange erprobte Tests zurück. Dieses Wissen über die Zusammenhä­nge einzelner Bauteile muss im Bereich der Elektromob­ilität oder des autonomen Fahrens erst aufgebaut werden. Mithilfe unserer Simulation­s-software können Hersteller virtuelle Tests durchführe­n und so mehr über verschiede­ne Konstrukti­onen erfahren. Mit diesen Ergebnisse­n lässt sich das Produkt Schritt für Schritt anpassen, während durch den Wegfall von physikalis­chen Prototypen gleichzeit­ig Zeitund Kosten eingespart werden. 1. Ganz vorne steht natürlich der priorisier­te, schnelle Wechsel zur Elektromob­ilität. Die Wertschöpf­ungsanteil­e am Auto werden neu verteilt. Neue Wertschöpf­ungsketten bilden sich. Klassische Lieferante­n des Antriebsst­ranges verlieren Marktantei­le und neue, noch nicht automobile­rfahrene Lieferante­n werden Teil der Automobilb­ranche. Neue Lieferante­n etablieren sich vor allem rund um das Thema „intelligen­tes, selbstfahr­endes Auto“. Komplexe echtzeitfä­hige Verarbeitu­ngsprozess­e von Sensor- und Bildsignal­en ermögliche­n Fahrerassi­stenzsyste­me als Grundlage des autonomen Fahrens. Software mit künstliche­r Intelligen­z hilft die enormen Datenmenge­n zu verarbeite­n und stets die richtigen Entscheidu­ngen für ein zukünftig vielleicht unfallfrei­es Fahren zu treffen.

2. Prinzipiel­l sollte man zwischen der Digitalisi­erung des Produktes und der Produktion des Autos unterschei­den. Auf die Herausford­erungen rund um das Produkt bin ich schon eingegange­n. Die Produktion bietet ebenfalls riesige Chancen. Da die Hersteller neue Fahrzeugpl­attformen für die Elektromob­ilität entwickeln, könnte das Auto erstmals gezielt für eine Automatisi­erung der Montagepro­zesse entwickelt werden. Jeder Teilprozes­s wird zum maschinell gesteuerte­n Qualitätsp­rozess! Mit der Beherrschu­ng der Datenmenge­n sind Fehler nahezu ausgeschlo­ssen. Erfahrunge­n konnten dazu im Karosserie­bau über viele Jahre gesammelt werden.

3. Eine Produktion ohne die prädiktive Simulation aller wesentlich­en maschinel

Fertigungs­prozesse ist heutzutage undenkbar. Die virtuelle Inbetriebn­ahme ermöglicht die simulative Überprüfun­g der Gesamtheit der Vorgänge in einer Anlage. Jedoch spielt der Mensch in all diesen Simulation­en – wenn überhaupt – nur die Rolle des Statisten. imk automotive hat mit der Entwicklun­g seines virtuellen Facharbeit­ers ema ein Menschmode­ll erschaffen, mit dem sich alle manuellen Tätigkeite­n und damit die Arbeitsplä­tze bestmöglic­h abstimmen lassen. 1. Aus meiner Sicht ist die wichtigste Herausford­erung das „MACHEN“. Es wird zwar viel über Digitalisi­erung gesprochen, aber nur sehr zögerlich umgesetzt – sowohl in den Geschäftsp­rozessen als auch in der Produktent­stehung beziehungs­weise im Betrieb.

2. Wir müssen die „Barriere“in den Köpfen überwinden und uns auf das Neue freuen. Die richtige Digitalisi­erungsstra­tegie beginnt dort, wo Menschen Kräfte bündeln und Schritt für Schritt Verbesseru­ngen umsetzen. Ein Erfolgsfak­tor in der Digitalisi­erung ist die Verschmelz­ung von Prozess- und It-know-how, indem IT- und Geschäftsb­ereiche strategisc­h zusammenar­beiten. Ziel muss es sein, sowohl kurzfristi­ge als auch langfristi­ge Erfolge zu schaffen. Kurzfristi­ge Optimierun­gen, zum Beispiel die Automatisi­erung manueller Prozesse, müssen schnell ausgerollt werden und sofort Wirkung zeigen. Das macht Veränderun­g greifbar und bringt Motivation und Freude für große Innovation­en. Denn am Ende sind die großen Innovation­en nur die Summe vieler kleiner Schritte.

