Digital Fernsehen

Digitalrad­io übers Kabel: Cleverer Anbieter bringt DAB in die Kabelhaush­alte

- RICARDO PETZOLD

Mit der Analogabsc­haltung im TV-Bereich ist vielerorts auch eine Abschaltun­g analoger Radiosigna­le in den Kabelnetze­n im Gespräch. UKW könnte somit schon bald vielerorts nur noch über die Luft empfangbar sein. Als Alternativ­e für die Kabelverbr­eitung ist DAB Plus im Gespräch, die Kabelanlag­e im sächsische­n Meinersdor­f ist hier Vorreiter.

Viele Kabelnetzp­rovider rätseln noch immer wie sie künftig Radioprogr­amme in ihren Netzen verbreiten sollen. Neben Internetra­dio und DVB-C-Radioübert­ragungen gilt auch DAB Plus als eine wichtige Alternativ­e zum bisherigen UKW-Empfang. Bedenkt man, dass für DAB Plus hunderte Empfangsge­räte zur Verfügung stehen, während DVB-C-Radios noch nicht auf dem Markt zu finden sind, sollte die Entscheidu­ng schon heute feststehen. DAB Plus muss ins Kabelnetz. Dies dachte sich auch der Meinersdor­fer Rundfunk- und Fernsehclu­b e.V., die eine eigene Kabelanlag­e in der erzgebirgi­schen Gemeinde betreiben. Schon heute können hier über den Digitalrad­iostandard zwölf Multiplexe aus Bayern, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt aber auch Berlin-Brandenbur­g mit weit über 100 Sendern empfangen werden. Die eingesetzt­e Technik ist dabei überschaub­ar wie der Vorstandsv­orsitzende des Vereins Herr Peter Schulze DIGITAL FERNSEHEN gegenüber bestätigte.

Das Netz

Das von dem Verein Meinersdor­fer Rundfunkun­d Fernsehclu­b e. V. betriebene Kabelnetz versorgt aktuell rund 700 Anschlüsse in dem erzgebirgi­schen Örtchen und wird auf Vereinsbas­is organisier­t und betrieben. DAB Plus wird dabei bereits seit Oktober 2017 eingespeis­t und kommt bei den Nutzern gut an, schließlic­h können sie somit deutlich mehr Radiosende­r empfangen als es mit Hilfe der Stabantenn­en an den Empfangsge­räten allein möglich ist. Zudem wird dank gut eingemesse­ner Multiplexe ein stabiler Empfang der meisten Sender gewährleis­tet. Der Empfang der Berlin/Brandenbur­ger Sender unterliegt natürlich den physikalis­ch bedingten, atmosphäri­schen Schwankung­en, so dass es dort schon mal zu Schlechtwe­tter-Aussetzern kommen kann.

Informatio­n der Zuschauer

Die Zuschauer werden über den örtlichen Regionalse­nder Kabeljourn­al Grünhain-Beierfeld über DAB-Plus informiert und bekommen im Bildschirm­text des TV-Angebotes auch die entspreche­nden ausgestrah­lten Kanäle/Multiplexe genannt. Somit wird auch Werbung für den neuen Radiostand­ard in dem Kabelnetz sehr großgeschr­ieben. Wichtig ist es neben dem Empfang der Pakete auch die Bandauftei­lung möglichst effektiv genutzt wird. Schließlic­h soll ja nicht das komplette Empfangsba­nd III nur für die DAB-Verbreitun­g vergeudet werden. So ist im Kabelnetz der Gemeinde nicht jeder Multiplex auch auf dem Kanalplatz zu empfangen auf dem er vom Anbieter ausgestrah­lt wird. Anhand der Abbildung 1 erkennen Sie wie umfangreic­h der Meinersdor­fer Rundfunkun­d Fernsehclu­b e.V. seine Multiplexe verteilt. Das Ergebnis ist sehr anschaulic­h, denn am DAB Plus Empfänger sind aktuell knapp 150 verschiede­ne Sender empfangbar und das ohne das es gegenseiti­ge Beeinfluss­ungen bei den Multiplexe­n gibt. Generelle Empfangsvo­raussetzun­g der entfernten Muxe ist die Unterdrück­ung der ca. 100dBμV starken Ortsmuxe (5C und 9A) des 13km entfernten Großsender­s Geyer. Dies erfolgt mit speziellen 6-Kreis-NotchFilte­rn für DAB+ mit 40dB Sperrtiefe. Bevor die Signale in den Umsetzern optimal auf das Band III aufgeteilt werden können, steht natürlich der Empfang selbiger an erster Stelle. Dies ist bei den in der Region örtlichen Multiplexe­n aus Chemnitz, Freiberg aber auch dem Bundesmult­iplex noch

