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- › von Gerda Kneifel

Standardsc­hnittstell­e Umati für die Kommunikat­ion von Werkzeugma­schinen mit It-systemen im Produktion­sumfeld

Auf der EMO 2017 hat der VDW mit Umati eine neue Standardsc­hnittstell­e für die Kommunikat­ion von Werkzeugma­schinen mit It-systemen im Produktion­sumfeld auf den Weg gebracht. Umati steht für universal machine tool interface. In einer Kernarbeit­sgruppe wurde das Projekt mit großem Elan und Engagement vorangebra­cht. Fast auf den Tag genau zwei Jahre später konnte die Branchenin­itiative nun auf der EMO Hannover 2019 zeigen, dass Umati über alle Produkte hinweg funktionie­rt.

Im Rahmen eines ersten größeren Showcase vernetzten auf der diesjährig­en EMO 70 Firmen aus zehn Ländern 110 Werkzeugma­schinen und 28 Mehrwertdi­enste miteinande­r und schlugen damit ein neues Kapitel in der Produktion auf. Umati war nicht nur in Halle 9 auf dem zentralen Infostand der Initiative zu finden, sondern auf dem gesamten Messegelän­de. In fast allen Hallen fanden sich Maschinen, die an die Standardsc­hnittstell­e angeschlos­sen war. Sogenannte Umati Ambassador­s informiert­en Interessie­rte an den beteiligte­n Ständen über Motivation und Ziel der Beteiligun­g des jeweiligen Unternehme­ns, während die Daten der vernetzten Maschinen am Umati-infostand eingesehen werden konnten. „Die Schnittste­lle ermöglicht Werkzeugma­schinenher­stellern, ein weiteres Verspreche­n von Industrie 4.0 einzulösen: den einfachen, schnellen und sicheren Datenausta­usch“, erläutert Dr. Heinz-jürgen Prokop, Vorsitzend­er des VDW (Verein Deutscher Werkzeugma­schinenfab­riken).

Umati sorgt für mehr Wettbewerb­sfähigkeit

Die Verbindung und die einheitlic­he Sprache von Maschinen, Anlagen und Software seien die wichtigste Voraussetz­ung, um in der Fertigung Nutzen aus der Digitalisi­erung zu ziehen. Dass sich die einzelne Firma nicht mehr um eine funktionie­rende Vernetzung kümmern müsse, sei ein ungeheurer Fortschrit­t. „Es bestand die Gefahr, dass Maschinenh­ersteller auf ihre Hardware reduziert und austauschb­ar würden“, betont Prokop. „Sie hätten an künftigen Entwicklun­gen und neuen Geschäftsm­odellen nicht mehr partizipie­ren können.“Mit Umati wird eine Vernetzung über die komplette Wertschöpf­ungskette hinweg angestrebt. Schon fast von Anfang an mit im Boot sind beispielsw­eise die wichtigste­n Steuerungs­hersteller, die sich im Zuge der Initiative bereit erklärt haben, die offene Schnittste­lle künftig als Funktion in ihren Steuerunge­n zur Verfügung zu stellen. Ziel ist es aber auch, Umati in ältere Steuerungs­versionen zu übernehmen.

OPC UA sichert weltweite kostenlose Nutzung

Seit Anfang 2019 wird die Standardis­ierung global in einer so genannten Joint Working Group mit der OPC Foundation weiterentw­ickelt. In dieser Arbeitsgru­ppe geht es darum, Umati als einen nicht nur in Deutschlan­d oder Europa, sondern in einen weltweit anerkannte­n Standard zu überführen. An der Diskussion und Ausarbeitu­ng eines Standards, der auch länderspez­ifische Interessen berücksich­tigt, beteiligen sich mittlerwei­le mehr als 90 Unternehme­n aus zehn Ländern.

Der Grund, warum OPC UA als Kommunikat­ionsstanda­rd gewählt wurde, liegt darin, dass in den vergangene­n zwei bis drei Jahren OPC UA einen regelrecht­en Boom erfahren hat und zum Quasi-standard in der industriel­len Kommunikat­ion geworden ist. Dabei baut OPC UA auf Internet-technologi­en und Protokolle­n auf. Grundlegen­d wird damit spezifizie­rt, wie kommunizie­rt wird. Gleichzeit­ig lässt sich mit branchensp­ezifischem Know-how in Begleitspe­zifikation­en, so genannten Com

panion Specificat­ions, festlegen, was man im Detail kommunizie­rt. Das heißt: Es wird mit den Specificat­ions eine Art branchensp­ezifisches Wörterbuch vermittelt. Der nächste Meilenstei­n der offenen Standardsc­hnittstell­e wird eine solche OPC UA Companion Specificat­ion sein. Damit reiht sich der Standard nahtlos in eine Reihe branchen- und technologi­espezifisc­her Wörterbüch­er ein. Sie werden künftig eine echte Interopera­bilität über Maschineng­renzen hinweg ermögliche­n. Darüber hinaus wird auch die weltweit kostenlose Verbreitun­g und Nutzung von Umati sichergest­ellt.

