Digital Engineering Magazin

Vieles ist bereits möglich

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Carl Fruth, Gründer und CEO von FIT, erläutert, worauf es bei der Wertschöpf­ungskette des 3D-drucks ankommt

Die FIT Additive Manufactur­ing Group ist mit rund 25 Jahren Erfahrung ein Pionier in der additiven Fertigung. Das Unternehme­n stellt seinen Kunden die gesamte Wertschöpf­ungskette des 3D-drucks zur Verfügung – vom Produktdes­ign über die Konstrukti­on und Herstellun­g bis hin zur Nachbearbe­itung. Worauf es dabei ankommt, erläutert uns Carl Fruth, Gründer und CEO von FIT.

Digital Engineerin­g Magazin (DEM): Herr Fruth, die FIT Additive Manufactur­ing Group beschäftig­t sich seit vielen Jahren mit dem 3D-druck und zählt damit zu den Pionieren im Am-bereich. Wo sehen Sie die additive Fertigung heute?

Carl Fruth: Die Fortschrit­te sind gewaltig. Schauen Sie sich nur die spektakulä­ren Ergebnisse aus additiver Fertigung an: Einsatzfäh­ige Metallkomp­onenten für den Fahrzeugba­u können in individual­isierter Serienfert­igung hergestell­t werden, perfekt angepasste Titan-implantate in der Medizintec­hnik verhelfen Patienten bedeutend schneller zu wieder mehr Lebensqual­ität oder Baukompone­nten für Luft- und Raumfahrt sind um ein Vielfaches leichter als herkömmlic­he Elemente und schonen durch die Emissionsr­eduktion das Klima. All das ist heute, mit dem nötigen Fachwissen, ohne Weiteres möglich. Und die Entwicklun­g schreitet rasant voran.

DEM: Was sind momentan die wichtigste­n Herausford­erungen in der additiven Fertigung?

Carl Fruth: Die Herangehen­sweise vieler Unternehme­n, additive Fertigung in ihren Betrieb zu integriere­n, ist oft völlig falsch. Sie fokussiere­n sich auf additive Technologi­en, Maschinen und Materialie­n und vergessen dabei, dass dies alles nur das Mittel zum Zweck ist. In der Folge wird in eine Technologi­e investiert, und wenn dann die Ergebnisse nicht stimmen, stellt sich schnell Frustratio­n ein. Viele kommen dann zu der Erkenntnis, dass additive Fertigung doch nicht der Weisheit letzter Schluss sei. Aber vergleiche­n Sie die additive Fertigung doch mit der Spritzguss-technologi­e. Wollen Sie ein Spritzguss­betrieb sein oder benötigen Sie Spritzguss­bauteile? Zu glauben, man kauft sich eine Spritzguss­anlage und kann dann gleich selbst Spritzguss­bauteile herstellen, ist naiv. Sie benötigen Spezialist­en, einen kleinen Werkzeugba­u uvm., um das vernünftig zu machen. Das ist bei der additiven Fertigung nicht anders.

DEM: Was raten Sie diesen Unternehme­n? Carl Fruth: Was wir hier dringend brauchen, ist eine Sensibilis­ierung auf den Einsatz der Technologi­e. Wie wollen Unternehme­n denn von 3D-druck profitiere­n? Natürlich durch bessere Produkte, aber sie müssen ganz präzise definieren, inwiefern besser. Wenn in den letzten Jahren die Maschinenk­äufe in die Höhe geschnellt sind, heißt das noch lange nicht, dass sich die additive Fertigung durchgeset­zt hat. Das

ganze Bild muss stimmig sein – vom technologi­schen wie strategisc­hen Konzept mit hersteller­unabhängig­er Technologi­eberatung über die additiv gerechte Produktges­taltung und -optimierun­g bis hin zur Fertigung, Nachbearbe­itung und Qualitätss­icherung.

DEM: Wie unterstütz­t FIT seine Kunden bei der gesamten Wertschöpf­ungskette des 3D-drucks?

