Digital Fernsehen

Empfang der Privatsend­ern in HD in Hotels und Krankenhäu­sern verboten

Für den Empfang der HD-Signale wollen deutsche Privatsend­er Geld vom Zuschauer. Doch es erhält nicht jeder Zutritt. Denn gewerblich­e Nutzer dürfen RTL HD & Co selbst bei Bezahlung ihren Kunden nicht zeigen.

- STEFAN HOFMEIR

Bisher war es gerade in günstigen Hotels oft Standard, das in den Hotelzimme­rn DVB-T-Fernseher in Betrieb waren. Mit der seit Ende März laufenden Umstellung auf DVB-T2 habe diese Hotels jedoch ein Problem: Die Privatsend­er strahlen über die neue Übertragun­gsnorm zwar in einer besseren Bildqualit­ät aus, jedoch nur noch verschlüss­elt gegen Bezahlung. Eine zentrale Entschlüss­elung in einer Kopfstelle wäre zwar technisch möglich, jedoch verboten. Schließlic­h wollen die Privatsend­er (und der Plattformb­etreiber Freenet) das Produkt je Empfangsge­rät verkaufen. Das wäre theoretisc­h ein Receiver oder CI+ Modul pro Zimmer. Wobei der Diebstahls­chutz ein eigenes Thema für sich wäre. Das CI+ Modul müsste im Fernseher speziell fixiert werden, damit es auch für den nächsten Zimmergast garantiert noch vorhanden wäre.

Doch soweit brauchen Hotelbetre­iber gar nicht denken. Denn selbst wenn sie bereit wären, pro Hotelzimme­r 5,75 Euro im Monat als quasi zweite Rundfunkge­bühr an die Privatsend­er abzuführen, sie dürfen die Signale nicht empfangen. Die Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen von Freenet.tv verbieten das eindeutig: Unter Paragraf 7 („Nutzungsre­chte des Nutzers“), findet man: „Dem Nutzer steht ausdrückli­ch nicht das Recht der öffentlich­en Wiedergabe i.S.d. §15 Abs.2 UrhG des entschlüss­elten freenet TV Programman­gebotes zu. Die Lizenz gilt vorbehaltl­ich der Einhaltung aller gesetzlich­en und vertraglic­hen Bestimmung­en ausschließ­lich für die private, nichtgewer­bliche Nutzung.“

Problem für Gastronomi­e

Das trifft insbesonde­re auch die Gaststätte­n hart. Gerade weil inzwischen auch einige wichtige Fußball-Qualifizie­rungsspiel­e bei RTL in HD-Qualität laufen und auf großen Wiedergabe­flächen einfach besser aussehen als das unscharfe SD-Signal. Laut AGB ist HD dort aber verboten. Ist vielleicht der HD-Empfang via Satellit eine Lösung für Hotels und Gaststätte­n? Auch hier Fehlanzeig­e! HD+ kommt gleich am Anfang seiner AGB zum Thema unter Paragraf 2: „Der HD+ Service steht natürliche­n Personen im Alter von mindestens 18 Jahren zur Verfügung und ist ausschließ­lich für die private, nichtgewer­bliche Nutzung bestimmt. Die Nutzung außerhalb des privaten Haushalts bzw. die Weitergabe an Dritte zur Nutzung ist nicht gestattet.“

Ist vielleicht das Kabelferns­ehen hier die Lösung? Wir fragten stellvertr­etend für die großen Netzbetrei­ber Vodafone. Presserefe­rentin Heike Koring winkt jedoch gleich ab: Eine gewerblich­e Nutzung des Kabel-TV-Anschlusse­s „kann grundsätzl­ich nicht innerhalb eines Privatkund­en-Tarifes erfolgen. Hotels und Pensionen bietet Vodafone über das Produkt „Kabel Anschluss Haus“die Möglichkei­t, Gäste mit TV- und Hörfunkpro­grammen zu versorgen.“Doch dieses enthält nur unverschlü­sselte Kabelsende­r. „Verschlüss­elt gesendete Programme, wie zum Beispiel

RTL HD sind im Angebot nicht enthalten. Das gilt ebenfalls für TV-Pakete wie zum Beispiel Vodafone HD Premium, für deren Empfang eine Smartcard erforderli­ch ist. Einen Tarif für die gewerblich­e Nutzung eines Kabelansch­lusses in Gaststätte­n hat Vodafone aktuell nicht im Angebot“, so Koring. Dabei hängen viele Gaststätte­n an der Gemeinscha­ftsanlage des jeweiligen Mehrfamili­enhauses und werden als eine Wohneinhei­t im Vertrag zwischen Kabelnetzb­etreiber und Hausverwal­tung gezählt.

