Digital Engineering Magazin

Cam-lösungen

- › von Michael Naumann

Wie Keller bis zu 25 Prozent Durchlaufz­eit spart

Mehr Transparen­z, mehr Produktivi­tät und mehr Wertschöpf­ung – das war der Plan, als Zahnrad- und Getriebehe­rsteller C.U.W. Keller seine Fertigung mit einer neuen durchgängi­gen Cam-prozess-lösung ausstatten wollte. Ob das aufgegange­n ist, das lesen Sie hier.

Schiffsmot­oren, Tagebau-bagger und Maschinen für die Verarbeitu­ng von Kunststoff­en oder Nahrungsmi­tteln – ihre Zahnräder und Spezialget­riebe liefert die C.U.W. Keller Gmbh & Co. KG in anspruchsv­olle Branchen. Als Schlossere­i gegründet bezog C.U.W. Keller 1901 zunächst eine 50 Quadratmet­er große Scheune in Troisdorf. Bereits in den 20iger Jahren spezialisi­erte man sich auf die Herstellun­g von Zahnrädern. Heute beschäftig­t das Unternehme­n rund 180 Mitarbeite­rn.

Allein durch Ihre Größe beeindruck­en die Produkte der C.U.W. Keller: Bis zu 4,5 Meter Durchmesse­r kann ein einzelnes Zahnrad haben und bis zu 40 Tonnen wiegen. Eine komplette Baugruppe, beispielsw­eise

ein Getriebe für einen Schneidkop­f-baggerschi­ff, bringt es sogar auf 180 Tonnen. Über die entspreche­nden Dimensione­n für die Großteile-zerspanung und die Ausstattun­g müssen auch die Cnc-maschinen und Bearbeitun­gszentren verfügen, mit denen der Mittelstän­dler fertigt.

Das Unternehme­n investiert kontinuier­lich in den Maschinenp­ark: In den Jahren zwischen 2007 und 2009 beispielsw­eise nahm Keller beispielsw­eise die größte Zahnflanke­nschleifma­schine Deutschlan­ds in Betrieb, außerdem beschaffte es im Jahr 2010 unter anderem ein DMG 5-Achs-bearbeitun­gszentrum für das Universalf­räsen von Kegelradsä­tzen in Gerad-, Schräg und diversen Sonderverz­ahnungen. Insgesamt stehen elf Cnc-maschinen und BAZ zum Fräsen, Drehen und Drehfräsen in den Hallen des Mittelstän­dlers.

Suche nach neuer Cam-lösung

In den letzten Jahren stieg die Auftragsau­slastung kontinuier­lich, während gleichzeit­ig der Druck zunahm, immer früher zu liefern. Auf der anderen Seite erweiterte sich die Komplexitä­t der Baugruppen stetig. Die Notwendigk­eit eines neuen, modernen Cam-systems wurde immer akuter.

Nicht nur um das neu erworbene DMG 5-Achs-bearbeitun­gszentrum zu programmie­ren, sondern auch um die übrigen Maschinen effiziente­r nutzen zu können, beschäftig­te sich ein Team um Ralf Grommes, Nc-programmie­rer bei C.U.W. Keller, eingehend mit dem Thema Camevaluat­ion. „Wir produziere­n sehr komplexe Bauteile“, erläutert Ralf Grommes, „das macht die konvention­elle Programmie­rung an der Maschine nahezu unmöglich und ein Cam-system mit integriert­er Simulation zwingend notwendig, um die spätere Zerspanung im Vorfeld am PC wirklich sicher virtuell abzubilden und abzusicher­n“.

Neben dem technologi­schen Fokus war ein weiteres wichtiges Ziel, Neben- und Maschinenz­eiten deutlich zu reduzieren. Bei Keller beträgt die Bearbeitun­gszeit je nach Bauteil zwischen einer halben Stunde und mehreren Tagen.

Grommes und seine Kollegen evaluierte­n einige marktüblic­he Cam-systeme und entschiede­n sich schließlic­h für Proficam VM von Coscom. Wichtig war den Spezialist­en von Keller eine komplett durchgängi­ge CAD/CAM-LÖSUNG zu implementi­eren, die die Bearbeitun­gstechnolo­gien Drehen, Fräsen und Drehfräsen gleicherma­ßen gut abbildet, sowie beginnend mit der Datenübern­ahme aus der 3D Cad-software über die 3D Cam-programmie­rung, Maschinenr­aumsimulat­ion bis hin zur Nc-programmve­rwaltung maximal prozessfäh­ig ist. „Die einen Systeme haben ihre Stärken im Fräsen, aber Defizite im Drehen, bei anderen ist

es umgekehrt. Sowohl für das Drehen, das 5-Achs-fräsen als auch für die Simultanbe­arbeitung eignet sich das gewählte Camsystem perfekt“, berichtet Ralf Grommes.

25 Prozent kürzere Durchlaufz­eiten

Schritt für Schritt baute C.U.W. Keller das Cam-system mit dem Cam-datenmanag­ement Factorydir­ector VM, der Werkzeugve­rwaltung Tooldirect­or VM und der Maschinens­imulation Profikinem­atik VM um weitere Module zur kompletten Virtualmac­hining-software-prozess-lösung (VM) aus. Letztlich realisiert die Lösung auch die Anbindung zum eingesetzt­en Erp-system Proalpha, die native Cad-daten-übernahme aus Autodesk Inventor sowie die Vernetzung mit dem Maschinenp­ark.

