Digitalradio übers Kabel: Cleverer Anbieter bringt DAB in die Kabelhaushalte
Mit der Analogabschaltung im TV-Bereich ist vielerorts auch eine Abschaltung analoger Radiosignale in den Kabelnetzen im Gespräch. UKW könnte somit schon bald vielerorts nur noch über die Luft empfangbar sein. Als Alternative für die Kabelverbreitung ist DAB Plus im Gespräch, die Kabelanlage im sächsischen Meinersdorf ist hier Vorreiter.
Viele Kabelnetzprovider rätseln noch immer wie sie künftig Radioprogramme in ihren Netzen verbreiten sollen. Neben Internetradio und DVB-C-Radioübertragungen gilt auch DAB Plus als eine wichtige Alternative zum bisherigen UKW-Empfang. Bedenkt man, dass für DAB Plus hunderte Empfangsgeräte zur Verfügung stehen, während DVB-C-Radios noch nicht auf dem Markt zu finden sind, sollte die Entscheidung schon heute feststehen. DAB Plus muss ins Kabelnetz. Dies dachte sich auch der Meinersdorfer Rundfunk- und Fernsehclub e.V., die eine eigene Kabelanlage in der erzgebirgischen Gemeinde betreiben. Schon heute können hier über den Digitalradiostandard zwölf Multiplexe aus Bayern, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt aber auch Berlin-Brandenburg mit weit über 100 Sendern empfangen werden. Die eingesetzte Technik ist dabei überschaubar wie der Vorstandsvorsitzende des Vereins Herr Peter Schulze DIGITAL FERNSEHEN gegenüber bestätigte.
Das Netz
Das von dem Verein Meinersdorfer Rundfunkund Fernsehclub e. V. betriebene Kabelnetz versorgt aktuell rund 700 Anschlüsse in dem erzgebirgischen Örtchen und wird auf Vereinsbasis organisiert und betrieben. DAB Plus wird dabei bereits seit Oktober 2017 eingespeist und kommt bei den Nutzern gut an, schließlich können sie somit deutlich mehr Radiosender empfangen als es mit Hilfe der Stabantennen an den Empfangsgeräten allein möglich ist. Zudem wird dank gut eingemessener Multiplexe ein stabiler Empfang der meisten Sender gewährleistet. Der Empfang der Berlin/Brandenburger Sender unterliegt natürlich den physikalisch bedingten, atmosphärischen Schwankungen, so dass es dort schon mal zu Schlechtwetter-Aussetzern kommen kann.
Information der Zuschauer
Die Zuschauer werden über den örtlichen Regionalsender Kabeljournal Grünhain-Beierfeld über DAB-Plus informiert und bekommen im Bildschirmtext des TV-Angebotes auch die entsprechenden ausgestrahlten Kanäle/Multiplexe genannt. Somit wird auch Werbung für den neuen Radiostandard in dem Kabelnetz sehr großgeschrieben. Wichtig ist es neben dem Empfang der Pakete auch die Bandaufteilung möglichst effektiv genutzt wird. Schließlich soll ja nicht das komplette Empfangsband III nur für die DAB-Verbreitung vergeudet werden. So ist im Kabelnetz der Gemeinde nicht jeder Multiplex auch auf dem Kanalplatz zu empfangen auf dem er vom Anbieter ausgestrahlt wird. Anhand der Abbildung 1 erkennen Sie wie umfangreich der Meinersdorfer Rundfunkund Fernsehclub e.V. seine Multiplexe verteilt. Das Ergebnis ist sehr anschaulich, denn am DAB Plus Empfänger sind aktuell knapp 150 verschiedene Sender empfangbar und das ohne das es gegenseitige Beeinflussungen bei den Multiplexen gibt. Generelle Empfangsvoraussetzung der entfernten Muxe ist die Unterdrückung der ca. 100dBμV starken Ortsmuxe (5C und 9A) des 13km entfernten Großsenders Geyer. Dies erfolgt mit speziellen 6-Kreis-NotchFiltern für DAB+ mit 40dB Sperrtiefe. Bevor die Signale in den Umsetzern optimal auf das Band III aufgeteilt werden können, steht natürlich der Empfang selbiger an erster Stelle. Dies ist bei den in der Region örtlichen Multiplexen aus Chemnitz, Freiberg aber auch dem Bundesmultiplex noch
recht einfach möglich, bedenkt man aber, dass auch Multiplexe vom Standort Berlin Alexanderplatz empfangen werden, ist dies schon eine Herausforderung, die nur durch eine gute Antennenanlage realisierbar ist. Der Vorteil der Antennengemeinschaft ist dabei zweifellos der Standort der Anlage. Diese ist auf einem Berg mit freier Sicht nach Norden und auch Südwesten stationiert und erlaubt somit in entsprechender Masthöhe auch den Extremempfang der Berliner Multiplexe. Zum Einsatz kommen dabei DAB-Außenantennen mit 14 Elementen höchster Güte inclusive speziellen DAB-Vorverstärker (Rauschmaß 0,3 dB), die mit entsprechenden Messequipment optimal ausgerichtet wurden. Allerdings ist die vorgenannte Technik trotz allem eine „erweiterte Bastellösung“, weil es keine Kopfstellenkomponenten für DAB-Aufbereitung, geschweige denn geeignete Transmodulatoren mit Demux- und Remux-Fähigkeit für Kabelnetze am Markt gibt. Hier sind die einschlägigen Hersteller gefordert.
