Optimale Prozesse in der Produktentwicklung
Wie Unternehmen ihre Entwicklungsprozesse effizient gestalten können
Schneller, komplexer, kosteneffizienter und dabei ausnahmslos regelkonform – so lassen sich die zukünftigen Herausforderungen an die Industrie zusammenfassen. Selbst einfache Produkte müssen heute viele Funktionen vorweisen. Deutlich wird dies am Beispiel eines Sperrpfostens (Poller): Früher händisch schwenkbar, heute mit smarter Technik steuer- und versenkbar. Wie können Unternehmen heute Produkte schneller auf den Markt bringen? Und wie lassen sich Entwicklungsprozesse so gestalten, dass der Einsparungsdruck abgemildert wird?
In Anlehnung an einen modellbasierten Ansatz aus der Baubranche, dem sogenannten Building Information Modeling (BIM), durch das Projektmanagement-funktionalitäten im Modell selbst darstellbar gemacht werden, hat die invenio Systems Engineering Gmbh eine auf den Entwicklungsprozess fokussierte, innovative Methode entwickelt, die sich „Model-based Project Engineering“(MBPE) nennt. Dessen Ziel ist es, ein Projektmodell zu erstellen, das für den gesamten Entwicklungsprozess als zentrale Dokumentation und Informationsquelle dient. Damit haben Projektmanager und Entwickler erstmalig eine gemeinsame Arbeitsgrundlage, mit welcher sie einfacher und effizienter kommunizieren können.
Die innovative Herangehensweise von invenio ist eine Erweiterung zum „Modelbased Systems Engineering“(MBSE), welches bisher fast ausschließlich die technischen Aspekte der Systementwicklung abdeckt und das Systems Engineering mit der Anwendung formaler Methoden zur
Modellierung unterstützt. Im klassischen Systems Engineering nach ISO 15288 sind allerdings auch die Projektmanagement-relevanten Aspekte definiert. Genau diese Lücke schließt nun MBPE, da nicht allein das technische Systemmodell betrachtet wird, sondern zusätzlich ein Modell des Projektes, welches das technische Systemmodell enthält, beziehungsweise mit diesem verknüpft ist. Modelliert wird dabei vorwiegend in der Systems Modeling Language (SYSML) als gemeinsame Sprache. Das Projektmodell kann dabei den Projektstrukturplan ersetzen und enthält alle relevanten Informationen sowohl technischer (Architektur, Anforderungen, Verhalten) als auch nicht-technischer Art (Kosten, Zeit, Qualität). Die nicht-technischen Informationen können dabei in eigenen Modellen (Kostenund Termin-modell) hinterlegt und mit technischen Modellen verknüpft werden.
Kosten- und Zeitplanung versus technische Qualitätsaspekte
Was sind nun die konkreten Ideen des Model-based Project Engineerings? Wie der Name schon vermuten lässt, wird nicht nur das zu entwickelnde System modelliert, sondern auch das dazugehörige Projekt, das das Systemmodell natürlich immer noch impliziert. Es steht also nicht nur ein technisches System und seine Artefakte im Mittelpunkt, sondern auch das dazugehörige Projekt und dessen entsprechende Artefakte. Ein Mehrwert für den Anwender entsteht somit aus der Verbindung beider Welten. Dabei liegt der Fokus auf den Aspekten der Kosten- und Zeitplanung, die zueinander und mit den technischen Qualitätsaspekten einer Systementwicklung in Konflikt stehen.
Ziel ist es, modellbasiert einfacher eine Balance zwischen Kosten, Zeit und Qualität innerhalb eines Entwicklungsprojektes zu erreichen. Dies gelingt, indem ein Modell des Projektes in SYSML erstellt wird, dass Objekte aus der Kosten- und Zeitplanung enthält und mit dem technischen Systemmodell verknüpft wird. Der Fokus liegt hier eindeutig auf der Entwicklungsphase. Grundsätzlich ist je nach Kundenwunsch eine Erweiterung auf weitere Phasen bis hin zum gesamten System-lebenszyklus möglich und umsetzbar.
