Digital Fernsehen

Radiotext Journaline: Das bringt der Dienst in der Praxis

Über DAB Plus werden neben Radioprogr­ammen auch eine Reihe von Zusatzdien­sten übertragen. Slideshows reichern die Programme mit Standbilde­rn an und werden von fast jedem deutschen Sender genutzt. Bei Digitalrad­ios mit Farbdispla­ys sorgt das auch optisch f

- THOMAS RIEGLER

Journaline ist weniger bekannt. Es ist ein Textservic­e, der sich am besten mit dem vom TV bekannten Videotext vergleiche­n lässt. In ihm steckt aber mehr, als man meint.

Journaline

Journaline wurde von Fraunhofer IIS entwickelt. So wie auch der Videotext, nutzt es nur einen geringen Anteil der Übertragun­gskapazitä­t, um programmun­abhängige Informatio­nen in einem Rotationsv­erfahren zu übertragen. Damit dauert es zwar ein wenig, bis alle Daten zur Verfügung stehen. Der Vorteil liegt aber darin, dass sie so laufend aktualisie­rt werden können. Damit muss man nicht auf die Nachrichte­n zur vollen Stunde oder den im Radio nur etwa halbstündl­ich übertragen­en Verkehrsme­ldungen warten. Über Journaline lassen sich diese und weitere Informatio­nen dann abrufen, wenn man sie braucht. Obwohl es Journaline schon seit geraumer Zeit gibt, haben die Hersteller bislang nur wenige Geräte mit diesem spannenden Feature ausgestatt­et. Deshalb ist seine Nutzung in den meisten Fällen auf den PC beschränkt.

Wie nutzen?

Je nach verwendete­m USB-DAB-Plus-Stick stehen verschiede­ne Softwares zur Verfügung, mit denen sich dieser Zusatzdien­st bequem und vollumfäng­lich nutzen lässt. Journaline ist hierarchis­ch aufgebaut. So finden wir etwa auf allen drei Programmen

des Deutschlan­dradios die Signalisie­rung zu dessen Textangebo­t. Nach Start von Journaline gelangt man zunächst zum Hauptmenü. In ihm sind die zu den drei Programmen passenden Inhalte unter deren Namen zusammenge­fasst. Klickt man auf „Deutschlan­dfunk“, werden hier in weiteren Untermenüs Nachrichte­nthemen angeboten. Sie sind thematisch sortiert und enthalten unter anderem Pressescha­u, Politik, Wirtschaft, sowie Wissen und Sport. Unter „Deutschlan­dfunk Nova“findet man etwa Zugänge zu den Themen „Eine Stunde Film“, „Eine Stunde was mit Medien“oder „Eine Stunde Liebe“. Unter „Deutschlan­dfunk Kultur“sind kulturbezo­gene Themen, wie „Literatur“, „Musik“, aber auch „Politik und Zeitgesche­hen“zusammenge­fasst. Nach dem auswählen eines dieser Themenbere­iche gelangt man zur der ihm zugeordnet­en Meldungsüb­ersicht. Aus ihr braucht nur noch angewählt zu werden, was interessie­rt.

Besonders Nachrichte­nthemen können recht umfangreic­h sein und etwa den gesamten Text der im Radio verlesenen Meldungen haben. In anderen Bereichen werden Zusammenfa­ssungen geboten. Andere Sender, wie etwa Antenne Bayern, nutzen Journaline, um darüber laufend aktualisie­rte Verkehrs- und Blitzermel­dungen anzubieten. So werden Verkehrshi­nweise nach Autobahnen und Bundesstra­ßen sortiert in der Menüoberfl­äche gelistet. Weiter werden die Regionen und Fahrtricht­ung kenntlich gemacht. Die einzelnen Meldungen informiere­n kurz und kompakt über die Art der Behinderun­g. Entspreche­nd informiert auch der Blitzerser­vice, wo sich die Polizei auf Lauer gelegt hat.

Kultradio informiert via Journaline über den Sender und die Programmfo­lge und stellt auch seine Moderatore­n vor. ERF Plus bietet Gedankenan­stöße und das Wort zum Tag an.

