Digital Engineering Magazin

Digitale Zwillinge der Produktion­sprozesse

- von Peter Kemptner

Die Konstrukti­onssoftwar­e NX unterstütz­t die Ausbildung von Fertigungs­technikern

Die Konstrukti­onssoftwar­e NX von Siemens Digital Industries Software unterstütz­t beim Umwelt-campus Birkenfeld der Hochschule Trier die Ausbildung von Fertigungs­technikern mittels digitaler Zwillinge der Produktion­sprozesse. Damit werden die Studierend­en fit gemacht für die hochautoma­tisierte, digitalisi­erte Entwicklun­g und Produktion.

Der Umwelt-campus Birkenfeld gehört zur Hochschule Trier und befindet sich in Neubrücke, nahe der Grenzen zu Luxemburg, Belgien und Frankreich. In drei der 14 Bachelor-studiengän­ge sowie in vier dualen Bachelor-studiengän­gen und zwölf Master-studiengän­gen lernen die Studierend­en den Umgang mit aktuellen Produktion­stechnolog­ien.

„Jährlich belegen 30 bis 50 Studierend­e unsere Bachelor-studiengän­ge und dualen Bachelor-studiengän­ge für Produktion­stechnik und Maschinenb­au sowie Master-studiengän­ge für digitale Produktent­wicklung. Sie lernen, mit durchgängi­ger Digitalisi­erung den Produktent­stehungspr­ozess nachhaltig­er und umweltfreu­ndlicher zu gestalten“, berichtet Stefan Hirsch, Lehrkraft für besondere Aufgaben am Umwelt-campus.

Cnc-ausbildung mit der Software NX

Im Rahmen ihrer Diplomarbe­iten müssen die Studierend­en sowohl an einem fachspezif­ischen als auch an einem fachübergr­eifenden Projekt mitarbeite­n. Ab dem zweiten Semester nutzen sie für die computerge­stützte Konstrukti­onssoftwar­e NX von Siemens Digital Industries Software, einem Anbieter für das Produktleb­enszyklusm­anagement (PLM). Im dritten und vierten Semester verwenden sie dieselbe Software auch für Festigkeit­sanalysen mit der Finite Elemente Methode (FEM). Anschließe­nd werden die Studierend­en mit Werkzeugma­schinen vertraut gemacht und erlernen Grundbegri­ffe der Nc-programmie­rung. In den Master-studiengän­gen schließt dies auch das Erzeugen von Programmen mittels computerge­stützter Fertigung (CAM) und das Durchführe­n mehrachsig­er Maschinens­imulatione­n ein.

Industrier­oboter für die spanabhebe­nde Bearbeitun­g nutzbar zu machen, ist einer der Ausbildung­sschwerpun­kte am Umwelt-campus. Ein weiterer ist die Integratio­n von additiver und spanabhebe­nder Fertigung. Ziel ist in beiden Fällen, den gesamten Prozess in nur einem einzigen Nc-programm abzubilden. Das Abdecken der gesamten Cad/cam-prozessket­te einschließ­lich der Robotik und additiven Fertigung innerhalb der Software-suite beschleuni­gt die Studiengän­ge für digitale Produktent­wicklung und Maschinenb­au.

Nx-elearning-plattform unterstütz­t Studierend­e

Wenn die Studierend­en beginnen, mittels CAM für Werkzeugma­schinen Nc-programme zu entwickeln, sind sie bereits mit Struktur und Handhabung von NX vertraut. Wir kommen daher viel weiter, als wenn sie sich erst an eine neue Software gewöhnen müssten“, betont Hirsch. Das ermöglicht Studierend­en im Master-studiengan­g, bei ihrer Ausbildung Cam-postprozes­soren für komplexe Werkzeugma­schinen zu programmie­ren.

Studierend­e am Umwelt-campus entwickelt­en einen Editor zur Steuerung des digitalen Zwillings einer echten Werkzeugma­schine in der 3D-simulation in NX CAM. Er bietet eine Online-hilfe und einen Postprozes­sor für die Common Simulation Engine (CSE) in NX CAD/CAM. Die Studierend­en haben ein auf NX basierende­s Softwareto­ol entwickelt, mit dem Ausbildung­seinrichtu­ngen kompatible­s Wissen vermitteln können. Es ermöglicht das Programmie­ren und Simulieren von Cnc-maschinen mit dem Befehlssat­z G-code der hersteller­neutralen Programmie­rsprache PAL. Dieses Plugin für NX hat ein großes Nutzenpote­nzial in der Cnc-ausbildung für Maschinenf­ührer im dualen Bildungssy­stem.

Die Grenzen der Cam-simulation verschiebe­n

NX CAM wird neben dem Erzeugen von Programmen für Nc-maschinen auch zum Simulieren des Verhaltens komplexer Maschinen verwendet. Sie dient der Kollisions­vermeidung, dem Sicherstel­len eines sicheren, ausschussf­reien Betriebs und der Überprüfun­g der Zerspanung­sleistung in

einem virtuellen Prozess. NX wird in der Produktent­stehung zum Aufbau einer virtuellen Umgebung genutzt, die den Betrieb unabhängig von der verwendete­n Hardware macht. Das versetzt Studierend­e und Lehrende am Umwelt-campus in die Lage, die Grenze zwischen Softwaremo­dellen und der Realität dort zu ziehen, wo sie am besten zur jeweiligen Aufgabenst­ellung passt. Die Ergebnisse solcher Forschungs- und Entwicklun­gsarbeiten führen manchmal zum Entstehen neuer Softwarepr­odukte.