Projektmanager und Entwickler just in time
Während die Systemarchitektur vom Entwickler modelliert wird, kann die Projektstruktur analog zur Systemarchitektur vom Projekt Management modelliert und mit dieser verknüpft werden. Das Modell kann sich dabei noch auf einem hohen Abstraktionsniveau befinden. Anhand der Systemarchitektur wird zunächst eine Work Breakdown Structure erstellt, die in Form von Arbeitspaketen und Tasks modelliert werden kann. Entwicklungs-deadlines können im Anschluss daran in einem separaten Diagramm definiert und mit der Systemarchitektur sowie der Work-breakdown-struktur verknüpft werden. Dies zeigt an, welche Tätigkeiten bis zum Erreichen einer Deadline erledigt sein müssen. Das Zeitmodell beantwortet somit für das Projektmanagement und Entwicklerteam zwei Fragen:
› Wann muss ein bestimmtes Arbeitspaket, das einem Element der Systemarchitektur entspricht und im besten Fall im Modell zugeordnet ist, abgearbeitet sein?
Was genau sind die Abnahmekriterien für den vorgegebenen Termin?
Visualisierung der Kostenfaktoren im Systemmodell
Das Kostenmodell definiert zunächst in einem separaten Diagramm die verschiedenen Kostenarten, die während der Entwicklung oder anderen Phasen anfallen können. Im Anschluss daran wird ein Zusammenhang zwischen den Kosten hergestellt. Im nächsten Schritt werden die variablen Einflussfaktoren ermittelt und mathematische Zusammenhänge definiert und modelliert. Durch die Abbildung im Modell können dann mittels Simulation einzelne Einflussfaktoren verändert werden und Auswirkungen analysiert werden. Da anhand des technischen Systemmodells die Materialkosten innerhalb des Modells ermittelt werden können, wird das Systemmodell einschließlich der Komponenten mit dem Kostenmodell synchronisiert. Den Komponenten werden Kostenwerte zugeordnet, die verrechnet werden, um so die Gesamtmaterialkosten aus dem Modell heraus berechnen zu können.
Andere Kostenarten können zwar im Modell verarbeitet werden, müssen aber zum aktuellen Entwicklungsstand des MBPE noch außerhalb des Modells ermittelt werden – wie auch die Materialkosten der einzelnen Komponenten. Über entsprechende Requirements und einen Measure of Effectivenes (MOE) kann zudem die Einhaltung von Kostenvorgaben überprüft werden. Ein weiterer Vorteil eines solchen
Kostenmodells liegt in der Visualisierung von Kostenfaktoren im Systemmodell, sodass diese die Entwickler bereits während der Entstehungsphase berücksichtigen können.
In Zeiten von wachsendem Erfolgsdruck, funktionaler Sicherheit oder auch Kundenaudits wird ein gutes Anforderungsmanagement immer wichtiger. Auswirkungsanalysen sozusagen auf Knopfdruck, eine Nachverfolgung der Umsetzung der Anforderungen, eine Prüfung der Testabdeckung, Planbarkeit für einzelne Release-phasen oder auch agile Entwicklungsmethoden fördern die effiziente Projektarbeit. Diese Kriterien sind besonders wichtig für die Umsetzung von Projekten just in time und just in budget.
Transparente Zeitplanung und Kostenstruktur
Die innovative Methode von invenio hebt die klassische Trennung zwischen Projektmanagement und technischer Entwicklung auf. Aus der Verknüpfung von Artefakten des technischen System-, Kosten- und Zeitmodells – also aus der Integration der drei Teilmodelle – entsteht somit ein erweitertes Datenmodell, das sowohl technische Informationen als auch Projektmanagementrelevante Informationen im Rahmen des magischen Dreiecks enthält. Für Entwickler bedeutet das eine optimierte Transparenz der Zeitplanung und Kostenstruktur eines Projektes und auch eine ergänzende Sicht auf die Funktionen des Systems.
Das Projektmanagement auf der anderen Seite erhält einen tieferen Einblick in die technische Struktur des Systems und dessen Zusammenhang mit beispielsweise Kostenstrukturen. Dies erleichtert maßgeblich die Kommunikation und führt zu einem optimierten Workflow und einer Effizienzsteigerung in Entwicklungsprojekten. Für Unternehmen kann somit im Hinblick auf ihre Entwicklungsprozesse eine deutliche Verbesserung der Produktivität durch Fehlerreduzierung erreicht werden. Nach der Einschätzung von invenio können damit im Entwicklungsprozess bis zu fünf Prozent der realen Kosten und Entwicklungszeit eingespart werden.