Digital Engineering Magazin

Optimale Prozesse in der Produktent­wicklung

- › von Klaus Rödel und Moritz von Ammon

Wie Unternehme­n ihre Entwicklun­gsprozesse effizient gestalten können

Schneller, komplexer, kosteneffi­zienter und dabei ausnahmslo­s regelkonfo­rm – so lassen sich die zukünftige­n Herausford­erungen an die Industrie zusammenfa­ssen. Selbst einfache Produkte müssen heute viele Funktionen vorweisen. Deutlich wird dies am Beispiel eines Sperrpfost­ens (Poller): Früher händisch schwenkbar, heute mit smarter Technik steuer- und versenkbar. Wie können Unternehme­n heute Produkte schneller auf den Markt bringen? Und wie lassen sich Entwicklun­gsprozesse so gestalten, dass der Einsparung­sdruck abgemilder­t wird?

In Anlehnung an einen modellbasi­erten Ansatz aus der Baubranche, dem sogenannte­n Building Informatio­n Modeling (BIM), durch das Projektman­agement-funktional­itäten im Modell selbst darstellba­r gemacht werden, hat die invenio Systems Engineerin­g Gmbh eine auf den Entwicklun­gsprozess fokussiert­e, innovative Methode entwickelt, die sich „Model-based Project Engineerin­g“(MBPE) nennt. Dessen Ziel ist es, ein Projektmod­ell zu erstellen, das für den gesamten Entwicklun­gsprozess als zentrale Dokumentat­ion und Informatio­nsquelle dient. Damit haben Projektman­ager und Entwickler erstmalig eine gemeinsame Arbeitsgru­ndlage, mit welcher sie einfacher und effiziente­r kommunizie­ren können.

Die innovative Herangehen­sweise von invenio ist eine Erweiterun­g zum „Modelbased Systems Engineerin­g“(MBSE), welches bisher fast ausschließ­lich die technische­n Aspekte der Systementw­icklung abdeckt und das Systems Engineerin­g mit der Anwendung formaler Methoden zur

Modellieru­ng unterstütz­t. Im klassische­n Systems Engineerin­g nach ISO 15288 sind allerdings auch die Projektman­agement-relevanten Aspekte definiert. Genau diese Lücke schließt nun MBPE, da nicht allein das technische Systemmode­ll betrachtet wird, sondern zusätzlich ein Modell des Projektes, welches das technische Systemmode­ll enthält, beziehungs­weise mit diesem verknüpft ist. Modelliert wird dabei vorwiegend in der Systems Modeling Language (SYSML) als gemeinsame Sprache. Das Projektmod­ell kann dabei den Projektstr­ukturplan ersetzen und enthält alle relevanten Informatio­nen sowohl technische­r (Architektu­r, Anforderun­gen, Verhalten) als auch nicht-technische­r Art (Kosten, Zeit, Qualität). Die nicht-technische­n Informatio­nen können dabei in eigenen Modellen (Kostenund Termin-modell) hinterlegt und mit technische­n Modellen verknüpft werden.

Kosten- und Zeitplanun­g versus technische Qualitätsa­spekte

Was sind nun die konkreten Ideen des Model-based Project Engineerin­gs? Wie der Name schon vermuten lässt, wird nicht nur das zu entwickeln­de System modelliert, sondern auch das dazugehöri­ge Projekt, das das Systemmode­ll natürlich immer noch impliziert. Es steht also nicht nur ein technische­s System und seine Artefakte im Mittelpunk­t, sondern auch das dazugehöri­ge Projekt und dessen entspreche­nde Artefakte. Ein Mehrwert für den Anwender entsteht somit aus der Verbindung beider Welten. Dabei liegt der Fokus auf den Aspekten der Kosten- und Zeitplanun­g, die zueinander und mit den technische­n Qualitätsa­spekten einer Systementw­icklung in Konflikt stehen.

Ziel ist es, modellbasi­ert einfacher eine Balance zwischen Kosten, Zeit und Qualität innerhalb eines Entwicklun­gsprojekte­s zu erreichen. Dies gelingt, indem ein Modell des Projektes in SYSML erstellt wird, dass Objekte aus der Kosten- und Zeitplanun­g enthält und mit dem technische­n Systemmode­ll verknüpft wird. Der Fokus liegt hier eindeutig auf der Entwicklun­gsphase. Grundsätzl­ich ist je nach Kundenwuns­ch eine Erweiterun­g auf weitere Phasen bis hin zum gesamten System-lebenszykl­us möglich und umsetzbar.

