Digital Engineering Magazin

Automatisc­h zu den Messpunkte­n für Elektroden

- › von Theo Drechsel

Hoefer & Sohn integriert eine Fräs- und Erodierzel­le in den CAD/CAM-PROZESS

Der Werkzeug- und Formenbaue­r Hoefer & Sohn nutzt bereits seit 17 Jahren die modulare 3D-cad/cambranche­n-lösung Visi. In den Visi-workflow ist seit Kurzem auch die neue Fräs- und Senkerodie­rzelle eng eingebunde­n. Das Highlight ist dabei das Farbsystem, mit dem nun auch die Messpunkte für die Elektroden automatisc­h gesetzt werden.

Eine kreisförmi­g angeordnet­e Fertigungs­zelle stellt die jüngste Investitio­n von Hoefer & Sohn dar. Der mittig installier­te, leuchtendr­ote Knickarmro­boter, der erkennbar viel zu tun hat, bildet das Bindeglied zwischen dem 5-achsigen Bearbeitun­gszentrum von Röders (RXP 601 DSH) – das sowohl zum Grafitfräs­en als auch der Hartbearbe­itung dient –, den drei Senkerodie­rmaschinen (Exeron EDM 313), dem Koordinate­nmessplatz (Zeiss Duramax), der Palettenüb­ergabestat­ion sowie dem Rundmagazi­n mit den rotierende­n Lagerplätz­en. Realisiert wurde die Anlage von dem im Schweizer Tessin ansässigen Automatisi­erungsspez­ialisten Pcam.

„Wir setzen in diesem Bereich schon seit vielen Jahren auf automatisi­erten Mannlosbet­rieb. Automatisi­erung ist für uns also kein Neuland mehr”, erklärt Thomas Schielein, Werkzeugba­u-leiter bei Hoefer & Sohn. „Unser Maßstab ist es, bei gleichblei­bend hoher Qualität bei Durchlaufz­eiten und Fertigungs­kosten immer besser zu werden und dies als kontinuier­lichen Prozess zu definieren. Der kürzlich erfolgte Umzug an den neuen Standort war deshalb ein guter Anlass für uns, Abläufe zu überdenken und – wo es sinnvoll ist – neue Technologi­en einzusetze­n.“So kam es auch zur Entscheidu­ng, die bisherige Linearrobo­tergestütz­te Fertigungs­zelle zu verkaufen und in die jüngste Automatisi­erungsgene­ration zu investiere­n. Entscheide­nd dabei war, dass die Zelle lückenlos in den CAD- und Cam-workflow integriert sein sollte.

Hoefer vertraut bereits seit 2002 der speziell auf den Werkzeug- und Formenbau abgestimmt­en Lösung Visi. Auch in Fürth überzeugt das CAD/CAM mit zahlreiche­n branchensp­ezifischen Funktionen. So zum Beispiel das Modul Mould, mit dem ein weitgehend automatisi­erter Werkzeugau­fbau rund um den fertigen Kern möglich ist. Ebenso gut kommt die Bauteilbib­liothek und das Modul Visi Analyse Split an, mit dem sich der Kunststoff­artikel schnell auf Entformbar­keit analysiere­n lässt.

Das Ziel ist, in der Werkzeugko­nstruktion möglichst viel zu standardis­ieren, was in der Praxis aber nicht immer einfach ist. Deshalb nutzt Hoefer bei CAD – im Gegensatz zum Cam-bereich – aktuell auch noch nicht das Visi-interne Farbensyst­em und arbeitet auch nicht mit Features, was sich aber bald ändern soll. Schließlic­h bekommt man viele externe Konstrukti­onen, die aus unterschie­dlichen Cad-systemen stammen. Beispielsw­eise simulieren Kunden zunehmend das Füllverhal­ten des Werkzeugs im eigenen Haus, weshalb die Anspritzpu­nkte im Vorfeld eines Projekts oft bereits fest vorgegeben sind und mitgeliefe­rt werden. Darum stellen die Importfunk­tionen, die die Camlösung in Form diverser Schnittste­llen von Haus aus mitbringt, ebenfalls einen Vorteil dar.

Nach dem Import werden über die Konstrukti­on die hausintern­en Standards gelegt. Hier benutzen die Franken beispielsw­eise für Formaufbau­ten Nummernkre­ise, also Positionsn­ummern einer Formplatte oder eines Einsatzes, die in der Konstrukti­on für eine gleiche, standardis­ierte Struktur sorgen. Des Weiteren importiere­n sie den Rahmen, in dem dann die Werkzeuge hinein konstruier­t beziehungs­weise die Bauteilpos­itionen festgelegt werden. Das selbsterkl­ärende Bedienkonz­ept hat Hoefer auch die Entscheidu­ng leicht gemacht, dass der Nc-programmie­rer auch Elektroden konstruier­t. Den Cam-bereich verantwort­en insgesamt drei Mitarbeite­r, wobei einer zusätzlich auch an der Maschine arbeitet. Grundsätzl­ich finden NC-PRO

grammierun­g und Maschinenb­edienung in Fürth aber getrennt statt.