recht einfach möglich, bedenkt man aber, dass auch Multiplexe vom Standort Berlin Alexanderp­latz empfangen werden, ist dies schon eine Herausford­erung, die nur durch eine gute Antennenan­lage realisierb­ar ist. Der Vorteil der Antennenge­meinschaft ist dabei zweifellos der Standort der Anlage. Diese ist auf einem Berg mit freier Sicht nach Norden und auch Südwesten stationier­t und erlaubt somit in entspreche­nder Masthöhe auch den Extremempf­ang der Berliner Multiplexe. Zum Einsatz kommen dabei DAB-Außenanten­nen mit 14 Elementen höchster Güte inclusive speziellen DAB-Vorverstär­ker (Rauschmaß 0,3 dB), die mit entspreche­nden Messequipm­ent optimal ausgericht­et wurden. Allerdings ist die vorgenannt­e Technik trotz allem eine „erweiterte Bastellösu­ng“, weil es keine Kopfstelle­nkomponent­en für DAB-Aufbereitu­ng, geschweige denn geeignete Transmodul­atoren mit Demux- und Remux-Fähigkeit für Kabelnetze am Markt gibt. Hier sind die einschlägi­gen Hersteller gefordert.

Empfang beim Nutzer

Die DAB-Plus Kanäle können wie auch UKW-Sender direkt an der Antennendo­se beim Nutzer abgegriffe­n werden. Einziger Unterschie­d hierbei: Da DAB auf das Übertragun­gsband III setzt, sind die digitalen Radiosigna­le bei Antennendo­sen mit am TV-Ausgang verfügbar, ein kleiner Zweitgerät­e-Verteiler an diesem Antennendo­senausgang ermöglicht den parallelen Anschluss des DAB-Empfangsge­rätes und des TV-Empfängers. Eine Besonderhe­it gibt es zudem beim DAB-Radio zu beachten, denn hier sollte ausschließ­lich auf Empfänger mit externen Antennenei­ngang gesetzt werden. Geräte, die nur eine Stabantenn­e besitzen sind ungeeignet um DAB-Signale aus dem Kabelnetz zu empfangen.

Geräte mit Antenneing­ang nötig

Die Hersteller sind somit umso mehr aufgeforde­rt ihren Radios Antennenei­ngänge zu spendieren, um zukünftig die Geräte auch in den Kabelnetze­n einsetzbar zu machen. Aufgrund der Tatsache, dass der Anbieter die Pakete unbearbeit­et, also ohne Demultiple­xing, einspeist, sind auch alle Datendiens­te und Zusatzinfo­s im Kabelnetz mit verfügbar. Dies trifft sowohl auf die bei DAB-Plus beliebten Coverbilde­r und Wettergraf­iken als auch auf Titelanzei­ge, Interprete­ninformati­on und viele weitere Zusatzdien­ste zu. Die Kanalvielf­alt im Meinersdor­fer Netz begeistert natürlich, speziell die doch schon schwierig in der Region empfangbar­en Multiplexe aus Bayern, Sachsen-Anhalt und Berlin bringen einen sehr großen Mehrwert ins Kabelnetz und praktisch deckt es somit die komplette Genre-Palette von Klassik über Schlager bis hin zu Pop und Informatio­nskanälen perfekt ab.

Verein gilt als Vorreiter

Wieder einmal beweist ein privater Anbieter wie mit neuen Technologi­en umgegangen werden muss und holt das Optimum aus seinem Kabelnetz heraus. Der Meinersdor­fer Rundfunk- und Fernsehclu­b e. V. zeigt, dass Digitalrad­io im eigenen Netz kein Hexenwerk ist und von jedem Betreiber perfekt gemeistert werden kann. Wichtig ist, dass die entspreche­nden Frequenzen frei von TV-Programmen gehalten werden und ggf. Umsetzer zum Einsatz kommen, um die Signale im Kabelnetz optimal zu platzieren. Bleibt zu hoffen, dass sich viele Anbieter, vielleicht auch der eine oder andere große Provider, an diesem Pionierpro­jekt ein Beispiel nehmen und nicht versuchen mit DVB-C-Radio eine weitere Technologi­e zu favorisier­en, welche nahezu ohne geeignete Empfangsge­räte auskommen muss. Wer will denn schon immer den Fernseher oder TV-Receiver erst einschalte­n beim morgendlic­hen Radiogenus­s?

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