DAB Plus kommt in Österreich
Obwohl von der Bevölkerung seit langem gewünscht, haben es die DAB-Plus-Gegner in Österreich sehr lange geschafft, Digitalradio möglichst viele Knüppel auf den Weg zu legen. Dank der Pionierarbeit des Vereins Digitalradio Österreich ist es nun zur Ausschreibung für den DAB-Plus-Regelbetrieb gekommen.
Für Österreich sind bislang zwei nationale Multiplexe koordiniert. Anders als in Deutschland, sollen diese aber nicht auf einer einheitlichen Frequenz senden. Eine Bedeckung orientiert sich an den Grenzen der Bundesländer, die zweite teilt das Land in eine Ost-, West- und Südregion. Welcher dieser beiden nationalen Bedeckungen im Zuge der Ausschreibung vergeben wird, erfolgt auf Basis der von den Bewerbern eingereichten Konzepte. Schließlich bieten beide Bedeckungen Regionalisierungsmöglichkeiten in unterschiedlichem Ausmaß.
Ab Erteilung der Zulassung für den Betrieb des nationalen Multiplexes muss der Betreiber innerhalb eines Jahres 50 Prozent der österreichischen Gesamtbevölkerung erreichen. Innerhalb von drei Jahren sollen 75 Prozent in den Genuss von DAB Plus kommen. Mindestens sollen jedoch alle Landeshauptstädte und Ballungsräume erreicht werden.
Innerhalb von fünf Jahren ist eine Versorgung aller Hauptverkehrswege inklusive Tunnelversorgung, sowie von mindestens 90 Prozent der Bevölkerung wünschenswert. Dieser weitere Netzausbau kann bei entsprechender Nachfrage vorgenommen werden und ist somit kein Muss.
Regionale und lokale Multiplexe
Parallel werden österreichweit regionale und lokale Multiplexe auf Basis der dritten koordinierten Bedeckung ausgeschrieben. Jeder Interessent hat genau festzulegen, welche Regionen er versorgen möchte. Laut Vorgaben müssen die Versorgungsgebiete zumindest 100 000 Einwohner, in begründeten Ausnahmen auch nur 50000, erreichen. Wobei für jede Region nur ein Lokal- oder Regional-Multiplex vergeben werden soll.
Sofern für einen lokalen oder regionalen Multiplex mehre Sendeanlagen erforderlich sind, muss innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Bewilligung die Hälfte, nach zwei Jahren drei Viertel der zu versorgenden Bevölkerung erreicht werden. Der vorgesehene Endausbau des Sendernetzes hat innerhalb von drei Jahren zu erfolgen.
Ab wann Regelbetrieb?
Wie schnell der DAB-Plus-Regelbetrieb in Österreich startet, hängt einmal davon ab, wie schnell die Regulierungsbehörde Lizenzen vergibt. Danach wird es noch etwas Zeit brauchen, die DAB-Plus-Infrastruktur aufzubauen. Die ersten Standorte werden wohl im Laufe des Jahres 2018 auf Sendung gehen.
Österreichische Besonderheiten
An DAB Plus sind in Österreich vor allem die kleineren, mit miesen UKW-Frequenzen ausgestatteten, und neue Privatsender interessiert. Die großen Platzhirsche finden bislang wenig Gefallen an DAB Plus. Immerhin ist beim landesweiten Privatsender Kronehit ist ein umlenken festzustellen. Deshalb rechnet man auch damit, dass er sich um eine DAB-Plus-Übertragungskapazität bemühen wird.
Der österreichische Staatsfunk zeigt bis jetzt kein Interesse an Digitalradio. Wohl nach wie vor eine Trotzreaktion, weil man über DAB Plus keine zusätzlichen Kanäle anbieten darf, das aber gerne möchte. Also wird der ORF von Beginn an nicht auf DAB Plus zu hören sein. Der Staatsfunk kann sich das auch leisten. Schließlich profitiert er von einer festgelegten Must-carryRegelung. Sie besagt, dass Multiplexe vollständig mit kommerziellen Stationen gefüllt werden können. Sollte sich der ORF eines Tages bequemen, dennoch auf DAB Plus gehen zu wollen, müssen ihm die Privaten den Platz frei machen. Damit trägt der ORF kein Risiko, den Digitalradio-Zug verpasst zu haben. Das Risiko tragen alleine die kommerziellen Anbieter. Da kann man schon auf die Idee kommen, dass eine solche Regelung nicht allzu gerecht ist. Schließlich sollte auch für den Staatsfunk das Prinzip gelten, dass der malt, der zuerst kommt.
Auch für die österreichischen DAB-PlusHörer sind diese Vorgaben nicht optimal. Schließlich haben sie bereits bewiesen, dass die ORF-Programme für sie verzichtbar sind. Die Privaten, auch die neuen, bislang exklusiv über DAB-Plus im wiener Testbetrieb vertretenen Stationen haben schon bewiesen, dass sie Ö3 und Co sehr gut zu ersetzen verstehen. Warum sollen also künftig Hörer auf ihren neuen Lieblingssender verzichten, nur weil sich der ORF bequemt, auch auf DAB Plus zu setzen?
Um diese Ungerechtigkeit zumindest abzufedern, hat man sich überlegt, wie betroffene Privatsender auch bei einem ORF-Einstieg auf DAB Plus bleiben können. So ließe sich etwa Übertragungskapazität schaffen, indem die Datenrate der bisherigen im Mux präsenten Stationen reduziert wird. Was eine schlechtere Audioqualität nach sich ziehen würde. Alternativ bietet sich für die Kommerziellen an, auf einen anderen Multiplex zu wechseln.