Empfang der Privatsendern in HD in Hotels und Krankenhäusern verboten
Für den Empfang der HD-Signale wollen deutsche Privatsender Geld vom Zuschauer. Doch es erhält nicht jeder Zutritt. Denn gewerbliche Nutzer dürfen RTL HD & Co selbst bei Bezahlung ihren Kunden nicht zeigen.
Bisher war es gerade in günstigen Hotels oft Standard, das in den Hotelzimmern DVB-T-Fernseher in Betrieb waren. Mit der seit Ende März laufenden Umstellung auf DVB-T2 habe diese Hotels jedoch ein Problem: Die Privatsender strahlen über die neue Übertragungsnorm zwar in einer besseren Bildqualität aus, jedoch nur noch verschlüsselt gegen Bezahlung. Eine zentrale Entschlüsselung in einer Kopfstelle wäre zwar technisch möglich, jedoch verboten. Schließlich wollen die Privatsender (und der Plattformbetreiber Freenet) das Produkt je Empfangsgerät verkaufen. Das wäre theoretisch ein Receiver oder CI+ Modul pro Zimmer. Wobei der Diebstahlschutz ein eigenes Thema für sich wäre. Das CI+ Modul müsste im Fernseher speziell fixiert werden, damit es auch für den nächsten Zimmergast garantiert noch vorhanden wäre.
Doch soweit brauchen Hotelbetreiber gar nicht denken. Denn selbst wenn sie bereit wären, pro Hotelzimmer 5,75 Euro im Monat als quasi zweite Rundfunkgebühr an die Privatsender abzuführen, sie dürfen die Signale nicht empfangen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Freenet.tv verbieten das eindeutig: Unter Paragraf 7 („Nutzungsrechte des Nutzers“), findet man: „Dem Nutzer steht ausdrücklich nicht das Recht der öffentlichen Wiedergabe i.S.d. §15 Abs.2 UrhG des entschlüsselten freenet TV Programmangebotes zu. Die Lizenz gilt vorbehaltlich der Einhaltung aller gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen ausschließlich für die private, nichtgewerbliche Nutzung.“
Problem für Gastronomie
Das trifft insbesondere auch die Gaststätten hart. Gerade weil inzwischen auch einige wichtige Fußball-Qualifizierungsspiele bei RTL in HD-Qualität laufen und auf großen Wiedergabeflächen einfach besser aussehen als das unscharfe SD-Signal. Laut AGB ist HD dort aber verboten. Ist vielleicht der HD-Empfang via Satellit eine Lösung für Hotels und Gaststätten? Auch hier Fehlanzeige! HD+ kommt gleich am Anfang seiner AGB zum Thema unter Paragraf 2: „Der HD+ Service steht natürlichen Personen im Alter von mindestens 18 Jahren zur Verfügung und ist ausschließlich für die private, nichtgewerbliche Nutzung bestimmt. Die Nutzung außerhalb des privaten Haushalts bzw. die Weitergabe an Dritte zur Nutzung ist nicht gestattet.“
Ist vielleicht das Kabelfernsehen hier die Lösung? Wir fragten stellvertretend für die großen Netzbetreiber Vodafone. Pressereferentin Heike Koring winkt jedoch gleich ab: Eine gewerbliche Nutzung des Kabel-TV-Anschlusses „kann grundsätzlich nicht innerhalb eines Privatkunden-Tarifes erfolgen. Hotels und Pensionen bietet Vodafone über das Produkt „Kabel Anschluss Haus“die Möglichkeit, Gäste mit TV- und Hörfunkprogrammen zu versorgen.“Doch dieses enthält nur unverschlüsselte Kabelsender. „Verschlüsselt gesendete Programme, wie zum Beispiel
RTL HD sind im Angebot nicht enthalten. Das gilt ebenfalls für TV-Pakete wie zum Beispiel Vodafone HD Premium, für deren Empfang eine Smartcard erforderlich ist. Einen Tarif für die gewerbliche Nutzung eines Kabelanschlusses in Gaststätten hat Vodafone aktuell nicht im Angebot“, so Koring. Dabei hängen viele Gaststätten an der Gemeinschaftsanlage des jeweiligen Mehrfamilienhauses und werden als eine Wohneinheit im Vertrag zwischen Kabelnetzbetreiber und Hausverwaltung gezählt.