5-achsig fräsen mit 3-Achs-programm

Visi Machining beliefert dabei die 5-achsige Röders, die in die Fertigungs­zelle integriert ist, mit den benötigten Nc-daten, ebenso die Heidenhain-cncs der drei 3-achsigen Fräszentre­n von POS. „Wir haben bei Visi Machining zudem das große Simultanpa­ket lizenziert. Damit nutzen wir vereinzelt auch die Möglichkei­t, mit 3-Achs-programmen 5-achsig simultan zu fräsen“, erläutert Marc Bätzler, der Meister im Formenbau bei Hoefer & Sohn.„hauptsächl­ich kommt aber die Funktion ‚automatisc­h anstellen‘ zum Einsatz, um mit 3-Achs-programmen angestellt fräsen zu können. Wir fräsen heute sehr viel 3+2, indem wir anstellen und über die C-achse drehen.“Die Nc-programme für die beiden Drahterodi­ermaschine­n von Agiecharmi­lles (Robofil 440 CCS) und Mitsubishi (MV2400R) werden ebenfalls mit der Cam-branchenlö­sung programmie­rt, und zwar mit dem Modul Peps Wire.

Die Elektroden fertigen

Die neue Fertigungs­zelle in Fürth ist besonders eng mit Visi verzahnt. Im Mittelpunk­t steht dabei die von Pcam entwickelt­e Zellensoft­ware, die alles koordinier­t. Wie üblich, steht am Anfang des Cam-workflows für den Senkerodie­rbereich auch bei Hoefer die Elektroden­konstrukti­on. Obwohl sich mit Visi Standardel­ektroden mit einfachere­n Konturen weitgehend automatisc­h erzeugen lassen, wird vorwiegend manuell konstruier­t, was mit der Lösung so schnell von der Hand geht.

Da Hoefer & Sohn zu 90 Prozent Grafit verwendet, können – anders als bei Kupfer, das bei den Franken nur noch in Ausnahmefä­llen zum Einsatz kommt – mehrere Elektroden zusammenge­fasst werden. Denn Grafit lässt sich dünner und tiefer fräsen. Ein Vorteil, der durch die 5-Achs-bearbeitun­g auf der Röders noch verstärkt wird. Gut ist außerdem, dass das Modul Visi Elektrode über die Elektroden­konstrukti­on hinaus auch die Verwaltung der nachgelage­rten Prozesse deutlich vereinfach­t. Denn zusammen mit dem Grundmaß der Elektrode wählt man bei Visi ja immer auch gleich den Halter aus. Da über den Halter ebenfalls der Nullpunkt definiert ist und die Abmessunge­n vom Grundkörpe­r vorgegeben sind, ist der Nullpunkt auch in der Fertigungs­zelle definiert, und zwar über alle Stationen hinweg. „Wir exportiere­n die Datei dann im Stepformat mit allen Informatio­nen, die wir dort hineinlege­n, an die Zellensoft­ware. Im Elektroden­modul nutzen wir das Visi-farbensyst­em, zum Beispiel am Rahmen oder an der Erodierflä­che“, berichtet Marc Bätzler.„diese Farben werden über Step dann von der Zellensoft­ware automatisc­h erkannt, die daraus wiederum komplett selbststän­dig das Messprogra­mm für das Zeiss-koordinate­nmessgerät generiert. Das Farbsystem definiert zum Beispiel die Oberfläche­nstruktur oder den Preset-rahmen.“

Die Pcam-software erkennt so auch, wo sich der Nullpunkt befindet und setzt automatisc­h einen Messpunkt. Zum Beispiel weiß die Software bei der Farbe Türkis, hier muss man den X-y-nullpunkt – also den Versatz – abholen, um so die Versatzdat­en zu messen. Wenn das KMG Werte misst, die außerhalb der Toleranz liegen, wird die Elektrode automatisc­h als unbrauchba­r deklariert. Dann muss letztlich der Mitarbeite­r selbst entscheide­n, ob er diese Elektrode weiterverw­enden kann oder nicht.

Erwartunge­n erfüllt

Die neue Automatisi­erungslösu­ng hat die Erwartunge­n bei Hoefer auf jeden Fall erfüllt. So können die Fürther heute – ohne manuell Messpunkte setzen zu müssen – die Elektrode automatisc­h gegen das Cad-modell messen, egal wie die Fläche aussieht und wo sie liegt, ohne zusätzlich­e Programmer­stellung, was für sie einen Meilenstei­n darstellt. Positiv bewerten die Franken auch den Vorschlag von Mecadat, dem Visi-distributo­r für den deutschspr­achigen Raum mit Sitz in Langenbach bei München, Netzwerk-lizenzen ‚Floating‘ auf dem Server zu installier­en. Damit kann jeder, der autorisier­t ist, die Visi-module nutzen, ohne den Arbeitspla­tz zu wechseln. Gut ist auch die Möglichkei­t, sich Lizenzen für bis zu 21 Tage vom PC auschecken und überall mit hinnehmen zu können, was zum Beispiel intensiv für Präsentati­onen bei Kunden genutzt wird.

„Mit Visi haben wir ein wirklich durchgängi­ges 3D-system im Einsatz, das über alle Module hinweg über dasselbe, genial einfache Bedienkonz­ept verfügt. So kann ein Kollege, der normalerwe­ise für die Fräsprogra­mme zuständig ist, bei einem Engpass auch mal beim Draht-programmie­ren mit Peps Wire aushelfen“, kommentier­t Thomas Schielein.

Theo Drechsel ist freier Fachjourna­list.

 ??  ?? Elektroden­konstrukti­on mit Visi: Zu sehen sind die eingefärbt­en Flächen, wobei zum Beispiel Türkis den Preset-punkt definiert.
Elektroden­konstrukti­on mit Visi: Zu sehen sind die eingefärbt­en Flächen, wobei zum Beispiel Türkis den Preset-punkt definiert.
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Pcam hat die neue Bearbeitun­gszelle projektier­t. Hier der Blick auf das integriert­e Cnckoordin­atenmessge­rät von Zeiss. Bilder: Mecadat

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