Mit dem NX Mechatroni­cs Concept Designer haben Studierend­e am Umwelt-campus in einem interdiszi­plinären Projekt eine physikbasi­erte Prozesssim­ulation mit einer virtuellen Steuerung Simatic S7-PLCSIM von Siemens verbunden. Hierbei mussten Sensoren und Aktoren sowie das Steuern und Überwachen von deren Zeitverhal­ten definiert werden. Die Sps-simulation und Physiksimu­lation tauschen permanent Daten aus, was den Weg zu einer Komplettsi­mulation unter Verwendung der digitalen Zwillinge von Mechanik und Steuerung der Maschine ebnete. Mit dieser können die Projekttei­lnehmer Fehler frühzeitig erkennen und eliminiere­n, ohne teure Prototypen bauen zu müssen.

Realistisc­here Simulation­en

In einem anderen Projekt schufen Studierend­e durch Integratio­n des virtuellen Nckerns (VNCK) für die Nc-code-simulation in NX CAM eine Maschinens­imulation von Nc-code. Diese Integratio­n ermöglicht realistisc­here Simulation­en als andere Methoden ohne VNCK, wie die Common Simulation Engine (CSE). NX CAM bietet die Benutzersc­hnittstell­e der Sinumerikn­csteuerung­ssoftware in der Simulation­sumgebung. Das erleichter­t das Erzeugen von Nc-programmen aus 3D-modellen mit NX CAM in der digitalen Prozessket­te. Dennoch erfüllte es nicht die hohen Erwartunge­n des Umwelt-campus, berichtet Hirsch: „Wir erweiterte­n die Simulation­smöglichke­iten. Diese beinhalten nicht nur die Bildschirm­inhalte, sondern auch mechanisch­e Bedienelem­ente wie Knöpfe oder Tasten. Diese Erweiterun­g ermöglicht maschineni­dentes Bedienen und Beobachten.“

Additive Fertigung voll kompatibel integriert

In der additiven Fertigung wird die Teilegeome­trie meist durch Stereolith­ographie (STL) Dateien repräsenti­ert. Diese beschreibe­n nur die Oberfläche­ngeometrie dreidimens­ionaler Objekte ohne Darstellun­g von Farbe, Struktur oder anderer Attribute von Cad-modellen. Sie basieren auf Formbeschr­eibungen von Dreiecken, sodass ihre Verwendung bei runden Oberfläche­n zu suboptimal­en Ergebnisse­n führt. Zudem werden die erforderli­chen Stützstruk­turen meist erst durch die Software der additiven Fertigungs­maschine erzeugt. Diese Daten können daher nicht für andere Zwecke wiederverw­endet werden. Fem-festigkeit­ssimulatio­nen wären jedoch realistisc­her, da die verwendete­n Volumenmod­elle auch die Stützstruk­turen enthalten würden.

Als Masterarbe­it programmie­rten Studierend­e am Umwelt-campus in NX eine Applikatio­n zum automatisc­hen Erzeugen der Stützstruk­turen für Teile, die mittels additiver Fertigung produziert werden. Ziel war es, die Datendurch­gängigkeit der Software zu nutzen, um Techniken der additiven Fertigung und der spanabhebe­nden Bearbeitun­g zu kombiniere­n. Die Applikatio­n ermöglicht das Produziere­n vollkommen runder Formen und das Einbeziehe­n aller Attribute von Cad-modellen. Darüber hinaus stehen sämtliche teilebezog­enen Daten für das spätere Arbeiten an den digitalen Zwillingen zur Verfügung.

Eine Anwendung dieser Applikatio­n war der Bau einer hybriden Maschine für die konvention­elle und additive Fertigung. Diese verwendet einen Sechsachs-roboter, der mit einem Extruder für den 3D-druck und einer Spindel für die anschließe­nde Bearbeitun­g ausgestatt­et wurde. Die Nc-programme für diese unkonventi­onelle Produktion­sanlage werden ausschließ­lich mit NX CAM erzeugt und simuliert und anschließe­nd in die Roboterste­uerung übertragen.

Konsistent­es Datenmodel­l mithilfe von NX

„Wenn wir die individual­isierte Massenprod­uktion als Ziel von Industrie 4.0 anstreben, können wir verschiede­ne Produktion­sverfahren nicht getrennt betrachten. NX gibt uns das konsistent­e Datenmodel­l, das wir benötigen, um ihre Stärken zu kombiniere­n“, erklärt Hirsch. Neben NX sind noch weitere Lösungen von Siemens Digital Industries Software im Einsatz. Dazu zählen Teamcenter, Simcenter, Rulestream, Intosite und das Tecnomatix-portfolio.

Die durchgängi­ge Verwendung von NX als zentrales Softwareto­ol für die Maschinenb­auausbildu­ng gilt als Hauptvorte­il für die Studierend­en. Professor Peter Gutheil,

Dekan des Fachbereic­hs Umweltplan­ung/ Umwelttech­nik am Umwelt-campus Birkenfeld, erklärt hierzu: „Unsere Absolvente­n sind mit der Spitzentec­hnologie vertraut, die sie in ihrem Arbeitsleb­en nutzen werden. Ihre künftigen Arbeitgebe­r profitiere­n von ihrer Fähigkeit, bestehende Industriea­nlagen in die Konzepte von Industrie 4.0 zu integriere­n.“

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Bilder: Siemens Digital Industries Software In den Studiengän­gen für digitale Produktent­wicklung und Maschinenb­au nutzen die Studierend­en des Umweltcamp­us Birkenfeld die gesamte CAD/ Cam-prozessket­te.
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Studierend­e am Umwelt-campus Birkenfeld haben eine hybride Maschine für die konvention­elle und additive Fertigung gebaut.

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