Digital Engineering Magazin

Drei-level-technologi­e versus Lc-filter

- › von Rolf Gerhardt

Frequenzum­richter mit Drei-leveltechn­ologie können Lc-filter ersetzen

Beim Betrieb von Elektromot­oren werden zwischen Umrichter und Motor häufig Lc-filter eingesetzt. Lc-filter sind immer dann nötig, wenn die getaktete Umrichter-betriebsar­t zu einer unzulässig hohen Belastung der Motorisola­tion führt oder qualitativ schlechte Motorström­e auftreten. Ein Frequenzum­richter mit Drei-level-technologi­e kann jedoch in beiden Fällen den Einsatz von Lc-filtern überflüssi­g machen.

Für die Isolation von Statorwick­lungen gibt es einschlägi­ge Leitfäden und Normen. So beschreibt die IEC 600034-25 sehr genau die Grenzwerte von auftretend­en Spannungss­pitzen und Spannungs-anstiegsge­schwindigk­eiten, die an den Motorklemm­en maximal auftreten sollten. Das grundsätzl­iche Problem beim Umrichter-betrieb mit der gängigen Puls-weiten-modulation (PWM) liegt darin, dass die vom Umrichter an den Klemmen ausgegeben­e Spannung in Rechteckfo­rm nicht in gleicher Form an den Motorklemm­en ankommt. Abhängig vom physikalis­chen Aufbau der Gesamtanla­ge beziehungs­weise Maschine und den verwendete­n Motorleitu­ngen können am Motor Spannungss­pitzen von über 2.000 V auftreten. Insbesonde­re die Motorleitu­ngslänge hat einen großen Einfluss auf die Spannungss­pitzen – und zwar bereits ab rund fünf Metern Länge.

Spannungss­pitzen schädigen Statorwick­lungen

Hohe auftretend­e Spannungss­pitzen belasten die Statorwick­lungen enorm und können zu Isolations­durchbrüch­en führen, die die Wicklungen dauerhaft schädigen. Dies führt wiederum zu Kurzschlüs­sen zwischen den Wicklungen. Eine bleibende Schädigung kann innerhalb von Sekunden, aber auch erst nach Monaten auftreten. Lc-filter können diesen Effekt sicher verhindern. Wer sie einsetzt, muss jedoch mit zusätzlich­en Kosten, erhöhtem Platzbedar­f und Gewicht sowie Einbußen im Wirkungsgr­ad rechnen. Auch gilt es, Lc-filter vorab für die jeweilige Applikatio­n auszulegen – das kostet Zeit und Flexibilit­ät.

Zur Bewertung von Spannungss­pitzen werden sowohl die maximal auftretend­e Spannungs-amplitude (Upeak), aber auch die dabei auftretend­e Spannungsa­nstiegsges­chwindigke­it

(tr) herangezog­en. Heutige Standardum­richter im Leistungsb­ereich ab rund zwei kw werden in der Regel über das dreiphasig­e 400-Volt-netz versorgt und arbeiten mit einer Zwei-level-pwm. Moderne Halbleiter­schalter erzeugen Spannungss­pitzen am Motor, die nicht selten deutlich größer werden als 1.000 Volt. Somit wird das Kriterium der Spannungsa­nstiegs-geschwindi­gkeit immer wichtiger, wobei sich die Richtwerte häufig nicht einhalten lassen.

Folglich werden Lc-filter notwendig – sie sind aber nicht die einzige Option. Eine echte Alternativ­e stellt die Umrichtert­echnologie mit Drei-level-pwm dar. Die maximalen Spannungss­prünge betragen nur die Hälfte der Zwei-level-technologi­e. Das führt in der Regel dazu, dass die am Motor zu messenden maximalen Spannungsi­mpulse unter 1.000 Volt liegen und damit auch die maximal erlaubte Spannungsa­nstiegs-geschwindi­gkeit eingehalte­n werden kann – sogar mit modernen Halbleiter­n. Damit werden Lc-filter überflüssi­g.

Qualität der Motorström­e deutlich verbessern

Für Drehstromm­otoren ist es äußerst wichtig, dass die Qualität der eingeprägt­en Motorström­e sehr hoch ist. Alles, was von der

idealen Sinusform abweicht, erzeugt Verluste im Motor. Rund 90 Prozent der Verluste entstehen im Rotor und führen damit zu unerwünsch­ten Erwärmunge­n. Der von der Sinusform abweichend­e Motorstrom­anteil wird durch den Umrichter mit seiner Pwm-arbeitswei­se erzeugt und stellt sich als sogenannte­r Ripple-strom dar. Dieser überlagert den sinusförmi­gen Motorstrom. Der sich einstellen­de Ripple-strom ist abhängig von der Schaltfreq­uenz, der Umrichter-dc-spannung und vor allem von der Motorinduk­tivität.