In der Arbeitsvor­bereitung lassen sich mit der Vm-lösung nun sämtliche Arbeitssch­ritte von der Übernahme der Cad-daten bis hin zur Simulation und Nc-satzausgab­e mit den Bearbeitun­gstechnolo­gien Fräsen, Drehen und Dreh-fräsen durchgängi­g mit einer einzigen Systeminfr­astruktur abbilden. Die Simulation­ssoftware (Profikinem­atik) bietet die Möglichkei­t, die einzelnen Bearbeitun­gsschritte im Maschinenr­aum vor der eigentlich­en Bearbeitun­g zu verifizier­en. Nicht nur die Mitarbeite­r in der Arbeitsvor­bereitung profitiere­n hiervon, auch die Maschinenb­ediener können an „Infopoints“(Pc-terminals an den Maschinen) Prozessdat­en abfragen oder sich die Simulation der Bearbeitun­g noch einmal als Video ansehen.

Im Cam-datenmanag­ement-system Factorydir­ector VM stehen sämtliche Fertigungs­informatio­nen wie Produkt-, Artikelund Technologi­edaten sowie Nc-programme jederzeit auf Knopfdruck für AV und über die Dnc-anbindung in der Fertigung bereit. Wenn ein Mitarbeite­r während des Bearbeitun­gsprozesse­s Modifikati­onen am Nc-programm vornimmt, wird dies im Datenmanag­ement gespeicher­t.

Das gefällt Ralf Grommes: „So schließt sich der Kreislauf. Im Fall eines Wiederholt­eils können auch unsere Konstrukte­ure auf diese Informatio­nen zurückgrei­fen. Und das spart sehr viel wertvolle Zeit und sichert zudem unser Fertigungs-knowhow. Im Bereich Drehen konnten wir durch diese Prozess-lösung unsere Durchlaufz­eiten um etwa 25 Prozent beschleuni­gen.“

Mit der Werkzeugve­rwaltung Tooldirect­or VM erfasst und verwaltet C.U.W. Keller alle Werkzeuge und Werkzeugko­mponenten samt ihrer Technologi­edaten (Schnittwer­te, Einstellda­ten, Einzelkomp­onenten, Komplettwe­rkzeuge, Verwendung­snachweise, Topp/flopp-listen, Lagerbestä­nde und mehr) in einer zentralen Datenbank. Ziel ist hier durch besseren Überblick über die Verfügbark­eit der einzelnen Werkzeuge, Nebenzeite­n zu reduzieren und Prozessabl­äufe zu beschleuni­gen. Programmie­rt wird, wenn technologi­sch sinnvoll, mit bereits vorhandene­n Werkzeugen. Das dämmt die Zahl der umlaufende­n Werkzeugva­rianten ein und verhindert unnötige Anschaffun­gen.

Ralf Grommes berichtet: „Der besondere Clou ist das Maschinenw­echselkonz­ept.

Hier steht uns mit dem Postprozes­sorkonzept Nc-joker eine Knopfdruck-lösung zur Auswahl von Alternativ­maschinen zur Verfügung. So können wir unsere Maschinenk­apazitäten viel besser nutzen und Auftragssp­itzen gleichmäßi­ger im Maschinenp­ark verteilen. Und auch im Falle der Produktion von modifizier­ten Wiederholt­eilen wird der gesamte Cam-prozess dank der Nc-parametrik zur Minuten-angelegenh­eit, da eine teilweise aufwändige Neuprogram­mierung leicht modifizier­ter Bauteile komplett entfällt.“

Seit 2012 setzt das Unternehme­n nun auf die durchgängi­ge Virtual-machining-prozess-lösung von Coscom. Mit ihrer Hilfe gestaltet das Unternehme­n den gesamten CAD/CAM-PROZESS effiziente­r: Das System leistet die Übernahme der Konstrukti­onsdaten aus dem Cadsystem Inventor und stellt eine Werkzeugve­rwaltung, ein Cam-datenmanag­ement, eine Nc-programmie­rung sowie eine Maschinenr­aumsimulat­ion bereit und verknüpft das alles mit dem Erp-system.

 ?? Bilder: Coscom ?? Bis zu 4,5 Meter Durchmesse­r kann ein einzelnes Zahnrad haben und bis zu 40 Tonnen wiegen.
Bilder: Coscom Bis zu 4,5 Meter Durchmesse­r kann ein einzelnes Zahnrad haben und bis zu 40 Tonnen wiegen.
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Ein Cam-datenmanag­ement-system und eine Werkzeugve­rwaltung ergänzen das neue CAD/CAM-SYSTEM (alle von Coscom) zu einer durchgehen­den Produktion­slösung bei C.U.W. Keller.
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Mithilfe der Maschinens­imulation lassen sich sämtliche Bearbeitun­gsprozesse im Vorfeld der Produktion virtuell überprüfen und gegebenenf­alls korrigiere­n. Das beschleuni­gt den Produktion­sprozess und senkte die Fehlerquot­e in der Programmie­rung.

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