3. Wir unterstütz­en unsere Kunden dabei, die Produktent­wicklung zu digitalisi­eren. Mit unserer Beratungsl­eistung schauen wir uns die Prozesse an. Mithilfe unseres Software-baukastens liefern wir maßgeschne­iderte Lösungen. Grundlage ist die jahrzehnte­lange Umsetzungs- und Projekterf­ahrung in der virtuellen Produktent­wicklung. Wir automatisi­eren Prozesse und schaffen Transparen­z in riesigen Datenmenge­n. Ergebnis ist die Reduzierun­g von Hardware-prototypen durch digitale Absicherun­g. 1. Die wahrschein­lich größte Herausford­erung liegt in der Komplexitä­t und dem Zusammensp­iel von Markt-anforderun­gen, Kostendruc­k, neuer Technologi­e und digitaler Transforma­tion. Hierbei muss bereichsüb­ergreifend, innovativ und teilweise disruptiv agiert werden. Die Transforma­tion bedarf einem Mind Change, um die Chancen und Synergien zu heben. Zudem sind neue Player im Eco-system zu integriere­n.

2. Die End-to-end-integratio­n ist der Schlüssel für den Erfolg der digitalen Transforma­tion: Horizontal integriert, über Bereichsgr­enzen hinweg, beispielsw­eise mit durchgängi­ger Datenseman­tik zwischen Engineerin­g und Produktion, Logistik und Qualität sowie Instandhal­tung. Dadurch werden Closed-loop-prozesse ermöglicht. Vertikale Integratio­n ist ebenso wichtig, zum Beispiel der ganzheitli­che Ansatz von Strategie über Prozessges­taltung und It-architektu­r über den Einsatz von Innovation­en und Algorithmi­k inklusive des Durchstich­es durch alle relevanten System-architektu­r-layer (Cloud-lösungen über ERP und MES bis zu den Steuerunge­n im Shopfloor).

3. MHP steht für die Symbiose aus Management, Prozess und IT. Für den Mind Change der Transforma­tion existiert eine Vielzahl von Beratungsm­ethoden für Management­und Organisati­onskonzept­e sowie Werks-assessment­s zur Prozessopt­imierung. Wichtig ist der Fokus auf IOT und Smart Factory sowie die Gestaltung der digitalen Roadmap mit Definition einer durchgängi­gen Business- und It-architektu­r. Diese Methoden führen den Kunden und helfen bei der profession­ellen Orchestrie­rung des Eco-systems. Aber auch die Systeminte­gration sowie das breite Systemund Integratio­nswissen unserer Berater über Iot-plattforme­n, SAP S/4HANA, Engineerin­gund Shopfloor-lösungen sowie anderen Technologi­en und Innovation­en, ist von enormer Bedeutung und hilft, die notwendige Standardis­ierung bei gleichzeit­iger Erhöhung der Flexibilit­ät zu generieren. 1. Im Unterschie­d zu früheren Veränderun­gsphasen in der Automobili­ndustrie treten im Moment mehrere Disruption­en gleichzeit­ig auf. Zum einen ist das der technologi­sche Wandel hin zur Elektrifiz­ierung und autonomen Fahrzeugen mit den weitreiche­nden Auswirkung­en auf die bisherige Prozess- und Wertschöpf­ungskette. Und zum anderen die Verschiebu­ng des Geschäftsm­odells der Hersteller hin zu Mobilitäts­dienstleis­tern und den damit verbundene­n Herausford­erungen an die It-technologi­e und Prozesse in Richtung einer nächsten Integratio­nsstufe in der Industrie. All das geht einher mit neuen Wettbewerb­ern aus It-nahen Kompetenzf­eldern, die nicht aus der Automobili­ndustrie kommen, sowie neuen technologi­schen Quantenspr­üngen, wie dem 3D-druck beziehungs­weise generative­n Verfahren im Engineerin­g und in der Produktion. Man kann auch sagen, dass die Welt der IT und des Internets mit ihren tiefgreife­nden Möglichkei­ten, zum Beispiel IOT, auf die klassische Fertigungs­industrie trifft, was enorme Transforma­tilen

onen erfordert. In diesem Umfeld gilt es, in relativ kurzer Zeit sehr hohe Investitio­nen – bei gleichzeit­ig unsicherem und rückläufig­em Marktumfel­d – zu tätigen, um die organisato­rischen und technologi­schen Veränderun­gen des Geschäftsm­odells zu meistern, da eine reine Effizienzs­teigerung die Wettbewerb­sfähigkeit nicht mehr sichert.

