Den Motor um die Ecke gebracht
Eine neue Getriebevorstufe gibt Maschinenbauern mehr Freiraum
Mit einer neuen Getriebevorstufe im 90-Grad-winkel bringt Sumitomo Drive Technologies seine Zykloidgetriebe quasi um die Ecke. Präziser ausgedrückt, ist es dem Anbieter gelungen, die Antriebsmotoren aus dem Weg zu schaffen. F2CK-A heißt die Einheit aus Winkelvorstufe und Fine-cyclogetriebe und wurde dafür konzipiert, Maschinenbauern mehr Platz zu geben, ohne dabei auf die benötigten Eigenschaften der Zykloidgetriebe verzichten zu müssen.
Es ist die Leistungsübertragung mit Exzentern, Kurvenscheiben und Bolzenringen, die im Zykloidgetriebe für einen rein wälzenden Bewegungsablauf sorgt. Anwender schätzen bei diesem zahnradlosen Funktionsprinzip die hohen Übertragungsmomente bereits mit einer Stufe. Zudem gelten Zykloidgetriebe mit ihrer geringen Massenträgheit als laufruhig, kompakt und präzise. Das alles sind Eigenschaften, die die Getriebe so attraktiv machen – beispielsweise in der Handhabungstechnik, Robotik oder dem Werkzeugmaschinenbau.
Fehlender Platz für den Einbau von Motoren
Gerade in hochintegrativen Applikationen geht es eng zu. Sumitomo Drive Technologies
schafft deshalb die Motoren aus dem Weg und bringt sie mit einer neuen 90-Grad-vorstufe quasi um die Ecke. Konstruktiv steht dahinter eine Kegelradverzahnung, die mit einem Untersetzungsverhältnis von wahlweise 1,5 oder 3 die Abtriebswelle des Motors im rechten Winkel mit der Eingangswelle des Zykloidgetriebes verbindet. Dieser Verbund ist in zwei Baugrößen auf direktem Weg ohne weitere Kupplungselemente konzipiert.
Der gesamte Übersetzungsbereich der Winkelvorstufe mit dem Zykloidgetriebe in einer Einheit liegt zehnstufig zwischen 1:44 und 1:537. Die wartungsfreien Einheiten liefern Beschleunigungsdrehmomente bis 2.183 Nanometer und lassen sich mit Antriebsdrehzahlen bis 6.000 U/min betreiben. Das mechanische Verdrehspiel liegt unter 2 arcmin. Die Verdrehsteifigkeit liegt laut Sumitomo Drive Technologies bei bis zu 445 Nanometer/arcmin.
Mehr Freiheit bei der Motorenwahl
Mit der neuen Lösung eröffnen sich dem Maschinenbau maximal hohe Freiheitsgrade bei der Motorenwahl. „Wir stellen uns dabei nicht die Frage, was es für ein Motor ist, sondern nur, wie wir ihn am besten aus dem Weg bekommen“,
erläutert Mathias Blaskovic, Produktmanager für Präzisionsgetriebe bei Sumitomo Drive Technologies im bayerischen Markt Indersdorf.
„Mit einer Getriebekomplettlösung Platz zu sparen ist hierbei nur der erste Teil der Antwort, die Kombinationsmöglichkeit mit quasi x-beliebigen Motoren der zweite Teil“, so Blaskovic. Vor diesem Hintergrund steht hinter der Reihe F2CK-A zwar ein in sich geschlossener Baukasten mit definierten Auswahl- und Kombinationsmöglichkeiten der Fine-cyclo-getriebe und Winkelstufe, die Adaptionsmöglichkeiten an den Motor passt Sumitomo Drive Technologies allerdings individuell an die Motorenmaße der Kunden an. Entscheidend sind dabei vor allem der Zentriersitz, der Wellendurchmesser und die Position der Bohrungen im Lochkreis.
Flexibilität durch individuelle Flanschgestaltung
„Wir schreiben niemandem vor, welchen Motor er einsetzen soll. Vielmehr wollen wir über die individuelle Flanschgestaltung eine Lösung ohne Einschränkungen anbieten“, betont Blaskovic. Letztlich zeigt der Blick in die Automatisierung, dass Hersteller von der Steuerung über die Antriebsregler bis hin zum Motor meist einem bestimmten System treu bleiben.
Die neue mechanische Lösung ist daher modular und einfach anwendbar gestaltet, sodass Maschinenbauer den bestehenden Antrieb etablierter Prozesse flexibel um die Ecke legen können – ohne dabei mit hohem Aufwand in die Auslegung und das Engineering eingreifen zu müssen. Sumitomo Drive Technologies liefert die abgewinkelte Zykloidgetriebe-einheit daher fertig montiert. Bei der Montage werden die Welle der Winkelvorstufe und der Getriebeexzenter mit einer Passfeder einfach zusammengesteckt und mit vier Schrauben verbunden.
Neue Produkte mit veränderter Kombinatorik
Aus Entwicklungssicht ist das Prinzip dieses Aufbaus nicht neu. Vielmehr liegt der Charme in den erweiterten Einsatzmöglichkeiten einer veränderten Konfiguration. Bis dato kombinierte das Unternehmen mit eigenen Baugruppen ausschließlich Planetengetriebe mit einer 90-Grad-vorstufe. Aufgrund der Bedürfnisse des Marktes wurde entschieden, künftig auch Finecyclo-getriebe damit auszurüsten. „Unser standardisierter Baukasten bietet dafür sehr gute Möglichkeiten, neue Produkte mit veränderter Kombinatorik zu entwickeln“, erklärt Blaskovic. Davon profitieren unter anderem Werkzeug- und Verpackungsmaschinenbauer sowie die Metallverarbeitung. Typische Maschinenelemente, in denen in Längsrichtung eingebaute Motoren immer stören, sind Positionierer, Manipulatoren und Handlingseinheiten.
Weitere Vorteile der ab Werk fertig montierten Präzisionsgetriebe mit Winkelvorstufe ergeben sich daraus, dass die komplette Einheit künftig von einem Hersteller gebaut und vertrieben wird. Bisher kamen für vergleichbare Lösungen die Getriebe und Winkelvorstufen von verschiedenen Produzenten. „Da tauchen dann schnell anspruchsvolle Fragen zur Auslegung und Gewährleistung auf“, berichtet Blaskovic. Dieser Aspekt gewinnt gerade angesichts der Tatsache an Gewicht, dass die Finecyclo-getriebe besonders in Anwendungen zum Einsatz kommen, die hohe Ansprüche an Präzision, Überlastverhalten und Langlebigkeit stellen. Die neu entwickelte
Winkelvorstufe ist folglich präzise auf die vorhandenen Fine-cyclo-getriebe der Reihe F2C-A abgestimmt.
Die neue Getriebelösung beweist, dass es sich immer wieder lohnt, buchstäblich um die Ecke zu denken. Gerade in Produktionsanlagen mit wenig Platz in koaxialer Lage empfehlen sich Winkelgetriebe. Die Baureihe F2CK-A zeigt dabei anschaulich, dass neue Möglichkeiten nicht zwangsläufig zeitraubende Entwicklungsarbeit zur Folge haben müssen. Ein weitestgehend standardisierter Antriebsbaukasten bietet vielmehr die Chance, weitere Einsatzgebiete durch intelligente Kombinationen zu erschließen.