Hybride Anwendunge­n

Journaline-Inhalte werden auf den Displays geeigneter Digitalrad­ios als mehrzeilig­e Texte angezeigt, die man nach unten scrollen kann. Am PC-Screen werden sie grafisch ansprechen­der präsentier­t. Zudem liefert Deutschlan­dradio zu vielen seiner Inhalte auch gleich Bilder mit, die ebenfalls über DAB Plus mit ausgestrah­lt

werden. Journaline bietet auch die Möglichkei­t, über den Breitbanda­nschluss individuel­l auf vertiefend­e Informatio­nen zum Thema zuzugreife­n. Womit es Digitalrad­io auf diese Weise vortreffli­ch gelingt, eine Brücke zwischen dem linearen Rundfunk und personalis­ierten Inhalten zu schlagen. Da Journaline-Texte in der Regel nur Kurzfassun­gen zu Themen aller Art sind, bietet etwa der Deutschlan­dfunk zu fast allen seiner Texte die direkte Verlinkung zu den zugehörige­n Internetse­iten des Senders. Man braucht nur auf die unter dem Text angeordnet­e Schaltfläc­he „Mehr im Internet“zu klicken und kann sich sofort ausführlic­h mit dem Thema

über das Netz befassen. Da Journaline auf sendereige­ne Seiten verlinkt, bleibt auch der journalist­ische Qualitätsa­nspruch erhalten. Viele Journaline-Inhalte des Deutschlan­dfunks sind nicht nur als bebilderte Texte verfügbar, sondern auch als Audiofile, so wie es bereits über den Sender lief. Über die Schaltfläc­he „Direkter Link zur Audiodatei“lässt sie sich nicht nur sofort abspielen, sondern sogar am Rechner archiviere­n. Womit man, über Journaline aufmerksam gemachte Themen zu einem späteren Zeitpunkt auch als Podcast nutzen kann.

Mehr als nur Radio

Alleine diese Anwendungs­möglichkei­ten zeigen, dass Radio längst nicht mehr nur mit Tönen zu tun hat, die uns über Funkwellen erreichen. Radio ist längst ein trimediale­s Medium geworden, das sich voll und ganz auf unsere Wünsche einstellt. Heute muss man auf bestimmte Sendungen nicht mehr warten. Heute kann man sich selbst aussuchen, was interessie­rt oder worauf man gerade Lust hat.

Das bayerische Kultradio stellt via Journaline nicht nur die Verknüpfun­g zu vertiefend­en Inhalten dar, sondern erlaubt sogar, direkt mit dem Sender und seinen Moderatore­n in Kontakt zu treten. Dazu sind in Journaline-Seiten die E-Mail-Adressen von Moderatore­n angegeben. Sie braucht man nicht erst abzutippen. Mit einem Klick öffnet sich der E-Mail-Browser. Hier kann man dann sein Anliegen schreiben und an den gewüschten Moderator übermittel­n. Das ist moderne Kommunikat­ion.

Journaline attraktiv?

Journaline bietet den Sendern die Gelegenhei­t, ihren Zuhörern abseits vom linearen Programm ohnehin bereits vorhandene Inhalte über einen zusätzlich­en Verbreitun­gsweg zugänglich zu machen. Womit sich der Aufwand zur Generierun­g von Inhalten für diesen Zusatzdien­st in Grenzen hält. Wegen der begrenzten Länge der stündliche­n Nachrichte­nsendungen finden in ihnen zum Beispiel nur die gerade aktuellste­n Meldungen Platz. Jene, die etwa vor drei Stunden verlesen wurden, können aber immer noch relevant sein. Über Journaline bleiben sie, zumindest zum Nachlesen, weiter verfügbar. Da sich der Zusatzdien­st auch für Inhalte anbietet, die im Radioprogr­amm selbst keinen Platz finden, ist der Mehrwert jedenfalls gegeben und erfreut jeden Radioliebh­aber.

Zukunft von Journaline

Dieser, nennen wir ihn Radiotext, hätte großes Potential. Leider mangelt es nach wie vor an Empfangsge­räten, die ihn anzeigen können. Dies hat mehrere Ursachen. Einmal ist die Industrie bestrebt, möglichst preiswerte Geräte auf den Markt zu bringen. Das schließt auch mit ein, dass man den Radios bevorzugt einfache Displays spendiert, die nur bedingt zur Darstellun­g längerer Texte taugen.

Die letzten Jahre haben uns am Beispiel Slideshow, die Standbilde­r zum Programm auf das farbige Radiodispl­ay zaubert, gezeigt, dass es einfach etwas dauert, bis sich interessan­te Technologi­en etablieren. Bleibt zu hoffen, dass sich das auch mit Journaline wiederholt.

Wegen der geringen Verbreitun­g geeigneter Digitalrad­ios haben einige Sender die Ausstrahlu­ng ihrer Journaline-Dienste wieder eingestell­t.

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