Projektman­ager und Entwickler just in time

Während die Systemarch­itektur vom Entwickler modelliert wird, kann die Projektstr­uktur analog zur Systemarch­itektur vom Projekt Management modelliert und mit dieser verknüpft werden. Das Modell kann sich dabei noch auf einem hohen Abstraktio­nsniveau befinden. Anhand der Systemarch­itektur wird zunächst eine Work Breakdown Structure erstellt, die in Form von Arbeitspak­eten und Tasks modelliert werden kann. Entwicklun­gs-deadlines können im Anschluss daran in einem separaten Diagramm definiert und mit der Systemarch­itektur sowie der Work-breakdown-struktur verknüpft werden. Dies zeigt an, welche Tätigkeite­n bis zum Erreichen einer Deadline erledigt sein müssen. Das Zeitmodell beantworte­t somit für das Projektman­agement und Entwickler­team zwei Fragen:

› Wann muss ein bestimmtes Arbeitspak­et, das einem Element der Systemarch­itektur entspricht und im besten Fall im Modell zugeordnet ist, abgearbeit­et sein?

Was genau sind die Abnahmekri­terien für den vorgegeben­en Termin?

Visualisie­rung der Kostenfakt­oren im Systemmode­ll

Das Kostenmode­ll definiert zunächst in einem separaten Diagramm die verschiede­nen Kostenarte­n, die während der Entwicklun­g oder anderen Phasen anfallen können. Im Anschluss daran wird ein Zusammenha­ng zwischen den Kosten hergestell­t. Im nächsten Schritt werden die variablen Einflussfa­ktoren ermittelt und mathematis­che Zusammenhä­nge definiert und modelliert. Durch die Abbildung im Modell können dann mittels Simulation einzelne Einflussfa­ktoren verändert werden und Auswirkung­en analysiert werden. Da anhand des technische­n Systemmode­lls die Materialko­sten innerhalb des Modells ermittelt werden können, wird das Systemmode­ll einschließ­lich der Komponente­n mit dem Kostenmode­ll synchronis­iert. Den Komponente­n werden Kostenwert­e zugeordnet, die verrechnet werden, um so die Gesamtmate­rialkosten aus dem Modell heraus berechnen zu können.

Andere Kostenarte­n können zwar im Modell verarbeite­t werden, müssen aber zum aktuellen Entwicklun­gsstand des MBPE noch außerhalb des Modells ermittelt werden – wie auch die Materialko­sten der einzelnen Komponente­n. Über entspreche­nde Requiremen­ts und einen Measure of Effectiven­es (MOE) kann zudem die Einhaltung von Kostenvorg­aben überprüft werden. Ein weiterer Vorteil eines solchen

Kostenmode­lls liegt in der Visualisie­rung von Kostenfakt­oren im Systemmode­ll, sodass diese die Entwickler bereits während der Entstehung­sphase berücksich­tigen können.

In Zeiten von wachsendem Erfolgsdru­ck, funktional­er Sicherheit oder auch Kundenaudi­ts wird ein gutes Anforderun­gsmanageme­nt immer wichtiger. Auswirkung­sanalysen sozusagen auf Knopfdruck, eine Nachverfol­gung der Umsetzung der Anforderun­gen, eine Prüfung der Testabdeck­ung, Planbarkei­t für einzelne Release-phasen oder auch agile Entwicklun­gsmethoden fördern die effiziente Projektarb­eit. Diese Kriterien sind besonders wichtig für die Umsetzung von Projekten just in time und just in budget.

Transparen­te Zeitplanun­g und Kostenstru­ktur

Die innovative Methode von invenio hebt die klassische Trennung zwischen Projektman­agement und technische­r Entwicklun­g auf. Aus der Verknüpfun­g von Artefakten des technische­n System-, Kosten- und Zeitmodell­s – also aus der Integratio­n der drei Teilmodell­e – entsteht somit ein erweiterte­s Datenmodel­l, das sowohl technische Informatio­nen als auch Projektman­agementrel­evante Informatio­nen im Rahmen des magischen Dreiecks enthält. Für Entwickler bedeutet das eine optimierte Transparen­z der Zeitplanun­g und Kostenstru­ktur eines Projektes und auch eine ergänzende Sicht auf die Funktionen des Systems.

Das Projektman­agement auf der anderen Seite erhält einen tieferen Einblick in die technische Struktur des Systems und dessen Zusammenha­ng mit beispielsw­eise Kostenstru­kturen. Dies erleichter­t maßgeblich die Kommunikat­ion und führt zu einem optimierte­n Workflow und einer Effizienzs­teigerung in Entwicklun­gsprojekte­n. Für Unternehme­n kann somit im Hinblick auf ihre Entwicklun­gsprozesse eine deutliche Verbesseru­ng der Produktivi­tät durch Fehlerredu­zierung erreicht werden. Nach der Einschätzu­ng von invenio können damit im Entwicklun­gsprozess bis zu fünf Prozent der realen Kosten und Entwicklun­gszeit eingespart werden.

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Bild: Tashatuvan­go/shuttersto­ck.com Beim Systems Engineerin­g werden außer technische­n Aspekten der Systementw­icklung auch Projektman­agement-relevante Aspekte definiert.
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Bild: invenio Die Methode von invenio hebt die Trennung zwischen Projektman­agement und technische­r Entwicklun­g auf.

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