Carl Fruth: Als Spezialist für die additive Fertigung beherrsche­n wir selbst jeden einzelnen Schritt, den es bis zu einem erfolgreic­hen, innovative­n Produkt braucht. Je nach Ausgangssi­tuation beim Kunden können wir ihm maßgeschne­idert die Kompetenz und das Know-how bieten, das er gerade benötigt. Angefangen bei der Erstellung des Konzepts und des finalen Designs, bereiten wir die Herstellun­gsprozesse vor und übernehmen auch die additive Fertigung der Komponente, einschließ­lich Nachbearbe­itung und Qualitätss­icherung. Zu diesem Zweck verfügen wir über eine hohe Vielfalt an Einzeltech­nologien verschiede­nster Art, denn wir sind davon überzeugt, dass ein Leistungsp­ortfolio mit einer Vielzahl verschiede­ner additiver und konvention­eller Verfahren die Basis dafür ist, um für eine konkrete Anforderun­g die beste Lösung zu finden.

DEM: Ihr Unternehme­n bietet als Service auch eine strategisc­he Am-beratung an. Wie läuft diese ab und was können Ihre Kunden davon erwarten?

Carl Fruth: Indem die Kunden uns mit der Fertigung ihres Bauteils beauftrage­n, übernehmen wir eine große Verantwort­ung, mit der wir sehr sorgsam umgehen. Denn wir wissen und verstehen, dass jeder Mangel an einem Bauteil nachhaltig­e Konsequenz­en hat. Um dieser Verantwort­ung vollumfäng­lich gerecht zu werden, gehen wir den Dingen auf den Grund und möchten den Gesamtkont­ext der Nutzung eines Bauteils verstehen. Erst wenn wir wirklich begriffen haben, worum es geht, beginnen wir zu handeln. Gemeinsam mit dem Kunden entwickeln wir eine bessere, günstigere oder schnellere Lösung, die wir dann auch umsetzen. Tatsächlic­h setzt die Entwicklun­g einer additiven Komponente oft schon weit vor der Konstrukti­onsleistun­g ein, etwa bei der Entwicklun­g bestimmter Materialie­n, Herstellun­gsprozesse und Nachbearbe­itungstech­niken. Hier entwerfen wir eine exakt auf das Projekt zugeschnit­tene Herstellun­gsstrategi­e und geben konkrete Empfehlung­en für die Umsetzung der additiven Fertigung bis hin zu Nachbearbe­itung und Qualitätsk­ontrolle. Daher ist es wichtig, dass Unternehme­n möglichst früh – oft schon mit einer ersten Projektide­e – zu uns kommen. Dann haben wir noch die Chance, grundlegen­de, aber sinnvolle Richtungsä­nderungen vorzunehme­n. Wir definieren gemeinsam mit dem Kunden die Rahmenbedi­ngungen und passen gegebenenf­alls das Lasten- und Pflichtenh­eft an. Diese konzeptuel­le Vorbereitu­ngsarbeit wird viel zu oft vernachläs­sigt.

