Radiotext Journaline: Das bringt der Dienst in der Praxis
Über DAB Plus werden neben Radioprogrammen auch eine Reihe von Zusatzdiensten übertragen. Slideshows reichern die Programme mit Standbildern an und werden von fast jedem deutschen Sender genutzt. Bei Digitalradios mit Farbdisplays sorgt das auch optisch f
Journaline ist weniger bekannt. Es ist ein Textservice, der sich am besten mit dem vom TV bekannten Videotext vergleichen lässt. In ihm steckt aber mehr, als man meint.
Journaline
Journaline wurde von Fraunhofer IIS entwickelt. So wie auch der Videotext, nutzt es nur einen geringen Anteil der Übertragungskapazität, um programmunabhängige Informationen in einem Rotationsverfahren zu übertragen. Damit dauert es zwar ein wenig, bis alle Daten zur Verfügung stehen. Der Vorteil liegt aber darin, dass sie so laufend aktualisiert werden können. Damit muss man nicht auf die Nachrichten zur vollen Stunde oder den im Radio nur etwa halbstündlich übertragenen Verkehrsmeldungen warten. Über Journaline lassen sich diese und weitere Informationen dann abrufen, wenn man sie braucht. Obwohl es Journaline schon seit geraumer Zeit gibt, haben die Hersteller bislang nur wenige Geräte mit diesem spannenden Feature ausgestattet. Deshalb ist seine Nutzung in den meisten Fällen auf den PC beschränkt.
Wie nutzen?
Je nach verwendetem USB-DAB-Plus-Stick stehen verschiedene Softwares zur Verfügung, mit denen sich dieser Zusatzdienst bequem und vollumfänglich nutzen lässt. Journaline ist hierarchisch aufgebaut. So finden wir etwa auf allen drei Programmen
des Deutschlandradios die Signalisierung zu dessen Textangebot. Nach Start von Journaline gelangt man zunächst zum Hauptmenü. In ihm sind die zu den drei Programmen passenden Inhalte unter deren Namen zusammengefasst. Klickt man auf „Deutschlandfunk“, werden hier in weiteren Untermenüs Nachrichtenthemen angeboten. Sie sind thematisch sortiert und enthalten unter anderem Presseschau, Politik, Wirtschaft, sowie Wissen und Sport. Unter „Deutschlandfunk Nova“findet man etwa Zugänge zu den Themen „Eine Stunde Film“, „Eine Stunde was mit Medien“oder „Eine Stunde Liebe“. Unter „Deutschlandfunk Kultur“sind kulturbezogene Themen, wie „Literatur“, „Musik“, aber auch „Politik und Zeitgeschehen“zusammengefasst. Nach dem auswählen eines dieser Themenbereiche gelangt man zur der ihm zugeordneten Meldungsübersicht. Aus ihr braucht nur noch angewählt zu werden, was interessiert.
Besonders Nachrichtenthemen können recht umfangreich sein und etwa den gesamten Text der im Radio verlesenen Meldungen haben. In anderen Bereichen werden Zusammenfassungen geboten. Andere Sender, wie etwa Antenne Bayern, nutzen Journaline, um darüber laufend aktualisierte Verkehrs- und Blitzermeldungen anzubieten. So werden Verkehrshinweise nach Autobahnen und Bundesstraßen sortiert in der Menüoberfläche gelistet. Weiter werden die Regionen und Fahrtrichtung kenntlich gemacht. Die einzelnen Meldungen informieren kurz und kompakt über die Art der Behinderung. Entsprechend informiert auch der Blitzerservice, wo sich die Polizei auf Lauer gelegt hat.
Kultradio informiert via Journaline über den Sender und die Programmfolge und stellt auch seine Moderatoren vor. ERF Plus bietet Gedankenanstöße und das Wort zum Tag an.
