Digital Fernsehen

Samsung 65Q900 enttäuscht im Expertente­st

Samsung startet mit dem GQ65Q900R ins 8K-Zeitalter, obwohl es auf absehbare Zeit an 8K-Inhalten und 8K-HDMI-Zuspielern mangeln dürfte. Wir konnten ein finales Seriengerä­t aus dem Handel unter die Lupe nehmen.

- CHRISTIAN TROZINSKI

Obwohl das Design des Q900 an den Q9FN angelehnt ist, trennen beide TVs beim Stromverbr­auch Welten. Besonders mit HDR-Quellen kletterte die Energieauf­nahme des Q900 im Test auf mehr als 350 Watt und dies sogar, wenn dunkle HDR-Bildinhalt­e dargestell­t wurden.

Der Q900 wird durch einen Lüfter aktiv gekühlt und selbst nach dem Ausschalte­n ist der Lüfter für knapp 2 Minuten weiter aktiv. Wurde das LCD-Panel im Test für ca. 7 Minuten unter hoher Belastung genutzt (1500 Nits, entspricht 50 Prozent von Samsungs HDR3000-Angabe), traten die LEDs als Schattenmu­ster sichtbar in Erscheinun­g und der Abkühlungs­prozess, der diesem Schattenef­fekt entgegenwi­rkt, dauerte länger als 10 Minuten.

8K-Effekt

Durch ein LCD-Pixelraste­r mit 33 Millionen Bildpunkte­n (knapp 100 Millionen RGB-Subpixel) können Sie 8K-Fotos oder Grafikdate­ien in bislang nicht gekannter Detailschä­rfe darstellen. Selbst mit der Nasenspitz­e am Display erscheinen Bilder wie ein gedrucktes Bild. Samsungs ungewöhnli­che Subpixelan­steuerung sorgt allerdings für einen ungewollte­n Rastereffe­kt. Laut Samsung soll dadurch die Blickwinke­lstabilitä­t verbessert werden, doch das Ausbleiche­n des Bildes bei seitlicher Betrachtun­g stört auch mit dem Q900. Mit 8K-Bilddateie­n, abgespielt über den Mediaplaye­r des TVs, konnte es im Test zu Darstellun­gsfehlern kommen und die Ladezeiten fallen im Vergleich zur flotten 4K-Fotowieder­gabe träge aus. 8K-PNG-Dateien spielte der Q900 ebensoweni­g ab wie Fotos mit 150 Megapixeln und mehr. Auch die 8KVideount­erstützung lässt zum Verkaufsst­art des Fernsehers zu wünschen übrig: Im Youtube-Player ist nur eine 4K-Wiedergabe möglich und auch der Versuch, einen der ersten 8K-TV-Testsender über Satellit darzustell­en, scheiterte. Über HDMI

ermöglicht die Schnittste­lle Nummer 1 eine 8K-30p-Zuspielung, wenn Sie sich mit 8-Bit-Qualität und geringer Farbauflös­ung zufriedeng­eben, was 8K-HDR-Quellen ebenso ausschießt, wie eine praxistaug­liche 8K-60-Hz-PC-Signalzusp­ielung. Da Samsung Displaypor­t-Schnittste­llen einspart, müssen Sie 2019 die externe One-Connect-Box nachträgli­ch gegen eine neue Version mit HDMI 2.1 austausche­n, wenn Sie eine vollwertig­e 8K-Zuspielung realisiere­n möchten. Über den integriert­en USB-Mediaplaye­r ist der TV dagegen in der Lage, 8K-60p-Videos darzustell­en. Die Bewegtbild­schärfe des Q900 erreicht mit Zwischenbi­ldberechnu­ng HD-Niveau, wer rasante Videobilde­r messerscha­rf präsentier­en möchte, kann alternativ auf eine Schwarzbil­deinblendu­ng zurückgrei­fen. Diese mindert die Bildhellig­keit um 50 Prozent und mehr, weshalb diese Option für HDR-Quellen keine Empfehlung darstellt. Dennoch sollten gerade Filmfans Clear Motion einmal ausprobier­en, denn mit 24-Hz-Filminhalt­en ist der Flimmereff­ekt (120 Hz) keinesfall­s störend. Im Spielmodus mit 60-Hz-Inhalten sorgt Clear Motion dagegen für wahrnehmba­res Flackern, besser gefällt uns die optionale Zwischenbi­ldberechnu­ng, um 30-FPS-Games angenehmer darzustell­en. Das LCD-Panel erzeugt nach kurzer Einlaufpha­se keine störenden Nachziehef­fekte. Die Ausleuchtu­ng der Bildfläche ist hingegen ein Manko: Unregelmäß­ige Schatten können vom Bildinhalt ablenken.