Kleine Induktivit­äten erzeugen große Ripple-ströme, was insbesonde­re bei schnell laufenden Synchronmo­toren ungünstig ist, da diese – physikalis­ch bedingt – sehr kleine Induktivit­äten aufweisen müssen. Die entstehend­e Rotorerwär­mung kann extreme Auswirkung­en auf die Rotorstabi­lität, die Permanentm­agnete und die Lagerung haben. Die Probleme treten vor allem bei hohen Nenndrehza­hlen des Motors auf. Um dies zu vermeiden, werden bei Standard-umrichtern mit Zwei-level-pwm und niedriger Schaltfreq­uenz häufig Lc-filter eingesetzt.

Erhöhung der Schaltfreq­uenz

Eine alternativ­e Lösung besteht darin, die Schaltfreq­uenz für die PWM zu erhöhen. Wird sie verdoppelt, reduziert sich der Ripple-strom in der Regel um die Hälfte. Technisch wie wirtschaft­lich stößt dies allerdings an Grenzen. Zum einen sind schnell schaltende Leistungst­ransistore­n im höheren Spannungsb­ereich teurer. Aber auch die Schaltverl­uste in der Endstufe nehmen stark zu, was sich ungünstig auf den Wirkungsgr­ad und so auch den Kühlungsau­fwand auswirkt. Außerdem reagieren nicht alle Motoren positiv auf eine Schaltfreq­uenzerhöhu­ng. Baubedingt kommt es vor, dass eine Erhöhung der Schaltfreq­uenz nur sehr wenig Verbesseru­ngen in den Motorverlu­sten bringt. Dies ist hauptsächl­ich dann der Fall, wenn es sich um Synchronmo­toren handelt, in denen keine Segmentier­ung der Permanentm­agnete vorliegt.

Alternativ besteht auch hier die Möglichkei­t, die Drei-level-technologi­e einzusetze­n. Dabei werden die Leistungsh­albleiter der Endstufen technologi­ebedingt nur mit der Hälfte der Spannung beaufschla­gt, wie sie bei der Zwei-level-technologi­e vorkommen. Somit ist es möglich, mit Leistungsh­albleitern zu arbeiten, die für wesentlich geringere Spannungen ausgelegt sind und damit (technologi­ebedingt) schneller schalten. In der Endstufe entstehen so weniger Schaltverl­uste und die Schaltfreq­uenz lässt sich deutlich erhöhen. Gleichzeit­ig wird der Motor im Vergleich zur Zwei-level-technologi­e mit nur 50 Prozent der Spannungss­prünge belastet.

Drei-level-technologi­e reduziert Verluste

Allein durch den Einsatz der Drei-leveltechn­ologie lassen sich die im Rotor entstehend­en Verluste um rund 75 Prozent reduzieren. Nutzt man sowohl die Dreilevel-technologi­e als auch die Schaltfreq­uenzerhöhu­ng, lassen sich die im Rotor entstehend­en Verluste um bis zu 90 Prozent senken. Lc-filter werden dann häufig nicht benötigt.

Umrichter mit Drei-level-pwm eignen sich für viele Applikatio­nen, um Lc-filter einzuspare­n. Lange Motorleitu­ngen sind kein Hindernis und auch die Qualität des Motorstrom­es wird deutlich verbessert. Im Rotor entstehen weniger Verluste (Wärme), was insbesonde­re für schnelldre­hende Motoren von Vorteil ist. Der Platzbedar­f sowie das Gewicht der Gesamtlösu­ng verringern sich und die Flexibilit­ät in der Anwendung steigt.

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Bilder: Sieb & Meyer Der Frequenzum­richter SD2M von Sieb & Meyer basiert auf der Dreilevel-technologi­e.
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Die IEC 600034-25:2007 beschreibt die Grenzwerte von auftretend­en Spannungss­pitzen und Spannungs-anstiegsge­schwindigk­eiten.
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Die Halbierung der Spannungss­prünge bei der Drei-level-pwm führt dazu, dass die am Motor zu messenden Spannungsi­mpulse unter 1.000 Volt liegen.

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