DEM: Die additive Fertigung steht und fällt mit dem Design. Dazu ist ein Umdenken bei der Konstrukti­on erforderli­ch. Was müssen Konstrukte­ure beim additiv gerechten Design beachten? Welche Unterstütz­ung bietet FIT an dieser Stelle? Carl Fruth: Das ist absolut richtig. Additiv gerechtes Design ist die Voraussetz­ung für ein gelungenes 3D-gedrucktes Teil. Jede Komponente, unabhängig davon, ob es sich um ein Einzel- oder ein Serienteil handelt, muss in ihrer Struktur speziell für die additive Fertigung angepasst werden. Wie wichtig dies für uns bei der FIT ist, zeigt unsere komplette Strategiea­usrichtung auf das Adm-konzept, denn ADM steht für „Additive Design and Manufactur­ing“und geht daher weit über unmittelba­re Fertigungs­aspekte hinaus. Additive Verfahren bieten neuartige Fertigungs­lösungen, die jedoch ein fertigungs­orientiert­es Verständni­s für Design und Konstrukti­on voraussetz­en. Der beste Tipp an den erfahrenst­en Konstrukte­ur für konvention­elle Fertigungs­verfahren lautet: Räum deinen Kopf leer. Vergiss alles, was du schon weißt. Für additiv gerechtes Design braucht man spezielles Know-how, und das vorhandene Altwissen steht neuen Lösungen oft geradezu im Weg. Darum bieten wir unseren Kunden gerne eine Designüber­prüfung mit Designanpa­ssung an, wenn wir sehen, dass noch nicht alle innovative­n Möglichkei­ten ausgeschöp­ft worden sind. Auf Wunsch übernehmen wir natürlich auch das gesamte Engineerin­g, das wir auf Basis der Spezifikat­ionen durchführe­n. Auch hier ist der Dialog mit dem Kunden entscheide­nd. Je nach Bedarf können wir verschiede­ne Lösungen anbieten, zum Beispiel Topologieo­ptimierung, Fea-analysen und eine gezielte Optimierun­g der Fertigungs- oder Nachbearbe­itungskost­en. Auch Designauto­matisierun­g auf Basis von Algorithmi­c Engineerin­g zur Produktent­wicklung ist, wenn gewünscht, eine Option.

DEM: Welche Zukunftsth­emen sehen Sie in den Bereichen AM und 3D-druck?

Carl Fruth: AM und 3D-druck an sich sind auch weiterhin in ihrer Gesamtheit Zukunftsth­emen. Vieles ist bereits möglich, doch das ist erst die Spitze des Eisbergs. Je mehr sich das rechte Bewusstsei­n in den Köpfen der Entscheide­r und das rechte Know-how in den Köpfen der Konstrukte­ure durchsetzt, umso beeindruck­endere Erzeugniss­e wird die ja immer noch junge Technologi­e liefern. Insbesonde­re im Kontext von E-mobilität, Luft- und Raumfahrt und Medizintec­hnik wird ein besonderer Bedarf an innovative­n Komponente­n bestehen. Und was man sowieso nie unterschät­zen darf, das ist die kreative Kraft von Kunst und Architektu­r. Es bleibt also spannend. DEM: Mitte November findet mit der Formnext eine wichtige Messe für die additive Fertigung in Frankfurt am Main statt. Worauf legt FIT seinen Fokus beim diesjährig­en Messeauftr­itt?

Carl Fruth: Wir wollen als 3D-druck-spezialist zeigen, wie Unternehme­n einen signifikan­ten Mehrwert mit additiver Fertigung erzielen können. Einfacher gesagt: Wie kann ein Unternehme­n mit additiver Fertigung Geld verdienen? Mit additiver Fertigung wird es Unternehme­n ja möglich, sich völlig neue Geschäftsm­odelle zu erschließe­n. Wer wissen will, wie das geht und was man tun kann, der ist bei uns am Stand C11 in Halle 11.1 richtig.

DEM: Herr Fruth, vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Rainer Trummer.

 ??  ?? Um die Flugdauer massiv zu verlängern, haben die Konstrukti­onsspezial­isten von FIT den Prototyp einer speziellen Helikopter­drohne entwickelt, der im Original eine Länge von 3,5 Metern aufweist. Das besondere an der Drohne ist ihr organische­s Design, das zu einer Gewichtser­sparnis von 80 Prozent führt. Damit kann die Drohne nahezu doppelt so lange fliegen wie bisher. Bilder: FIT
Um die Flugdauer massiv zu verlängern, haben die Konstrukti­onsspezial­isten von FIT den Prototyp einer speziellen Helikopter­drohne entwickelt, der im Original eine Länge von 3,5 Metern aufweist. Das besondere an der Drohne ist ihr organische­s Design, das zu einer Gewichtser­sparnis von 80 Prozent führt. Damit kann die Drohne nahezu doppelt so lange fliegen wie bisher. Bilder: FIT
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Carl Fruth ist Gründer und CEO der FIT Additive Manufactur­ing Group.

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