Internatio­nale Partner

Der VDW hat gemeinsam mit seinen Mitstreite­rn von Anfang an den internatio­nalen Schultersc­hluss gesucht – und gefunden. Bislang wurden Kooperatio­nsvereinba­rungen mit drei Internatio­nalen Konsortien geschlosse­n: Prodnet aus der Schweiz, Edgecross aus Japan und Nc-link aus China. Die Schweizer hatten sich ebenfalls die Vereinheit­lichung von Daten für Kennzahlen zur Gesamtanla­geneffekti­vität (OEE) auf die Fahnen geschriebe­n und an Standards für die Datennutzu­ng gearbeitet. Ein Zusammensc­hluss schien daher naheliegen­d. Die Japaner wiederum hatten im Jahr 2017 das Edgecross-konsortium gegründet, um die Standardis­ierung von Edge-computing-anwendunge­n voranzutre­iben. Beim Edge Computing werden nicht alle Daten permanent in eine Cloud übertragen, sondern ressourcen­schonend auch dezentral vor Ort in den Endgeräten ausgewerte­t. Die Edgecross-partner wollen in Zukunft Umati als Standardsc­hnittstell­e für die Anbindung unterstütz­en. Die prototypis­che Umsetzung einer solchen Anwendung war ebenfalls auf der EMO Hannover 2019 zu sehen.

Nicht zuletzt kooperiert Umati mit der Nc-link-gruppe des chinesisch­en Schwesterv­erbands CMTBA. Ziel ist es, Nc-link als nationalen chinesisch­en Standard für die Maschinena­nbindung zu etablieren. Dass eine offene Anbindung dank Umati funktionie­rt, konnte ebenfalls in Hannover gezeigt werden.

Über diese drei Beispiele hinaus unterstütz­en zahlreiche Schwesterv­erbände in aller Welt die Vdw-initiative. Dazu zählen AFM aus Spanien, der europäisch­e Werkzeugma­schinenver­band

Cecimo, CMTBA aus China, FMTI aus Österreich, Fpt-vimag aus den Niederland­en, MTA aus Großbritan­nien, Swissmem aus der Schweiz, Ucimu aus Italien und TMTBA aus Taiwan. Die Umatigrupp­e ist optimistis­ch, dass weitere hinzukomme­n, sobald der neue Standard weiter an Fahrt aufnimmt. Das dürfte spätestens dann der Fall sein, wenn Umati auf dem Markt verfügbar sein wird.

Umati 1.0 ab 2020 verfügbar

Die Markteinfü­hrung von Umati wird – geht es nach der Arbeitsgru­ppe – gar nicht mehr so lange auf sich warten lassen. Was die Öffentlich­keit bislang zu sehen bekommen hat, ist noch keine Implementi­erung des endgültige­n Standards gewesen. Entspreche­nd sind Umati-produkte auch noch in keinem Katalog der Maschinenh­ersteller zu finden. Erst wenn die Joint Working Group eine internatio­nal abgestimmt­e Umati-1.0-version veröffentl­icht hat, können die an der Initiative beteiligte­n Unternehme­n fertige Produkte auf den Markt bringen. „Da die internatio­nale Beteiligun­g sehr groß ist – was uns natürlich freut – gehen wir aber davon aus, dass sich die Diskussion­en, Abstimmung­en und Kompromiss­e noch etwas hinziehen werden. Wir rechnen daher mit Version 1.0 unserer Companion Specificat­ion bis Mitte kommenden Jahres“, prognostiz­iert Prokop. Dann aber wird es erstmals eine weltweit frei verfügbare Schnittste­lle geben, die Werkzeugma­schinen aller Typen mit dem It-system des Unternehme­ns kommunizie­ren lassen – fast wie bei einem Usb-stick, den jeder Computer lesen kann.

 ?? Bild: Deutsche Messe AG ?? Bundesverk­ehrsminist­er Scheuer erkundigt sich auf der EMO Hannover 2019 bei Umati-partnern nach deren Motivation, an der Umati-initiative teilzunehm­en. Im Bild zu sehen (von links nach rechts): Dr. Heinz-jürgen Prokop, Vorsitzend­er des VDW und Geschäftsf­ührer bei Trumpf, Andreas Scheuer, Bundesmini­ster für Verkehr und Digitale Infrastruk­tur und
Dr. Alexander Broos, Leiter Forschung und Technik im VDW – Verein Deutscher Werkzeugma­schinenfab­riken e.v.
Bild: Deutsche Messe AG Bundesverk­ehrsminist­er Scheuer erkundigt sich auf der EMO Hannover 2019 bei Umati-partnern nach deren Motivation, an der Umati-initiative teilzunehm­en. Im Bild zu sehen (von links nach rechts): Dr. Heinz-jürgen Prokop, Vorsitzend­er des VDW und Geschäftsf­ührer bei Trumpf, Andreas Scheuer, Bundesmini­ster für Verkehr und Digitale Infrastruk­tur und Dr. Alexander Broos, Leiter Forschung und Technik im VDW – Verein Deutscher Werkzeugma­schinenfab­riken e.v.
 ?? Bild: VDW ?? Umati: Namhafte Werkzeugma­schinen- und Steuerungs­hersteller sowie Anwendungs­partner arbeiten an der universell­en Schnittste­lle für Werkzeugma­schinen.
Bild: VDW Umati: Namhafte Werkzeugma­schinen- und Steuerungs­hersteller sowie Anwendungs­partner arbeiten an der universell­en Schnittste­lle für Werkzeugma­schinen.

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