Empfang beim Nutzer
Die DAB-Plus Kanäle können wie auch UKW-Sender direkt an der Antennendose beim Nutzer abgegriffen werden. Einziger Unterschied hierbei: Da DAB auf das Übertragungsband III setzt, sind die digitalen Radiosignale bei Antennendosen mit am TV-Ausgang verfügbar, ein kleiner Zweitgeräte-Verteiler an diesem Antennendosenausgang ermöglicht den parallelen Anschluss des DAB-Empfangsgerätes und des TV-Empfängers. Eine Besonderheit gibt es zudem beim DAB-Radio zu beachten, denn hier sollte ausschließlich auf Empfänger mit externen Antenneneingang gesetzt werden. Geräte, die nur eine Stabantenne besitzen sind ungeeignet um DAB-Signale aus dem Kabelnetz zu empfangen.
Geräte mit Antenneingang nötig
Die Hersteller sind somit umso mehr aufgefordert ihren Radios Antenneneingänge zu spendieren, um zukünftig die Geräte auch in den Kabelnetzen einsetzbar zu machen. Aufgrund der Tatsache, dass der Anbieter die Pakete unbearbeitet, also ohne Demultiplexing, einspeist, sind auch alle Datendienste und Zusatzinfos im Kabelnetz mit verfügbar. Dies trifft sowohl auf die bei DAB-Plus beliebten Coverbilder und Wettergrafiken als auch auf Titelanzeige, Interpreteninformation und viele weitere Zusatzdienste zu. Die Kanalvielfalt im Meinersdorfer Netz begeistert natürlich, speziell die doch schon schwierig in der Region empfangbaren Multiplexe aus Bayern, Sachsen-Anhalt und Berlin bringen einen sehr großen Mehrwert ins Kabelnetz und praktisch deckt es somit die komplette Genre-Palette von Klassik über Schlager bis hin zu Pop und Informationskanälen perfekt ab.
Verein gilt als Vorreiter
Wieder einmal beweist ein privater Anbieter wie mit neuen Technologien umgegangen werden muss und holt das Optimum aus seinem Kabelnetz heraus. Der Meinersdorfer Rundfunk- und Fernsehclub e. V. zeigt, dass Digitalradio im eigenen Netz kein Hexenwerk ist und von jedem Betreiber perfekt gemeistert werden kann. Wichtig ist, dass die entsprechenden Frequenzen frei von TV-Programmen gehalten werden und ggf. Umsetzer zum Einsatz kommen, um die Signale im Kabelnetz optimal zu platzieren. Bleibt zu hoffen, dass sich viele Anbieter, vielleicht auch der eine oder andere große Provider, an diesem Pionierprojekt ein Beispiel nehmen und nicht versuchen mit DVB-C-Radio eine weitere Technologie zu favorisieren, welche nahezu ohne geeignete Empfangsgeräte auskommen muss. Wer will denn schon immer den Fernseher oder TV-Receiver erst einschalten beim morgendlichen Radiogenuss?