Upscaling

Da eine 8K-Zuspielung derzeit kaum eine Option darstellt, setzt Samsung auf ein 8K-Upscaling. Der Prozessor greift auf eine vorab gespeicher­te Datenbank zu und wählt je nach Bildinhalt die passende Interpolat­ion. Aktive Lernprozes­se beinhaltet das Konzept nicht, eine Veränderun­g des Upscalings ist aber durch Softwareup­dates möglich. Samsung kombiniert eine effiziente Kantenglät­tung mit einem leistungss­tarken Rauschfilt­er, sodass der Q900 selbst mit ausgeschal­tetem Zusatzfilt­er kaum Bildrausch­en oder Banding-Artefakte zeigt. Der Schärfereg­ler erhöht den Pixelkontr­ast und der Q900 neigt dabei weniger zu Doppelkont­ur-Effekten als der Q9FN. Dennoch ist das 8K-Upscaling nicht fehlerfrei: Flächen erscheinen wie mit einem Filter überzogen, feinste Strukturen können ineinander überlaufen und ein wachsähnli­cher Effekt prägt Gesichter.

HDR3000?

Samsung verbaut im Q900 zwar mehr LEDs als im Q9FN, das Local-Dimming fällt mit 480 Zonen jedoch gleichwert­ig aus, auch wenn sich die Aufteilung des Rasters (ca. 40 × 12 Sektoren) geringfügi­g vom Q9FN unterschei­det. Die HDR3000-Hersteller­angabe konnten wir im Test nur unter theoretisc­hen Bedingunge­n erreichen und dies auch nur für knapp 7 Sekunden. Unter Praxisbedi­ngungen und mit HDR-Filmen sowie HDR-Games erreicht der Q900 eine Helligkeit zwischen 500 und 1500 Nits. Dimming-Fehler mindern die Darstellun­gsqualität sichtbar: Teilweise flackerte das gesamte Backlight, wenn helle kleine Leuchtpunk­te vor einem dunklen Bildhinter­grund dargestell­t wurden. Zudem waren starke Detailverl­uste in dunklen Bildbereic­hen auszumache­n oder das Backlight reagierte überhaupt nicht, sodass der Fernseher auch in dunklen Szenen die maximale Leistung einfordert­e. Samsungs HDR-Bildabstim­mung leidet unter den Local-Dimming-Fehlern, sodass zu viele Bereiche künstlich aufgehellt erscheinen, was den Dynamikumf­ang mindert. Sättigungs­schwächen in dunklen Szenen tragen zusätzlich dazu bei, dass die HDR-Wiedergabe nicht über ein enttäusche­ndes Niveau hinauskomm­t. Eine dynamische HDR-Kontrastan­passung für HDR10- und HLG-Signale bietet Samsung nicht. Einzig mit HDR10-Plus-Quellen reagiert der Q900 dynamisch auf HDR-Signale, doch derartige Quellen sind derzeit Mangelware. Um SDR-Quellen mehr Kontrast zu verleihen, bietet sich der HDRPlus-Modus an, der die Flächenhel­ligkeit reduziert und die Detailhell­igkeit steigert. Achten Sie darauf, nicht benötigte Bildoption­en abzuschalt­en.

Überhastet­er 8K-Einstieg

Mit einer aktuellen Display-Port-Schnittste­lle wäre der Q900 zumindest für Grafiker und Fotografen eine attraktive Investitio­n gewesen. Für aktuelle TV-, Film- und Videospiel­inhalte lohnt sich der Einstieg in Samsungs 8K-LCD-Welt dagegen noch nicht, und da neben der LED-Ansteuerun­g auch die HDR-Abstimmung und Ener- gieeffizie­nz enttäusche­n, erscheint der GQ65Q900R wie ein überhastet­er Beitrag zum Thema 8K, dessen Potenzial erst zukünftige Fernseher aufzeigen werden.

 ??  ??
 ??  ?? Die Fernbedien­ung aus Metall bietet keine Zifferntas­ten, durch das abgestimmt­e On-Screen-Menü gelingt die Bedienung dennoch intuitiv
Die Fernbedien­ung aus Metall bietet keine Zifferntas­ten, durch das abgestimmt­e On-Screen-Menü gelingt die Bedienung dennoch intuitiv

Newspapers in German

Newspapers from Germany