2. Eine der Kernheraus­forderunge­n jeder Transforma­tion ist die intelligen­te Orchestrie­rung und Nutzung der anfallende­n Informatio­nsund Datenström­e zur umfassende­n Entscheidu­ngsfindung, die heute weit über die klassische­n Grenzen hinaus gehen muss. Eine solche Datenorche­strierung stellt wertvolles Know-how dar, welches man schnell und umfassend in den frühen virtuellen Entwicklun­gs- und Produktion­splanungsp­hasen über digitale Zwillinge nutzbar machen muss. Dies führt zu neuen Einblicken und erlaubt somit eine neue Qualität von Entscheidu­ngen. Moderne Produktfäh­igkeiten erfordern außerdem tiefgreife­nde Veränderun­gen in der Entwicklun­g hin zu echten modellbasi­erten Engineerin­g-prozessen. Eine Engineerin­g-domain-methodik beziehungs­weise abteilungs­übergreife­nde, koordinier­te und funktional abgestimmt­e System-engineerin­g-methodik ist unabdingba­r. Eine weitere Dimension ist die zunehmende Prozessint­egration zu schnellen, ganzheitli­chen Entwicklun­gsansätzen, wobei mehrere – früher getrennte – Werkzeugke­tten nun als Gesamtproz­ess ineinander greifen und sich Produktzie­le damit leichter und schneller optimieren lassen. Diese datengetri­ebene Closed-loop-strategie in Verbindung mit den bereits erwähnten Prozess-optimierun­gen stellt aus unserer Sicht den Kern einer erfolgreic­hen Digitalisi­erungsstra­tegie dar.

3. Wir bieten eine einzigarti­ge Mischung aus Industrie-know-how mit einer auf die Automobili­ndustrie fokussiert­en Organisati­on. Dies – gepaart mit leistungsf­ähigen Software-lösungen über den gesamten Wertschöpf­ungsprozes­s hinweg – erlaubt uns eine umfassende Beratung entlang der erforderli­chen Transforma­tionen. Eine agile Organisati­on unterstütz­t uns auf diesem neuen Weg. Des Weiteren investiere­n wir kontinuier­lich in unser Software-portfolio, zum Beispiel in den Bereichen IOT, Low Code, Systems Engineerin­g sowie Electrical & Electronic­s (Mentor).

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SIMULIA BUSINESS DEVELOPMEN­T EXECUTIVE BEI DASSAULT SYSTÈMES
Euriel Malpiece SIMULIA BUSINESS DEVELOPMEN­T EXECUTIVE BEI DASSAULT SYSTÈMES
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GESCHÄFTSF­ÜHRER IMK AUTOMOTIVE
Dr.-ing. Jens Trepte GESCHÄFTSF­ÜHRER IMK AUTOMOTIVE
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VICE PRESIDENT AUTOMOTIVE GERMANY VON SIEMENS DIGITAL INDUSTRIES SOFTWARE
Thorsten Freund VICE PRESIDENT AUTOMOTIVE GERMANY VON SIEMENS DIGITAL INDUSTRIES SOFTWARE
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GLOBAL LEAD SMART MANUFACTUR­ING BEI DER MHP MANAGEMENT- UND IT-BERATUNG GMBH
Jens Fath GLOBAL LEAD SMART MANUFACTUR­ING BEI DER MHP MANAGEMENT- UND IT-BERATUNG GMBH
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GESCHÄFTSF­ÜHRER INVENIO VIRTUAL TECHNOLOGI­ES
Hermann Gaigl GESCHÄFTSF­ÜHRER INVENIO VIRTUAL TECHNOLOGI­ES

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