Die Telekom hat bei T-Entertain auch kein Angebot für Hotels und Gaststätten. In den AGB „Zusätzliche Bedingungen und Preise TV-Programmpakete“heißt es: „Dem Kunden ist es nicht gestattet, die im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses zur Verfügung gestellten Inhalte … öffentlich wiederzugeben. … Bei einer öffentlichen Vorführung und/oder öffentlichen Zugänglich-machung und/ oder kommerziellen Verwertung der Angebote verstößt der Kunde nicht nur gegen vertragliche Pflichten gegenüber der Telekom, sondern verletzt gegebenenfalls auch die Rechte Dritter an den Inhalten und hat daher auch mit der Geltendmachung von Ansprüchen durch Dritte zu rechnen.“Und es kommt noch viel schlimmer: „Die Inhalte der Entertainment-Leistungen (insbesondere TV- und Videoinhalte) dürfen nicht für gewerbliche Zwecke verwendet oder öffentlich wiedergegeben werden (z. B. nicht in Gaststätten, Hotels oder Krankenhäusern).“Somit dürfen auch keine T-Entertain SD-Signale in Hotels und Gaststätten genutzt werden.
Statements der Sender
Wir fragten auch TV-Sender, weshalb auf den HD-Plattformen gewerbliche Nutzer ausgeschlossen sind. Besitzen die Privatsender eventuell gar nicht die Rechte für die Vermarktung an kommerzielle Nutzer? Es könnte ja gut sein, dass die Rechtein- haber wie die Hollywoodstudios den Privatsendern nur die Ausstrahlungsrechte an Privathaushalte verkaufen und gewerbliche Nutzer über andere Verwertungsketten bedienen. Die RTL-Pressestelle antwortete uns hierzu leider nur schmallippig: „Zu vertraglichen Vereinbarungen geben wir grundsätzlich keine Auskunft … daher muss ich Ihnen leider mitteilen, dass wir Ihre Anfrage dieses Mal nicht beantworten werden“.
Anders die ProSiebenSat.1 AG: „Von unserer Seite gibt es HD+ gegenüber keine Einschränkungen, auch Hotelbetrieben dieses Recht einzuräumen. Dazu müssen sich die Hotelbetriebe direkt an HD+ wenden“, so Susanne Lang aus der Konzern-Kommunikation. Nur schade, dass die Plattformen wie HD+ von dieser anscheinenden Freizügigkeit nichts wissen. Die HD-Pakete werden mit den „kleinsten gemeinsamen Nenner“vermarktet. Wenn beispielsweise die RTL-Programme die gewerbliche Nutzung verbieten und ProSiebenSat.1 es erlauben würde, müsste HD es trotzdem verbieten um ein einheitliches Produkt am Markt zu haben.
Alternative SD-Signal
Wenn gewerbliche Nutzer die deutschen Privatsender wiedergeben wollen, bleibt ihnen somit nur das qualitativ schlechtere SD-Signal übrig. Da dieses unverschlüsselt übertragen wird, können die Privatsender die Nutzung nur schlecht einschränken. Der terrestrische Empfangsweg scheidet damit hier komplett aus, da RTL & Co ausschließlich nur verschlüsselt übertragen werden. Doch was passiert nach der irgendwann einmal stattfindenden Abschaltung der unverschlüsselten SD-Signale? Kein RTL mehr in Gaststätten? Kein Sat.1 mehr in Hotels? Bis 2022 sind die Sender vom Kartellamt noch verpflichtet zur unverschlüsselten Ausstrahlung. Und auch danach werden sich die Privatsender es sich schlichtweg nicht leisten können auf die vielen Haushalte zu verzichten, die sich die HD-Gebühr nicht leisten können oder wollen. Und vielleicht bekommen es die TV-Sender und Plattformanbieter in den nächsten Jahren auch hin, dass Hotels und Gaststätten diese Pakete abonnieren dürfen. Dann muss sich auch kein Gast mehr über die fehlenden HD-Sender wundern.3