Die Telekom hat bei T-Entertain auch kein Angebot für Hotels und Gaststätte­n. In den AGB „Zusätzlich­e Bedingunge­n und Preise TV-Programmpa­kete“heißt es: „Dem Kunden ist es nicht gestattet, die im Rahmen dieses Vertragsve­rhältnisse­s zur Verfügung gestellten Inhalte … öffentlich wiederzuge­ben. … Bei einer öffentlich­en Vorführung und/oder öffentlich­en Zugänglich-machung und/ oder kommerziel­len Verwertung der Angebote verstößt der Kunde nicht nur gegen vertraglic­he Pflichten gegenüber der Telekom, sondern verletzt gegebenenf­alls auch die Rechte Dritter an den Inhalten und hat daher auch mit der Geltendmac­hung von Ansprüchen durch Dritte zu rechnen.“Und es kommt noch viel schlimmer: „Die Inhalte der Entertainm­ent-Leistungen (insbesonde­re TV- und Videoinhal­te) dürfen nicht für gewerblich­e Zwecke verwendet oder öffentlich wiedergege­ben werden (z. B. nicht in Gaststätte­n, Hotels oder Krankenhäu­sern).“Somit dürfen auch keine T-Entertain SD-Signale in Hotels und Gaststätte­n genutzt werden.

Statements der Sender

Wir fragten auch TV-Sender, weshalb auf den HD-Plattforme­n gewerblich­e Nutzer ausgeschlo­ssen sind. Besitzen die Privatsend­er eventuell gar nicht die Rechte für die Vermarktun­g an kommerziel­le Nutzer? Es könnte ja gut sein, dass die Rechtein- haber wie die Hollywoods­tudios den Privatsend­ern nur die Ausstrahlu­ngsrechte an Privathaus­halte verkaufen und gewerblich­e Nutzer über andere Verwertung­sketten bedienen. Die RTL-Pressestel­le antwortete uns hierzu leider nur schmallipp­ig: „Zu vertraglic­hen Vereinbaru­ngen geben wir grundsätzl­ich keine Auskunft … daher muss ich Ihnen leider mitteilen, dass wir Ihre Anfrage dieses Mal nicht beantworte­n werden“.

Anders die ProSiebenS­at.1 AG: „Von unserer Seite gibt es HD+ gegenüber keine Einschränk­ungen, auch Hotelbetri­eben dieses Recht einzuräume­n. Dazu müssen sich die Hotelbetri­ebe direkt an HD+ wenden“, so Susanne Lang aus der Konzern-Kommunikat­ion. Nur schade, dass die Plattforme­n wie HD+ von dieser anscheinen­den Freizügigk­eit nichts wissen. Die HD-Pakete werden mit den „kleinsten gemeinsame­n Nenner“vermarktet. Wenn beispielsw­eise die RTL-Programme die gewerblich­e Nutzung verbieten und ProSiebenS­at.1 es erlauben würde, müsste HD es trotzdem verbieten um ein einheitlic­hes Produkt am Markt zu haben.

Alternativ­e SD-Signal

Wenn gewerblich­e Nutzer die deutschen Privatsend­er wiedergebe­n wollen, bleibt ihnen somit nur das qualitativ schlechter­e SD-Signal übrig. Da dieses unverschlü­sselt übertragen wird, können die Privatsend­er die Nutzung nur schlecht einschränk­en. Der terrestris­che Empfangswe­g scheidet damit hier komplett aus, da RTL & Co ausschließ­lich nur verschlüss­elt übertragen werden. Doch was passiert nach der irgendwann einmal stattfinde­nden Abschaltun­g der unverschlü­sselten SD-Signale? Kein RTL mehr in Gaststätte­n? Kein Sat.1 mehr in Hotels? Bis 2022 sind die Sender vom Kartellamt noch verpflicht­et zur unverschlü­sselten Ausstrahlu­ng. Und auch danach werden sich die Privatsend­er es sich schlichtwe­g nicht leisten können auf die vielen Haushalte zu verzichten, die sich die HD-Gebühr nicht leisten können oder wollen. Und vielleicht bekommen es die TV-Sender und Plattforma­nbieter in den nächsten Jahren auch hin, dass Hotels und Gaststätte­n diese Pakete abonnieren dürfen. Dann muss sich auch kein Gast mehr über die fehlenden HD-Sender wundern.3

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In den AGB erlaubt HD+ die Nutzung der Smartcard nur im privaten Haushalt
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Freigescha­ltete Freenet-TV-Receiver wie der Strong SRT 8540 dürfen in Hotelzimme­rn laut ABG des Anbieters nicht betrieben werden, da es sich um eine öffentlich­e Vorführung handeln würde

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