Hybride Anwendungen
Journaline-Inhalte werden auf den Displays geeigneter Digitalradios als mehrzeilige Texte angezeigt, die man nach unten scrollen kann. Am PC-Screen werden sie grafisch ansprechender präsentiert. Zudem liefert Deutschlandradio zu vielen seiner Inhalte auch gleich Bilder mit, die ebenfalls über DAB Plus mit ausgestrahlt
werden. Journaline bietet auch die Möglichkeit, über den Breitbandanschluss individuell auf vertiefende Informationen zum Thema zuzugreifen. Womit es Digitalradio auf diese Weise vortrefflich gelingt, eine Brücke zwischen dem linearen Rundfunk und personalisierten Inhalten zu schlagen. Da Journaline-Texte in der Regel nur Kurzfassungen zu Themen aller Art sind, bietet etwa der Deutschlandfunk zu fast allen seiner Texte die direkte Verlinkung zu den zugehörigen Internetseiten des Senders. Man braucht nur auf die unter dem Text angeordnete Schaltfläche „Mehr im Internet“zu klicken und kann sich sofort ausführlich mit dem Thema
über das Netz befassen. Da Journaline auf sendereigene Seiten verlinkt, bleibt auch der journalistische Qualitätsanspruch erhalten. Viele Journaline-Inhalte des Deutschlandfunks sind nicht nur als bebilderte Texte verfügbar, sondern auch als Audiofile, so wie es bereits über den Sender lief. Über die Schaltfläche „Direkter Link zur Audiodatei“lässt sie sich nicht nur sofort abspielen, sondern sogar am Rechner archivieren. Womit man, über Journaline aufmerksam gemachte Themen zu einem späteren Zeitpunkt auch als Podcast nutzen kann.
Mehr als nur Radio
Alleine diese Anwendungsmöglichkeiten zeigen, dass Radio längst nicht mehr nur mit Tönen zu tun hat, die uns über Funkwellen erreichen. Radio ist längst ein trimediales Medium geworden, das sich voll und ganz auf unsere Wünsche einstellt. Heute muss man auf bestimmte Sendungen nicht mehr warten. Heute kann man sich selbst aussuchen, was interessiert oder worauf man gerade Lust hat.
Das bayerische Kultradio stellt via Journaline nicht nur die Verknüpfung zu vertiefenden Inhalten dar, sondern erlaubt sogar, direkt mit dem Sender und seinen Moderatoren in Kontakt zu treten. Dazu sind in Journaline-Seiten die E-Mail-Adressen von Moderatoren angegeben. Sie braucht man nicht erst abzutippen. Mit einem Klick öffnet sich der E-Mail-Browser. Hier kann man dann sein Anliegen schreiben und an den gewüschten Moderator übermitteln. Das ist moderne Kommunikation.
Journaline attraktiv?
Journaline bietet den Sendern die Gelegenheit, ihren Zuhörern abseits vom linearen Programm ohnehin bereits vorhandene Inhalte über einen zusätzlichen Verbreitungsweg zugänglich zu machen. Womit sich der Aufwand zur Generierung von Inhalten für diesen Zusatzdienst in Grenzen hält. Wegen der begrenzten Länge der stündlichen Nachrichtensendungen finden in ihnen zum Beispiel nur die gerade aktuellsten Meldungen Platz. Jene, die etwa vor drei Stunden verlesen wurden, können aber immer noch relevant sein. Über Journaline bleiben sie, zumindest zum Nachlesen, weiter verfügbar. Da sich der Zusatzdienst auch für Inhalte anbietet, die im Radioprogramm selbst keinen Platz finden, ist der Mehrwert jedenfalls gegeben und erfreut jeden Radioliebhaber.
Zukunft von Journaline
Dieser, nennen wir ihn Radiotext, hätte großes Potential. Leider mangelt es nach wie vor an Empfangsgeräten, die ihn anzeigen können. Dies hat mehrere Ursachen. Einmal ist die Industrie bestrebt, möglichst preiswerte Geräte auf den Markt zu bringen. Das schließt auch mit ein, dass man den Radios bevorzugt einfache Displays spendiert, die nur bedingt zur Darstellung längerer Texte taugen.
Die letzten Jahre haben uns am Beispiel Slideshow, die Standbilder zum Programm auf das farbige Radiodisplay zaubert, gezeigt, dass es einfach etwas dauert, bis sich interessante Technologien etablieren. Bleibt zu hoffen, dass sich das auch mit Journaline wiederholt.
Wegen der geringen Verbreitung geeigneter Digitalradios haben einige Sender die Ausstrahlung ihrer Journaline-Dienste wieder eingestellt.